Goldhand (Ein Artesian Roman) (German Edition)
Lage, Fragen zu beantworten. Gehst du jetzt und räumst einen Wagen frei, oder soll ich dir Beine machen?“
Eman veranlasste das Notwendige. Wenig später lag Tira unter einer Wolldecke in einem der rumpelnden Wagen, die sich gemächlich ihren Weg nach Südwesten suchten.
Zum Wagenzug gehörte ein Heiler, der sich gleich um Tira kümmerte. Der Heiler, der von allen Gor gerufen wurde, versorgte die Pfeilwunde, strich eine feuchte, aber vor allem übelriechende Paste aus Kräutern darauf, und wickelte dann einen festen Verband darüber.
Als Garlit von Gor die Bestätigung erhalten hatte, dass Tira überleben würde, war er erleichtert. Jetzt musste er nur noch herausfinden, was geschehen war, wer Tira verletzt hatte und schließlich den Täter zur Rechenschaft ziehen. Er bestieg sein Pferd und folgte ihrer Spur, die nach etwa einer Stunde auf einer Anhöhe endete. Vorsichtig ritt er hinauf und fand den Ort des Kampfes. Zwei Chetekken lagen tot zwischen einigen Felsen. „Sie ist wirklich gut“, murmelte er anerkennend. Er ritt weiter nach Westen und als sich vor ihm eine weite Graslandschaft öffnete, zerrte er am Zügel. Garlit kannte das Geräusch, das er jetzt deutlich hörte. Irgendwo vor ihm, nur wenige Kilometer entfernt, marschierte eine Armee. Wachsam ritt er weiter. Die Ebene war mit Ulmen und Eschen bewachsen, er hielt sich in ihrem Schatten. Schließlich stieg er ab und band sein Pferd an einen der niedrig hängenden Äste an. Vorsichtig erklomm er einen steilen Hügel. Oben angekommen legte er sich auf den Bauch und kroch das letzte Stück bis er freie Sicht hatte. Vor ihm erstreckte sich eine weitere, kaum bewachsene Ebene. Dort unten, nur wenige Kilometer entfernt, bewegte sich im Laufschritt eine großer Trupp Chetekkenkrieger nach Nordwesten. Er schätze ihre Anzahl auf etwa eintausend Soldaten.
Garlit kehrte um und ritt zurück zum Wagenzug, der ihm holpernd und knarrend entgegen rumpelte. Er suchte und fand Eman Delles schließlich neben dem Wagen der jungen Frau, die es dem Kaufmann so offensichtlich angetan hatte.
„Wir biegen sofort nach Süden ab“, erklärte Garlit ohne Umschweife.
„Weshalb?“, fragte Eman überrascht.
„Nat Chatkas. Etwa tausend. Wir halten genau auf sie zu.“
Emans Gesicht wurde aschfahl. Hastig nickte er, ritt nach vorne und gab die entsprechenden Befehle. Der erste Wagen bog nach Süden ab, die anderen folgten.
„Was ist passiert?“, wollte die Frau wissen.
„Wir kürzen ab“, erklärte Garlit und ritt zu Tiras Wagen. Er glitt vom Pferd, lief neben dem Wagen her und sprang dann auf.
Es dauerte einen Moment bis er sich an das Halbdunkel im Wageninneren gewöhnt hatte. Tira hatte die Augen geöffnet. „Kannst du nicht anklopfen, bevor du einer Dame deine Aufwartung machst?“ Ihre Stimme war vor Schwäche kaum zu verstehen.
„Beim nächsten Mal. Ich verspreche es. Es geht dir besser, ja?“
„Sie haben mich angegriffen. Zwei ...“
„Ich weiß!“, erwiderte Garlit. „Ich habe die Leichen gesehen. Ruh dich aus. Ich werde uns sicher nach Diwenstein bringen.“
Tira nickte und schloss die Augen.
Garlits Entscheidung, erst nach Süden und dann gerade nach Westen zu fahren, erwies sich in den folgenden Tagen als richtig. Der Weg vor ihnen war frei und so erreichten sie zwar mit drei Tagen Verspätung Diwenstein, aber dafür gab es auch keine weiteren Zwischenfälle. Zwei Stunden vor Mitternacht rollte der Wagenzug in Diwenstein ein.
Millen Hoog eilte ihnen besorgt entgegen. „Was hat euch aufgehalten?“, fragte er Eman.
„Chetekken“, erwiderte der Karawanenführer. „Wo ist Hockster?“
„Im Steinkreis. Er spricht mit den Geistern. Morgen kannst du ihn sehen. Solange musst du mit mir vorlieb nehmen. Was bringt ihr mit?“
Eman hob stolz das Kinn.„Ah, mein Bester“, sagte er, „nur die feinsten Sachen.“
Garlit sah nach Tira. Sie schlief und war auf dem Weg der Besserung. Leise verließ er den Wagen, schlug den Weg zur Dorfmitte ein und sah sich suchend um. Hier, zwischen eilig errichteten, windschiefen Hütten und scheinbar planlos abgestellten Wagen reckten sich elf schlanke Felsen in den Nachthimmel. Er betrat das Steingeviert und entdeckte eine kleine Gestalt, die auf dem Boden hockte. Der Größe nach zu urteilen musste der Mann Hockster Beltrim sein. Vor ihm lagen etwa ein Dutzend Edelsteine, die im Mondlicht glitzerten. Sie waren in der Form eines auf der Spitze stehenden Vierecks ausgelegt. Garlit trat näher und er
Weitere Kostenlose Bücher