Goldhand (Ein Artesian Roman) (German Edition)
zahlen.“ Rikat wandte sich an seine rechte Hand. „Hekel, besorge einen Wagen und belade ihn mit allem, was ein neugebautes Haus benötigt. Dazu Lebensmittel für einen langen Winter, warme Kleidung und Decken.“ Er wies auf einen seiner Untergebenen. „Worrek, du kümmerst dich um die Brieftauben. Ich möchte, dass sie in einer Woche einsatzbereit sind. Los, beeilt euch.“
Die Männer gingen hinaus und Rikat sah ihnen nach. „Das sind gute Männer.“ Dann schaute er Hockster an. „Wir beide gehen jetzt in dieses Zimmer dort“, er wies auf eine Tür im Hintergrund, „wo du mir in aller Ruhe erzählen wirst, was du in Wirklichkeit in meinem Land suchst – und vor allem, wer du bist.“ Rikat zeigte auf den Lederbeutel an Hocksters Gürtel. „Damit fangen wir an.“
Es dauerte nahezu zwei Wochen, bevor Zimmermann und Schmied von Diwens Steinkreis zurückkehrten und meldeten, dass die Hütte fertig und zum Einzug bereit sei. Zwei Wochen, in denen Rikat den armen Hockster mit einer Flut von Fragen quälte. Anfangs dachte Hockster, es sei alles verloren. Doch mit dem ehemalig gemeinen und hinterhältigen Räuberführer Rikat war eine seltsame Veränderung vorgegangen, seit er seinen Arm verloren hatte. Aufmerksam lauschte er den Erklärungen Hocksters über die drei Fremden und seinen gescheiterten Auftrag, einen Ort des Wissens und des Lernens aufzubauen.
Rikat ließ sich jeden einzelnen von Hocksters kostbaren Edelsteinen zeigen, verlangte Erklärungen über ihre Wirkfähigkeit und die damit verbundenen Elemente Luft, Wasser, Feuer und Erde. So wurde, ohne dass einer von beiden es bemerkte, der Räuber Rikat Hocksters erster Schüler. Als die Nachricht von der Fertigstellung der Hütte kam, entließ Rikat Hockster und schenkte ihm, bevor er aufbrach, eine kurzbeinige Stute. „Ich werde dich besuchen, Zwerg. Bald. Noch ehe das Jahr zu Ende ist. Leb wohl einstweilen.“
Hockster schüttelte den Kopf. „Ich habe es dir schon oft gesagt, Rikat, und ich sage es wieder. Ich bin kein Zwerg. Wir beide, du und ich, wir sind vom gleichen Schlag – Menschen eben. Nenn mich nicht Zwerg! Nenn meinen Namen! Ich trage ihn aus gutem Grund.“ Hockster nickte Rikat zu, stieg unbeholfen auf, wendete die Stute und ritt davon.
Er fand es seltsam, die inzwischen vertraute Umgebung von Räubermarkt zu verlassen und schon bald sehnte er sich sehr zu seinem Erstaunen und auch mit ein bisschen Entsetzen nach der Gesellschaft Rikats. Der Anführer der Räuber war keineswegs so dumm wie Hockster es bislang bei einem brutalen Mann seines Schlages vermutet hatte und er nahm sich fest vor, künftig weniger auf seine vorschnellen Urteile zu geben als bisher. Hockster hielt Rikat inzwischen für einen guten Anführer. Der Räuberhauptmann besaß großes Geschick im Umgang mit anderen und hatte ein gutes Gedächtnis für Details.
Das kleine Pferd, für das Hockster sich noch einen Namen überlegen musste, trabte brav durch die frühwinterliche Landschaft. Am frühen Nachmittag desselben Tages erreichte er sein neues Heim. Er hatte eine Hütte gewollt und ein Haus erhalten, das ihm von außen riesig groß erschien. Daneben stand ein kleiner Stall, der Platz für vier Pferde bot. Das freute Hockster ganz besonders. Er tätschelte der Stute den Hals. „Auch du wirst nicht frieren in diesem Winter“, sagte er und führte das Tier in den Stall. Erst nachdem er die Stute versorgt hatte, betrat er sein Reich. Feierlich ging er durch die beiden großen Räume. Im ersten Zimmer standen ein Bett, einige Stühle und ein Tisch. Dahinter lag die Küche mit einem Vorratskeller darunter. Er fühlte sich sehr wohl hier. Die Tauben entdeckte er in einem großen Verschlag hinter dem Haus. Im Küchenschrank fand Hockster reichlich Lebensmittel und bereitete sich ein Abendessen. Danach fiel er müde in sein neues Bett und schlief bis in den Vormittag des neuen Tages hinein.
Der Winter kam und zum Jahreswechsel erschien Rikat mit Hekel und Worrek. Auf einem Packpferd brachten sie frische Lebensmittel und ein totes Marilk mit, von dem Rikat behauptete, es erst an diesem Morgen erlegt zu haben. Die Männer grillten das Marilk, aßen und tranken Wein und Tee dazu und saßen bis weit nach Mitternacht zusammen. Am anderen Tag kehrten Hekel und Worrek nach Räubermarkt zurück. Der einarmige Rikat aber wollte bis zum Beginn des Frühlings bei Hockster bleiben. Hockster hatte keine Einwände. Er hatte genug von der Einsamkeit hier draußen und begrüßte
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