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Goldgrube

Goldgrube

Titel: Goldgrube Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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mit ihnen mein Verhältnis zu meiner persönlichen Sicherheit. Wenn Guy ermordet werden konnte, warum dann nicht auch Henry oder ich? Ich fuhr wie mit Autopilot, während die Straßenszenerie an mir vorbeiglitt. Vertraute Viertel kamen mir fremd vor, und es gab einen Moment, in dem ich mich nicht mit Bestimmtheit daran erinnern konnte, in welchem Ort ich mich befand.
    Als ich mich dem Malekschen Anwesen näherte, stellte ich fest, daß der Verkehr zugenommen hatte. Autos voller Neugieriger umkreisten das Grundstück. Sämtliche Köpfe waren schon fast grotesk in dieselbe Richtung gewandt. Auf beiden Seiten der Straße vor dem Tor parkten Autos. Reifen hatten sich ins Gras gegraben und dabei Büsche umgemäht und einzelne Schößlinge zerquetscht. Bei jedem neuen Auto, das sich näherte, drehte sich die versammelte Menge um, reckte die Hälse und spähte danach, ob es jemand Bemerkenswertes war.
    Mein Wagen schien zunächst nicht viel Interesse zu wecken. Vermutlich konnte niemand glauben, daß die Maleks einen VW-Käfer fahren würden, und erst recht keinen solchen wie meinen mit seiner Staubschicht und den zahlreichen Beulen. Erst als ich an das Tor heranfuhr und dem Wachposten meinen Namen nannte, drängten die Reporter vorwärts und versuchten, einen Blick auf mich zu erhaschen. Es schien eine neue Gruppe zu sein. Ich erkannte keinen von meinem früheren Besuch hier wieder.
    Irgendwie hatten es die landesweiten Medien inzwischen geschafft, Kamerateams zusammenzustellen, und ich wußte, daß am nächsten Morgen um sieben jemand, der in enger Verbindung zu den Maleks stand, in einem dreiminütigen Interview zu sehen sein würde. Ich weiß nicht, wie es die überregionalen Sender schaffen, alles so schnell zu organisieren. Es war eines der Wunder der Technik, daß nicht einmal vierundzwanzig Stunden nach Guy Maleks Tod jemand eine Nahaufnahme eines tränenüberströmten Gesichts machen würde, vielleicht das Christies oder Myrnas oder auch Enids, der Köchin, die ich erst noch kennenlernen mußte.
    Auf der einen Seite standen ein schwarzweißer Streifenwagen und ein Fahrzeug einer Privatfirma. Ich machte den Wachmann aus, wie er die Straße entlangschritt und versuchte, die Menge davon abzuhalten, zu nah heranzukommen. Ein uniformierter Polizist suchte meinen Namen auf seinem Klemmbrett und winkte mich hinein. Das Tor schwang nach und nach auf, und ich drosselte meinen Motor, bis die Lücke breit genug war, um hindurchzufahren. In diesem kurzen Zeitraum klopften Fremde an mein Seitenfenster und brüllten mir Fragen entgegen. Mit ihren Mikrophonen in den ausgestreckten Händen hätten sie ebensogut irgendwelchen Plunder feilbieten können. Ich hielt den Blick stur geradeaus gerichtet. Als ich durch das Tor fuhr, liefen zwei Reporter weiter neben mir her wie zweitklassige Geheimagenten. Der Wachmann und der Polizist gingen ihnen gleichzeitig entgegen und hielten sie auf. Im Rückspiegel konnte ich sehen, wie sie anfingen, mit dem Polizisten zu streiten und ihm vermutlich ihre moralischen, gesetzlichen und verfassungsmäßigen Rechte vorzubeten.
    Mein Herz begann schneller zu schlagen, als ich die Zufahrt zum Haus entlangfuhr. Fünf oder sechs uniformierte Polizisten durchstreiften das Grundstück, die Augen auf die Erde gerichtet, als suchten sie nach vierblättrigen Kleeblättern. Zu dieser Tageszeit schwand das Licht rasch. Unter den Bäumen verdichteten sich bereits die Schatten. Bald würden sie Taschenlampen brauchen, um ihre Suche fortzusetzen. An der Haustür war ein zweiter uniformierter Beamter postiert, der eine unbewegte Miene zeigte. Er kam zu meinem Wagen herüber, und ich kurbelte das Fenster herab. Ich nannte ihm meinen Namen und sah ihm dabei zu, wie er zuerst seine Liste und dann mein Gesicht studierte. Offenkundig zufrieden, machte er einen Schritt vom Wagen weg. Im Hof zu meiner Linken drängten sich bereits zahlreiche Autos auf der gepflasterten Wendefläche. »Kann ich mir hier einen Parkplatz suchen?«
    »Sie können hinter dem Haus parken. Dann kommen Sie wieder zurück und gehen durch die Vordertür hinein«, sagte er und winkte mich weiter.
    »Danke.«
    Ich fuhr nach links herum und parkte am anderen Ende der Dreiergarage. In der Dämmerung leuchteten plötzlich mehrere von Bewegungsmeldern aktivierte Scheinwerfer auf und taten meine Anwesenheit kund. Abgesehen von der Küche an diesem Ende des Hauses und der Bibliothek am anderen waren die meisten Fenster entlang der Vorderfront dunkel. Die

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