Goldhort: Ein Mystery-Thriller (German Edition)
Volksmärchen, aber das war es nicht. Es musste vor kurzem gewesen sein. Alles angestrengte Nachdenken half nichts. Deshalb machte ich eine Notiz in mein Schreibbüchlein und klappte es zu. Für heute war es genug.
Am nächsten Morgen, ein strahlender Morgen in ungewohnter Lichterpracht, bereitete ich mich mit einem ausgiebigen Bad auf den Abend vor. Die letzten Nächte hatte ich sensationell gut geschlafen. Keine Sophia Alexejewna oder sonstiger Spuk. Genaugenommen schien ich überhaupt kein Problem mehr zu haben, wenn Christine mir nicht gesagt hätte, dass ich die Sache wohl nicht so schnell loswerden würde. Und vermutlich hatte sie recht. Also bestand für mich kein Zweifel darin, dass ich den wenigen Spuren weiter nachgehen musste.
Sinnierend schaute ich in die weißen Muschelplättchen der Deckenlampe, welche tanzend ein Windhauch bewegte und rekelte mich genussvoll. Schaumbläschen trieben auf dem Wasser wie kleine überdachte Inseln mit unsichtbaren Bewohnern, trieben hierhin, trieben dorthin, und zerplatzten schließlich lautlos, wurden eins mit dem Wasser, dessen Wärme mir wohl tat.
Nach dem Bad lieh ich mir aus Christines Kleiderschrank ein atemberaubendes dunkelrotes Kleid, als ich es jedoch anprobierte und mich im Spiegel sah, fühlte ich mich unwohl darin. Also tat ich es zurück und nahm mir stattdessen eine weite Marlene-Hose und einen leichten Rollkragenpullover. In Jeanshosen zu erscheinen konnte ich Raik einfach nicht antun und Christine würde nichts dagegen haben. Den Rest des Tages vertrödelte ich gepflegt, räumte herum, schnitt die Spitzen der Yuccapalme, las und putzte die alten Messingtürklinken. Gerade packte ich umherliegende alte Zeitungen zu einem Paket zusammen, da durchfuhr mich die Erinnerung wie kribbelndes Feuer. Natürlich! Das Wrack! Ich hatte es doch in dieser Zeitung des Pizzaboten gelesen. Hieß das wirklich „Wassilissa“? Meine Ungewissheit legte sich nach einer kurzen Recherche im Nachrichtenarchiv des World Wide Web. Ich hatte mich nicht getäuscht. An einen planmäßigen Zufall zu denken schien mir übertrieben, trotzdem wollte ich herausfinden, ob diese beiden Hinweise eine Bedeutung für mich hatten. Mir fiel auf, dass bezüglich des Wracks nirgendwo die Rede von Goldfunden war. Entweder musste also das Wrack bereits von fremden Schatztauchern geplündert worden sein, denen an einem offiziellen Fund des Schiffes nicht gelegen war, oder es war kein Gold auf dem Schiff gewesen als es sank. Oder aber, auch diese dritte Option erschien mir logisch, man hatte diesen Teil des Fundes vor der Presse verheimlicht, um abenteuerlustige Privattaucher gar nicht erst anzulocken, zumindest nicht bis das ganze Wrack gehoben und der Meeresboden genau nach weiteren Artefakten abgesucht worden ist.
Und half mir das nun weiter? Absolut nicht. Vor allem fand ich es auf das neue so entmutigend sinnlos darüber nachzuforschen, wohin es das Gold verschlagen hatte. Denn obwohl es vielleicht möglich war, das herauszubekommen, was nützte mir das Wissen? Und wozu? Schließlich hatte ich in allen letzten Nächten gut geschlafen. Und ich wusste noch nicht einmal, ob das überhaupt dieses Gold war, welches ein dubioser Traumschatten für sich beanspruchte. Ob er mich in Ruhe lassen würde, wenn ich damit, rein hypothetisch, zurückkehrte, was aber sowieso nie geschehen würde – nicht auf rechtmäßigem Wege? Ich stöhnte und griff mir an den Kopf. So viele Fragen und niemand von dem ich Antworten erwarten konnte. Glücklicherweise rief Christine an und fragte, ob ich klar käme. Ich erzählte ihr von meinen Entdeckungen und Zweifeln und sie baute mich auf:
„Du musst unbedingt dranbleiben, hörst du! Lauf nicht weg, denn es wird wiederkommen, auch wenn du jetzt meinst, entkommen zu sein. Mach weiter!“
Ich nickte, unsichtbar für sie, und gehorchte. Es war wirklich nicht einfach, sich seiner Vergangenheit zu stellen. Es ist ja schon schwierig genug in einem einzigen Leben, wie sicherlich jeder meiner geehrten Leser aus eigener Anschauung in der Lage sein mag zu bestätigen, aber fast unmöglich, wenn man sich dazu in frühere Leben begeben soll. Es fühlte sich widersinnig an. Weshalb sollte etwas so kompliziert sein? Und plötzlich fiel von oben eine Idee auf mich herab wie ein Regentropfen auf durstige Lippen und energetisierte mich. Warum war ich nicht eher darauf gekommen? Ich würde zu einem Reinkarnationsexperten gehen. Solche gab es, das hatte ich gelesen.
Ich traf
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