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Goldmacher (German Edition)

Goldmacher (German Edition)

Titel: Goldmacher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisela Stelly
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ausführliches Frühstück«, rief Johann und sprang aus dem Bett.
    »Darf ich ›Moby Dick‹ mitnehmen?«, fragte Anton und betrachtete noch einmal die Abbildung, folgte dem Blick des einbeinigen Kapitän Ahab, sah den weißen Wal am Horizont, folgte mit den Augen der Horizontlinie und eine erwartungsvolle Neugier keimte in ihm auf.
    Wenig später saßen Vater und Sohn beim Frühstück im Morgenzimmer des Hotels, und um Punkt neun Uhr bei der Sekretärin im Vorraum zum Büro des Verlagsleiters eines großen Münchner Verlages. Die Sekretärin hatte auf eine Sitzgruppe gewiesen, sie müssten noch etwas warten. Sie schenkte Anton, weil er Geburtstag hatte, wie Johann seine Begleitung entschuldigte, eine Katzenzunge aus Schokolade.
    Nach einer Weile öffnete sich die Tür zum Büro und zwei Männer, ein älterer und ein recht junger, traten heraus: Der Ältere verabschiedete sich mit etlichen angedeuteten Verbeugungen, der viel Jüngere nickte, etwas schmallippig lächelnd, er war der Verlagsleiter. Johann stand auf, und auf Weisung des Vaters auch Anton. Der Verlagsleiter gab auch ihm die Hand, beugte sich dann zu ihm hinunter.
    »Na, was liest denn der junge Mann?«, wollte er wissen und schaute prüfend auf das Buch und nahm es Anton aus der Hand. Er las laut »Moby Dick« vor, sagte dann »aha«, schlug das Buch auf und blätterte darin.
    »Herausgegeben von Thomas Mann, so, so«, stellte er nun fest, und an Johann gewandt meinte er: »Thomas Mann wollen wir doch nicht mehr lesen«, und fügte mit einem nur angedeuteten Lächeln hinzu: »Auch nicht als Herausgeber.«
    Er gab Anton das Buch zurück, wies Johann mit der Hand den Weg in sein Büro und ging voraus, Anton blieb in der Obhut der Sekretärin zurück und schlug die erste Seite von »Moby Dick« auf.
    »Sie scheinen nicht ausreichend über die Liste informiert zu sein«, meinte der Verlagsleiter.
    Johann saß ihm an einem großflächigen Schreibtisch gegenüber. Er überlegte. Natürlich verfolgte er durchaus das politische Geschehen. Doch er vermied es, sich für die eine oder die andere Richtung zu entscheiden oder gar für eine Partei. Folglich entschied er sich auch jetzt dafür, seinem Gegenüber erst einmal zuzuhören, und fragte, über welche Liste er denn nicht genügend informiert sei. Während er den Erklärungen zuhörte, wunderte er sich, wie jung der Verlagsleiter war. Über viel Berufserfahrung, gar in leitender Funktion, konnte er nicht verfügen. Johann wunderte sich ebenfalls darüber, wie geschickt dieser junge Verlagsleiter ihn in ein Gespräch verwickeln wollte, das immer mehr zu einer Prüfung geriet, nicht etwa über die Konditionen, die er für den Druck von Büchern anzubieten hatte, nein, der junge Mann prüfte ihn. Er hatte die Liste der unerwünschten, der verbotenen Schriftsteller aus einer Schublade seines Schreibtisches gezogen, und ganz offensichtlich sollte mit ihrer Hilfe nur einer abgehakt werden, nämlich er.
    Unwillkürlich rückte Johann auf seinem Stuhl in Position. Natürlich hatte er von der Liste nicht nur gehört, er kannte sie. Aber sie betraf nicht eigentlich ihn. Sie betraf die Verlage, nicht die Druckereien und ihre Außendienstler. Zumindest hatte er das bisher angenommen. Nach dem Willen seines Gegenübers sollte diese Liste jetzt auch ihn betreffen. Johann merkte, dass er bereit war, die Prüfung anzunehmen. Aber er würde sich nicht blauäugig für oder gegen einen Schriftsteller entscheiden, so wie er sich blauäugig für die Anteilsscheine der Goldproduktion entschieden hatte. Und so schob er die Liste innerlich beiseite und begann zu reden. Er redete und redete und ließ den Herrn Oberprüfer von der Partei, wie er sein Gegenüber hinter dem Schreibtisch nun insgeheim nannte, nicht zu Wort kommen. Der rutschte bald ungeduldig auf seinem Stuhl hin und her, setzte mehrfach an, ihn zu unterbrechen, bis er schließlich explodierte und ihn, unterstützt durch einen kräftigen Schlag mit der geballten Faust auf die Tischplatte, anfuhr: »Können Sie denn nicht mal den Mund halten!«
    Nein, das könne er nicht, antwortete Johann schnell, das sei nun einmal sein Kapital, dass er so viel reden könne, sein Verkaufstalent sozusagen. Nun habe er wohl etwas zu viel geredet, was ihm selten passiere, entschuldigte er sich, und deshalb wolle er sich jetzt auch verabschieden, er würde seine Angebotsliste bei der Sekretärin im Vorzimmer hinterlassen. Er stand auf, verbeugte sich und ging zur Tür.
    »Herr Bluhm!«,

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