Goldgrube
nicht in die Irre führen. Ihre Brüder werden sich nicht ändern. Wenn irgend jemand ausgebootet wird, dann sind Sie das.«
»Mag sein«, sagte er. »Ich weiß es nicht. Ich habe einfach das Gefühl, ich muß noch bleiben, nachdem ich schon so weit gekommen bin. Wenn ich jetzt ausreiße, finden wir nie einen Weg, uns zu einigen.«
»Ich merke, daß Sie mir nicht zuhören, aber bitte, bitte lassen Sie sich auf nichts ein, bevor Sie mit einem Anwalt gesprochen haben.«
»Okay.«
»Versprechen Sie’s mir.«
»Gut. Ich schwöre. Tja, und jetzt muß ich gehen, bevor jemand merkt, daß ich geflohen bin.«
»Guy, Sie sind keine sechzehn mehr. Sie sind dreiundvierzig Jahre alt. Bleiben Sie hier sitzen, wenn Sie wollen. Sie können die ganze Nacht wegbleiben. Sie sind erwachsen.«
Er lachte. »Ich fühle mich aber wie sechzehn. Und Sie sind süß.«
Er beugte sich rasch herüber und berührte meine Wange mit seinen Lippen. Ich konnte das weiche Kratzen seiner Barthaare auf meiner Haut spüren und roch einen Hauch seines Rasierwassers.
»Auf Wiedersehen und vielen Dank«, sagte er. Bevor ich antworten konnte, war er schon aus dem Wagen gestiegen, die Schultern gegen den Wind hochgezogen, und ging auf das Tor zu. Er drehte sich um und winkte mir zu, und schon hatte die Dunkelheit ihn verschluckt.
Ich sah ihn nie wieder.
13
Guy Malek wurde irgendwann Dienstag nacht ermordet, aber ich erfuhr erst Mittwoch nachmittag davon. Den größten Teil des Tages hatte ich drüben im Gerichtsgebäude verbracht, wo ich die Verhandlung gegen einen Mann verfolgte, der wegen Unterschlagung angeklagt worden war. Ich hatte mit dem Fall nichts zu tun gehabt — verdeckte Ermittler der Polizei hatten ihn nach sieben Monaten harter Arbeit gestellt — , aber ein paar Jahre zuvor hatte ich ihn auf Verlangen seiner Frau eine Zeitlang beobachtet. Sie hatte ihn in Verdacht, sie zu betrügen, wußte aber nicht, mit wem. Es stellte sich heraus, daß er eine Affäre mit ihrer Schwester hatte, woraufhin sie den Kontakt zu beiden abbrach. Der Mann war unehrlich bis ins Mark, und ich gestehe, daß ich es unterhaltsam fand, wie die Justiz ihn traktierte. Sooft ich mich auch über den Mangel an Gerechtigkeit in dieser Welt beklage, finde ich es doch unendlich befriedigend, wenn das Verfahren endlich nach Wunsch funktioniert.
Als ich ins Büro zurückkam, nachdem sich das Gericht vertagt hatte, war eine Nachricht von Tasha auf meinem Band. Nebenbei bemerkte ich, daß sie die Nummer der Maleks hinterlassen hatte. Ich rief in der Erwartung an, daß Myrna ans Telefon gehen würde. Statt dessen meldete sich Tasha, als hätte sie Telefondienst. Sowie ich ihre Stimme hörte, merkte ich, wie verärgert ich darüber war, daß sie gerade dann die Stadt verlassen hatte, als Guy angekommen war. Wenn sie ihre Arbeit getan hätte, hätte sie die Familie vielleicht von ihrer Bedrängungs- und Zermürbungstaktik abgebracht.
Klugschwätzerin, die ich bin, ging ich sofort auf sie los. »Na endlich«, sagte ich. »Es wurde aber auch wirklich Zeit, daß du wieder auftauchst. Hier ist der Teufel los. Hast du schon gehört, was passiert ist? Tja, vermutlich schon, sonst wärst du nicht da draußen. Offen gestanden bin ich ganz begeistert von Guy, aber die anderen kann ich nicht ausstehen —«
Tasha unterbrach mich mit dumpfer Stimme. »Kinsey, deshalb habe ich dich ja angerufen. Ich habe meinen Urlaub abgebrochen und bin heute nachmittag von Utah zurückgeflogen. Guy ist tot.«
Ich schwieg einen Augenblick lang und versuchte den Satz zu analysieren. Ich kannte das Subjekt... Guy... aber das Prädikat... ist tot... schien mir auf den ersten Blick nicht dazu zu passen. »Das ist doch nicht dein Ernst. Was ist denn passiert? Er kann nicht tot sein. Als ich ihn am Montag gesehen habe, ging es ihm noch gut.«
»Er ist letzte Nacht ermordet worden. Jemand hat ihm mit einem stumpfen Gegenstand den Schädel eingeschlagen. Christie hat ihn heute morgen im Bett gefunden, als er nicht zum Frühstück herunterkam. Die Polizei hat nur einen Blick auf den Tatort geworfen und sich dann einen Haussuchungsbefehl besorgt, um das ganze Anwesen durchsuchen zu können. Seitdem wimmelt es im Haus von Polizisten. Sie haben die Mordwaffe noch nicht gefunden, vermuten aber, daß sie hier ist. Sie durchkämmen noch das Grundstück.«
Ich hing immer noch an einer Stelle zwei Sätze zuvor fest. »Jemand hat ihn im Bett ermordet? Während er schlief ?«
»Es sieht danach aus.«
»Das ist
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