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Goldkehlchen: Kriminalroman (German Edition)

Goldkehlchen: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Goldkehlchen: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Stammkötter
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immer noch nicht nachvollziehen, warum viele Menschen das Golfspiel als Sport bezeichneten. Er musste an so manche Wettkampfvorbereitungen denken, nach denen er, völlig fertig und nass geschwitzt, in der Kabine saß und den Tränen nahe war. Aber er behielt seine Bedenken für sich.
    Der Arzt erzählte immer noch von seinen sportlichen Erlebnissen. »Ich muss gestehen, dass Herr Dr. Fleischer ein kleines bisschen … «, er zeigte den geringen Leistungsabstand mit Daumen und Zeigefinger an, »… besser spielt als ich, aber bei seiner Ausbildung ist das ja nur verständlich. Die Trainer in den Vereinigten Staaten haben definitiv ein anderes Niveau.«
    »Hatten Sie auch beruflich mit Dr. Fleischer zu tun?«, hakte Wiggins nach.
    »Ich verstehe Ihre Frage nicht«, gab sich der Arzt unwissend.
    »Dann werden wir mal konkreter. Ihr Institut führt doch unter anderem auch Vaterschaftstests durch. Hat Sie Ihr alter Golffreund Dr. Fleischer gebeten, eine Abstammungsuntersuchung durchzuführen?«
    Dr. Baumjohann zögerte einen Moment. »Ich glaube, das unterliegt meiner ärztlichen Schweigepflicht. Derartige Fragen kann ich nur nach einer richterlichen Anordnung beantworten. Oder wurde ich von meiner Schweigepflicht entbunden?«
    »Also ja«, wagte Kroll einen Schuss ins Blaue.
    »Das haben jetzt Sie gesagt«, trotzte der Arzt und lehnte sich erwartungsvoll zurück.
    Kroll versuchte, die Situation zu entspannen. Er gab sich versöhnlich. »Sie kennen doch bestimmt den Sohn von Dr. Fleischer, den Ludwig.«
    Der Arzt nickte.
    »Der Junge ist wie vom Erdboden verschluckt. Wir wissen, dass sein Verschwinden in unmittelbarem Zusammenhang mit den jüngsten Ereignissen im Thomanerchor steht. Davon haben Sie doch bestimmt gelesen.«
    Der Arzt nickte wieder, diesmal etwas zögerlicher. Er war verunsichert.
    »Herr Dr. Baumjohann. Wir machen uns große Sorgen um Ludwig. Wir müssen ihn schnell finden, weil wir mit dem Schlimmsten rechnen müssen. Wir haben keine Zeit, eine richterliche Anordnung zu besorgen. Es zählt jetzt jede Minute. Wir brauchen unbedingt diese Information!«
    Der Arzt zögerte immer noch. Er stand auf und griff nach den drei Golfbällen, die auf einer silbernen Schale lagen. Geschickt ließ er sie in seiner mächtigen Hand rotieren.
    »Sie bringen mich in eine sehr schwierige Situation, meine Herren.«
    Die Golfbälle zirkulierten schneller. »Ich möchte Ihre Frage wie folgt beantworten: Wenn Sie mich fragen, ob ich es ausschließen kann, dass Dr. Fleischer mich um einen derartigen Gefallen unter Freunden gebeten hat, könnte ich das nicht tun.«
    »Danke!«, sagte Kroll erleichtert.
    »Darf ich Ihnen noch eine Frage stellen, so ganz allgemeiner Natur?«
    »Selbstverständlich«, antwortete der Arzt.
    »Um die Vaterschaft oder, besser gesagt, die fehlende Vaterschaft abzuklären, brauchen Sie doch DNA-Material vom Kind, von der Mutter und vom potenziellen Vater.«
    »Das ist völlig richtig«, bestätigte Dr. Baumjohann.
    »Für die Person, an die ich denke, war es sicherlich nicht schwer, DNA-Spuren von dem Kind und natürlich auch von sich selbst zu besorgen. Aber von der Mutter?«
    Der Arzt wurde wissenschaftlich. »Sie haben vielleicht in der Presse die Geschichte über Kaspar Hauser verfolgt. Irgendjemand hat mal behauptet, der arme Wurm sei irgendein Abkömmling eines großen Herrschergeschlechts gewesen, sogar ein Erbprinz, den man beiseitegeschafft habe. Das konnte man anhand des Blutes, das man an seiner Kleidung gefunden hat, widerlegen. Ich rede gerade über den Anfang des 19. Jahrhunderts.«
    Wiggins begriff, worauf Dr. Baumjohann hinauswollte. »Sie meinen also, es ist heute medizinisch kein Problem, DNA zu verwenden, die 10, 20 oder 30 Jahre alt ist?«
    »Korrekt«, bestätigte der Arzt.
     
    »Glaubst du, wir können jetzt sicher sein, dass Ludwig bei seinem Vater ist oder, besser gesagt, bei dem Mann, den er für seinen Vater hält?«, fragte Wiggins, als sie wieder im Auto saßen.
    »Davon müssen wir ausgehen«, antwortete Kroll, der den Wagen noch nicht startete. Er schaute aus dem Fenster auf die Villa der Eheleute Baumjohann. »Ist doch schon komisch. Sobald man hinter die Fassaden guckt, bröckelt der feine Putz ab. Ein hoch angesehener Arzt, Asche ohne Ende, und seine Frau verfällt vor lauter Frust und Einsamkeit dem Alkohol.«
    Wiggins lachte unvermittelt laut auf. »Ich habe zurzeit das Gefühl, dass überall, wo wir hingucken, der Putz abbröckelt. Der einzig glückliche Mensch war

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