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Goldkehlchen: Kriminalroman (German Edition)

Goldkehlchen: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Goldkehlchen: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Stammkötter
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und dann kam der auf mich zu. Ich hatte noch nie in meinem Leben so einen Schiss.«
    »Hat er dich gesehen?«
    Paul zuckte mit den Achseln. »Weiß ich nicht. Ist mir auch scheißegal. Die Sache wird mir langsam zu heiß. Lass uns zu Kroll gehen!«
    Georg nickte. »Später. Du sagst, der kam aus der Thomaskirche?«
    Paul nickte geistesabwesend.
    »Lass uns da noch mal kurz reingehen!«
    Georg ging in die Thomaskirche. Paul stapfte ihm widerwillig hinterher. Ihm kam die so vertraute Kirche zum ersten Mal unheimlich vor. Auf den ersten Blick konnten sie nichts Auffälliges entdecken. Das Epitaph von Ritter Harras war unversehrt. Sie gingen zum Altarraum.
    »Guck dir mal die Blume da an«, sagte Georg und deutete auf die schwere Platte, die wieder auf Bachs Grab lag.
    Paul wusste nicht, worauf sein Freund hinauswollte. »Aber da liegen doch ständig irgendwelche Blumen rum.«
    Georg kniete sich hin und betrachtete die weiße Blume aus der Nähe. »Ja, weiß ich doch. Aber frische oder verwelkte. Aber diese hier, die ist durchgebrochen.«
    »Ja, und? Vielleicht ist da jemand draufgelatscht.«
    Georg sah sich um. »Und da liegt noch eine. Auch zerbrochen. Und da auch.«
    Die Jungs suchten den Altarraum gezielt nach Blumen ab. Sie fanden über 20 langstielige Pflanzen, alle waren weiß und alle waren abgeknickt. Georg hob eine Blume auf. Die Blüte schwankte traurig vor ihm hin und her. »Glaubst du immer noch, dass jemand die Blumen alle zertrampelt hat? Mich würde mal interessieren, was das für Blumen sind. Ich bin mir sicher, dass solche Blumen auf dem Sarg von meiner Oma lagen.«
    Paul sah sich den Altar genauer an. Auf dem weißen Tischtuch lag eine abgeknickte Blume. Darunter befand sich ein weißer Briefumschlag. Kein gewöhnlicher. Das Format war größer, das Papier ganz fein, schon eher wie Stoff. An der Stärke des Umschlages konnte man unschwer erkennen, dass er gefüttert war. Derartige Kuverts wurden üblicherweise verwendet, um Beerdigungskarten zu verschicken. »Komm mal her!«
    »Wow! Das ist ja krass!« Georg streckte seine Hand nach dem Umschlag aus, aber Paul griff ihm in den Arm. »Bist du bescheuert? Das ist doch Sache der Polizei! Willst du, dass da unsere Fingerabdrücke drauf sind?«
    Georg beugte sich vor, bis seine Wange das Tischtuch des Altars berührte. »Der ist nicht zugeklebt. Wir können ihn ganz unauffällig wieder verschließen.«
    Paul verdrehte die Augen, aber Georg nahm es nicht wahr. Sein Ermittlungsdrang schien größer zu sein als alle Hemmungen. Schnell nahm er den Umschlag in die Hand und öffnete ihn. Darin befand sich nur ein Zettel, auf dem mit einem dicken Stift ein Wort geschrieben stand: ›HARRAS‹.
    »Das gibt’s doch nicht«, flüsterte Georg.
    Paul hatte keine Lust auf weitere Diskussionen. »Du hattest von Anfang an recht. Ich kriege langsam Angst. Wir rufen jetzt sofort Kroll an!«
    »Wir informieren erst mal Pfarrer Brecht. Das ist schließlich seine Kirche. Der wird schon die Polizei verständigen. Komm, lass uns hier abhauen!«
    Georg legte den Zettel wieder in den weißen Umschlag und verschloss ihn. Dann legte er die abgeknickte Blume sorgfältig darauf. Bevor sie die Kirche verließen, steckte er noch eine Blume ein, die auf dem Boden lag.
    »Du bist doch bescheuert!«, schimpfte Paul. »Kannst du mir bitte mal erklären, was das jetzt soll?«
    Georg versuchte, seinen Freund zu beruhigen. »Lass uns doch erst mal herausfinden, ob das wirklich was mit Ritter Harras zu tun hat. Wenn ja, gehen wir sofort zu Kroll. Versprochen. Aber die Mühe sollten wir uns noch machen!«
     
    Kroll und Wiggins beratschlagten die weitere Vorgehensweise, als sie das Klingeln des Telefons unterbrach. Pfarrer Brecht war ungehalten. »Kommen Sie bitte sofort in unsere Kirche.« Nach einer kurzen Schilderung der Situation bat ihn Kroll, die Kirche für den Publikumsverkehr zu schließen.
    Der Kirchenmann wartete vor dem Gotteshaus auf die Polizisten. Er wedelte aufgeregt mit einem weißen Briefumschlag. »Gucken Sie da mal rein.«
    Wiggins streifte sich Latexhandschuhe über und betrachtete das Corpus Delicti. »Harras«, bemerkte er emotionslos. Dann sah er Kroll fragend an und zuckte mit den Achseln. »Das sagt mir jetzt auf Anhieb nichts.«
    Kroll legte die Stirn in Falten. »Mir auch nicht.«
    Pfarrer Brecht hatte es die Stimme verschlagen. Er klang heiser. »Von dem hängt ein Bild in unserer Kirche. Das zeige ich Ihnen gleich. Aber das ist ja noch nicht alles. Kommen Sie mal

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