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Goldmacher (German Edition)

Goldmacher (German Edition)

Titel: Goldmacher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisela Stelly
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Zornesausbrüche ankündigte, die zu körperlicher Bestrafung führen konnten, der er als Kind nicht entging, später als Junge flüchtete er dann. Doch jetzt würde er, jetzt durfte er nicht flüchten!
    »Du hast also an nichts geglaubt! Hast an rein gar nichts geglaubt! Mich aber hast du an die Wunderwaffe glauben lassen und nach Monte Cassino geschickt«, brach es aus Franz heraus, »und den Sepp hättest du auch noch geschickt! Aber er ist dir zuvorgekommen und ist schon vorher umgekommen! Weil er wie Flori und auch Mutter an die Wunderwaffe glaubte, von der du uns erzählt hast, obwohl du selber nicht an die Wunderwaffe geglaubt hast … du …«
    Franz konnte nicht weitersprechen, konnte dem Vater nicht länger ins versteinerte Gesicht sehen. Er sprang auf und vom Vater weg und durch die Tür aus dem schäbigen Besucherraum auf den Flur hinaus. Der Wachposten vor der Tür, an dem er vorbeistürmte, lief hinter ihm her und hielt ihn fest. Er riss sich los, wurde dann jedoch von weiteren Wachen überwältigt. Trotz allen Aufruhrs, den er verursachte, ließ man ihn schließlich die Kontrollen des Lagers passieren.
    Nach einer mühsamen und langwierigen Rückfahrt auf einem geliehenen Motorrad, das er gleich wieder bei einem Freund abgeben musste, bog er in die Einfahrt zum Hof ein. Und blieb stehen. Er mochte nicht weitergehen, wollte nicht in die Enge der kleinen Dachwohnung zurückkehren, wo Alexandra auf die Neuigkeiten vom Vater wartete. Er schaute zum Fenster der Dachwohnung hinauf, unentschlossen, was er tun wollte.
    Da half ihm der Wind, der plötzlich durch die Bäume fuhr und ihn auf die Idee brachte, mit dem Boot hinaus auf den See zu segeln. Das Segelboot lag unten im Bootshaus. Er wusste, die Tür war verschlossen, das Bootshaus war nur den amerikanischen Militärs zugänglich. Franz blickte die Auffahrt hinauf, ein einzelner Wachposten stand vor dem Haupteingang.
    Wieder fuhr der Wind durch die Bäume und Franz zögerte nicht länger, er lief aus der Einfahrt hinaus und hinunter zum See. Am Bootshaus rüttelte er zuerst am Vorhängeschloss, dann nahm er einen kurzen Anlauf und ließ seine rechte Flanke mit voller Wucht gegen die Holztür krachen. Ein augenblickliches Splittern, und Franz stolperte ins Dunkel des Bootshauses hinein.
    Er sog den altvertrauten Geruch von Holz und Seewasser tief ein, dann schaute er sich um. In dem fensterlosen Schuppen nahm er nur die Umrisse wahr, doch er erkannte es sofort wieder, sein geliebtes Segelboot, Gefährte seit seiner Bubenzeit. Es schaukelte kaum merklich im seichten Gewässer. Stille breitete sich in ihm aus. Und in dieser Stille hörte er, wie es von weit her herannahte, das Geheul und Gebrüll, mit dem sich seine ganze Empörung, seine maßlose Enttäuschung über den unvorstellbaren Verrat des Vaters, über die eigene unvorstellbare Dummheit, ihm geglaubt zu haben, entladen würde.
    Er sprang in das Boot, stieß sich hastig an den Holzwänden ab und aus dem engen Gehäuse des Schuppens hinaus. In Windeseile hatte er die Segel gesetzt und ließ das Boot über den See hinwegfliegen. Weit draußen holte es ihn dann ein, das mörderische Geheul, packte ihn, brach aus ihm heraus. Franz hatte selbst nicht gewusst, welche Kräfte sich seiner bemächtigen konnten, jetzt spürte er, es waren dieselben, die ihn einst gläubig und überzeugt sein, die ihn hatten kämpfen lassen. Während es draußen auf dem See aus ihm heraus heulte, brüllte und schrie, konnte er das Boot nicht mehr steuern, es legte sich quer und dann schlugen die Wellen über ihm zusammen, er kenterte. Später erschien ihm dieses Kentern, durch das er beinahe ertrunken wäre, wie seine Rettung, denn nun musste er mit den vertrauten Elementen seiner Kindheit kämpfen, mit dem Wind und den Wellen, die ihn einst stark gemacht hatten.
    Als sich nach vielen aussichtslos erscheinenden Manövern das Boot wieder aufrichten ließ, mit einem Satz in den Wind sprang und durch das Wasser schnellte, da erwachte der alte Kampfgeist in Franz, allein seine Ziele hatten sich verändert.
    »Ich werde eine Familie gründen«, schrie er in den Wind, »und Kinder haben«, versprach er, »drei oder fünf oder auch zehn Kinder«, zählte er auf, »um die Lücken zu füllen, die die Toten hinterlassen haben.« Dann hob er die Faust wie zum Schwur: »Und ich werde das Zerstörte neu aufbauen!«
    Das Boot schoss vom Wind getrieben über den See, Franz wurde nicht müde, es mit immer gewagteren Wendemanövern hin und her

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