Goldhand (Ein Artesian Roman) (German Edition)
alter Mann zu erscheinen, der mit seinem jugendlichen Enkel und dessen Lieblingskrähe vor den näher rückenden Chetekken in die große Stadt flüchtet.“
„Ganz ausgezeichnet. Fang an.“
„Schon passiert“, erwiderte Hockster.
„Aber ich bin kein bisschen verändert, nur ihr beide seht anders aus!“
„Oh doch, das bist du.“
„Ich sehe doch, was ist.“
„Du erkennst den Unterschied nicht. Aber die da werden dich und mich und Naggit so sehen, wie ich es will.“ Hockster wies auf die Gardisten am Tor.
„Muss ich unbedingt aussehen wie eine Krähe?“, fragte Naggit.
„Es geht nicht anders. Einen Falken oder einen Habicht können arme Leute sich nicht leisten. Ein kleineres Tier kommt ebenfalls nicht in Frage, da ich sonst zu viel an dir ändern müsste. Hab Geduld. Es ist gleich vorbei.“
Naggit seufzte schicksalsergeben.
Die Wachen an den Toren nahmen keine Notiz von ihnen, als sie die Stadt betraten. Ihre Blicke galten dem Horizont, wohl vor allem anderen in der Erwartung des Eintreffens der Chetekkenarmee. In der Stadt übernahm Madigan die Führung. Naggit ließ sich nach Drachenart auf Hocksters Schulter nieder und wickelte seinen langen Schwanz um Hocksters Oberarm. Sie durchquerten das Westviertel und erreichten bald danach den Stadtkern.
„Dort drüben ist der ‚Ritter‘“, sagte Madigan, „wartet dort auf mich. Ich muss ein paar Leute besuchen und Fragen stellen.“
„Denk daran, du siehst noch immer aus wie ein alter Mann.“
„Das ist nicht gut“, erwiderte Madigan. „So wird mich keiner erkennen. Mach es weg.“ Hockster nickte. Er löste Madigans, Naggits und auch sein eigenes Trugbild auf.
„Ich bin bald zurück“, sagte Madigan, drehte sich um und ging davon.
Hockster sah ihr lächelnd hinterher.
Was gibt’s zu sehen?, fragte Naggit.
Schau hin und du wirst es sofort erkennen , sagte Hockster . Hat sie nicht einen bemerkenswerten schönen Gang? Fast, als sänge sie dem Weg ein Lied.
Ich verstehe kein Wort, Auserwählter.
Weißt du, wenn Madigan Flügel hätte, wäre der Wind ihr erstgeborenes Kind.
Ich will ja nicht mit Euch streiten, Auserwählter, aber vom Fliegen habt Ihr wirklich keine Ahnung.
Und du hast keine Ahnung von Frauen.
Ich bin sicher, Ihr seid mir nur um Eine voraus .
Hockster wartete, bis Madigan um die Ecke verschwunden war und fügte gedankenverloren hinzu: Um Eine, ja, aber um die Eine, auf die es ankommt. So viel Schönheit habe ich nicht verdient .
Das habt Ihr wirklich nicht. Aber nun los. Die Pflicht ruft Euch. Und mich eine ausgewachsene Mahlzeit. Wo ist dieses Gasthaus, von dem die Sternendame gesprochen hat?
„Da“, sagte Hockster, ging auf eine Gebäude zu, öffnete die Tür und trat ein.
„Na, wenn das nicht der kleine Mann ist, nach dem die ganze Stadt sucht“, rief Delek, als er Hockster sah. „Herein, Meister Beltrim, wie ist es dir ergangen? Mir ist, als wären seit deinem letzten Besuch kaum drei Tage verstrichen.“
„Es sind ein paar Tage mehr, aber wer will schon kleinlich sein, wenn er so freudig begrüßt wird. Mich wundert, dass du mich noch kennst.“
„Daran ist gar nichts verwunderliches“, erwiderte der Wirt lachend. „Wer einmal Gast in meinem Haus war, den vergesse ich auch nicht. Was hast du denn da für ein putziges Tierchen auf deiner Schulter?“
Naggit wandte den Kopf und bedachte Delek mit einem langen Blick aus seinen gelben Augen. Der Wirt wich vorsichtshalber einen Schritt zurück.
„Das ist Naggit!“, antwortete Hockster. „Er ist ein Drache aus Burnyk. Du solltest ihn nicht putzig nennen.“
„Ich werde es mir merken. Nimm Platz. Vielleicht an dem Tisch dort drüben beim Fenster. Was soll ich dir bringen?“
„Tee, frisch aufgebrüht, bitte. Brot und Käse.“
„Wasser“, sagte Naggit, „und etwas von der gebratenen Gans, die Ihr gestern hattet.“
Delek blähte überrascht die Backen auf und seine Augen wurden groß. Dann sagte er: „Eine gute Nase hat dein – Drache, sagtest du? Drache! Dann soll es mich auch nicht wundern, dass er sprechen kann.“
„War das eine Frage, Herr Wirt?“, fragte Naggit.
„Wenn ich es recht bedenke, eher nicht“, erwiderte Delek. „Setzt euch, ich bin gleich zurück“, fügte er leutselig hinzu und verschwand in der Küche. Hockster und Naggit hörten Geschirr klappern und einen leisen Fluch, dann kehrte der beleibte Wirt mit einem Tablett zurück.
„So! Einmal Tee, Brot und Käse, Wasser und Gänsebraten. Ich leiste euch
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