Goldkehlchen: Kriminalroman (German Edition)
Mittwochabend diesem Dr. Fleischer von Porsche einen Besuch abgestattet hat. In seiner Wohnung.«
Kroll stand auf dem Schlauch. »Wer ist denn Dr. Baumjohann?«
Er sah Wiggins fragend an. Seinem Kollegen schien der Name etwas zu sagen. Wiggins weitete erwartungsvoll die Augen.
»Das weißt du nicht?«, war der Reporter überrascht. »Das ist doch der Laborarzt in Leipzig. Der hat zwölf Fachärzte, die nur für ihn arbeiten. Baumjohann macht alle Untersuchungen, was Blut und sonstige Flüssigkeiten angeht. Der arbeitet für alle Krankenhäuser, für die meisten Ärzte und auch für euch. Wegen Promille und so.«
Kroll war jetzt klar, warum Wiggins so interessiert war. »Und weißt du, warum dieser Dr. Baumjohann Fleischer besucht hat?«
»Keine Ahnung. Ein bisschen Arbeit muss ja auch noch für euch bleiben. Also, vergiss bitte nicht, von wem die guten Infos gekommen sind. Du kannst dich jetzt wieder hinlegen.«
»Tschüs, Günther. Und danke.«
Wiggins tippte nervös mit den Fingern auf die Schreibtischplatte. »Das Institut von Dr. Baumjohann macht auch Vaterschaftstests. Er arbeitet viel fürs Amtsgericht.«
»Jetzt mal langsam, Wiggins«, versuchte Kroll, die Information einzuordnen. »Du meinst also, Dr. Fleischer hat untersuchen lassen, ob Ludwig sein Sohn ist?«
»Was denn sonst? Ich glaube nicht, dass die sich zufällig getroffen haben.«
»Wenn das stimmt … «
»… weiß Fleischer jetzt, dass er nicht der Vater von Ludwig ist«, fiel Wiggins seinem Kollegen ins Wort.
»Vielleicht ist alles doch ganz harmlos«, wiegelte Kroll ab. »Möglicherweise kennen die sich nur privat. Die gehören doch beide zur Leipziger High Society. Die haben bestimmt schon 100 Mal zusammen gegolft.«
»Eben drum«, entgegnete Wiggins trocken.
Das Telefon auf Wiggins’ Schreibtisch klingelte. Er nahm ab und legte nach kurzer Zeit wieder auf. »Die Fahndung hat den Leierkastenmann gefunden. Sie bringen ihn gerade ins Präsidium.«
Benedikt Papst stand vor dem vergitterten Fenster im Vernehmungszimmer und starrte hinaus. Seine Drehorgel stand einsam in der Ecke. Als Kroll und Wiggins hereinkamen, stürmte er auf die Polizisten zu. »Haben Sie Ludwig gefunden?«
Kroll und Wiggins setzten sich schweigend an den Vernehmungstisch. Kroll deutete mit der Hand auf den freien Platz auf der anderen Seite. ›Hochwürden‹ setzte sich eilig hin.
Kroll schaltete das Aufnahmegerät, das auf dem Tisch stand, an und erledigte die Formalien, indem er das Datum, den Anlass der Vernehmung und die Personalien von Benedikt Papst diktierte.
»Ich dachte eigentlich, Sie würden uns erzählen, wo sich Ludwig befindet«, griff Kroll ›Hochwürdens‹ letzte Bemerkung auf.
»Ich, wieso ich?« Benedikt Papst war entsetzt. »Woher soll ich wissen, wo der Junge ist?«
»Wir können anhand der Spurenlage beweisen, dass Sie heute am Wohnhaus der Familie Fleischer waren, dass Sie den Wein im Alumnat vergiftet haben und noch einiges mehr«, sagte Wiggins in sachlichem Ton. »Reicht das, oder soll ich noch mehr erzählen?«
»Das kann auch ich gern tun«, ergänzte Kroll. »Wir wissen natürlich schon längst, dass Sie der leibliche Vater von Ludwig sind, und wir wissen auch, dass Sie mit dem Nachspielen der Harras-Sage gerade diesen Umstand aufdecken wollten. Und das ist Ihnen ja auch ganz gut gelungen. Nur ist jetzt Ludwig verschwunden!«
Benedikt Papst schnappte nach Luft. »Sie glauben wirklich, dass ich … Ludwig … meinen eigenen Sohn. Ich wollte ihn doch nur beschützen, deshalb war ich heute vor dem Haus.«
Krolls Hoffnung, schnell herauszufinden, wo Ludwig war, schien sich zu zerschlagen. In ihm kam eine Mischung aus Wut und Ungeduld auf. Er versuchte mühsam, sich zu beruhigen. »Also gut. Fangen wir ganz am Anfang an.«
Auch Benedikt Papst musste sich zusammenreißen. Die Sorge um seinen Sohn ließ ihm keine Ruhe. Ihm war aber klar, dass er nicht weiterkommen würde, wenn er nicht kooperierte. Er atmete tief durch. »Ja, ja, ich gebe ja alles zu. Ich bin doch andauernd in der Thomaskirche, immer, wenn ich in Leipzig bin. Und da habe ich diesen Grabstein von dem Ritter Harras gesehen. Zuerst hat mich nur interessiert, warum ein Ritter in der Thomaskirche verewigt ist. Und dann bin ich in die Stadtbibliothek und hab mich schlaugemacht. Und mir war sofort klar: Die Geschichte passt.«
»Wir fanden das alles andere als lustig«, warf Wiggins ein. »Vor allem die Aktion mit dem Wasserspender. Wissen Sie eigentlich, dass
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