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Goldmacher (German Edition)

Goldmacher (German Edition)

Titel: Goldmacher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisela Stelly
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Kumpels nur geliehen bekommen, muss es wieder zurückgeben«, sagte er und beobachtete Anton, wie er um das Buch, das er auf den Tisch zurückgelegt hatte, herumschlich.
    »Ist ein heißer Tipp von mir, das musst du zugeben«, meinte Hans-Ulrich schließlich, »würde mich selber interessieren, mal wieder reinzuschauen, jetzt, wo wir wissen, wie sein Kampf ausgegangen ist und wir alle k. o. sind«, er lachte wieder leise meckernd vor sich hin, nahm einen weiteren Schluck aus dem Fläschchen, bevor er es zuschraubte und zurück in seine Jackentasche steckte, drückte dann den Zigarettenstummel aus: »Wenn du mich fragst, erklärt sich die Sache viel einfacher, als man denkt, sie war einfach ansteckend.«
    »Ansteckend?«
    »Ja, ansteckend. Hab’s selber erlebt, ich bin ja auch angesteckt worden, ich wollte so sein wie alle anderen, hab vielleicht gar nicht unbedingt mitgemacht, sondern einfach nur nachgemacht.« Hans-Ulrich stand auf. »Ich muss jetzt gehen, Englischkurs, wünsch dir auch ’ne interessante Weiterbildung, aber lass dich nicht dabei erwischen.«
    Anton hätte »Mein Kampf« am liebsten ins Sackleinen zurückverpackt und Hans-Ulrich gebeten, das Päckchen wieder mitzunehmen, er fühlte sich unwohl in Anwesenheit dieses Teufelswerks, aber der Chronist in ihm gewann die Oberhand, und er bedankte sich. Sann dann, Hans-Ulrich war gegangen, über die Ansteckung nach, wie Hans-Ulrich das allgemeine Mitmachen, das er nur nachgemacht habe, genannt hatte. War die ganze Geschichte nur eine ansteckende Krankheit gewesen? Eine Mode, die eben jeder mitgemacht hatte? Anton geriet ins Grübeln.
    Eine ganze Weile ließ Anton sie unangetastet auf dem Tisch liegen, die Bibel der Bewegung, die Urquelle, die Gründungslegende. Er hatte das Buch wieder in das Sackleinen verpackt, es aber nicht verschnürt. Bis zu dem Tag, an dem Judith ihn in der Mittagspause in der Kommandantur aufsuchte und ihn überredete, sie ins Gemeindehaus zu begleiten, sie müsse mit ihm sprechen.
    »Du willst dich doch nicht etwa verloben?!«, fragte Anton. »Das erlaube ich nicht!«, sagte er gleich wie im Scherz, war aber durchaus in der Stimmung, jeden Kandidaten zu verprellen.
    Judith lachte und schüttelte errötend den Kopf.
    In dem kleinen Saal des Gemeindehauses setzten sie sich auf eine Bank. Judith hatte belegte Brote mitgebracht und in der Thermoskanne heißen Tee. Auf einem Küchentuch breitete sie die Schätze aus.
    »Die Engländer sagen dazu lunch, stimmt’s? Oder sagt man Picknick dazu? Bedien dich«, forderte sie Anton auf. Er entschied sich für ein Leberwurstbrot.
    »Du solltest nicht mehr länger für Officer Simon arbeiten, du verschwendest dein Talent«, begann sie dann unvermittelt und weihte ihn in ihren Plan ein, wie er von der Kirchengemeinde eine finanzielle Unterstützung für ein Studium bekommen könne, er müsse nur hier im Saal hin und wieder aus seinem Werk vorlesen, das habe sie mit dem Pfarrer so besprochen, ihn habe der Prolog über den Wunderglauben nämlich sehr interessiert.
    Gewiss wolle der Pfarrer vor allem sicherstellen, dass nur die katholische Kirche die Verwalterin von Wundern sei, dazu sei er aber nicht bereit, sagte Anton, doch vor allem sei alles, was er bisher geschrieben habe, mehr Dichtung als Wahrheit, ach was, reine Spekulation, ihm fehle der Zugang zu Quellen.
    »Du hast keine Ausbildung, die brauchst du aber, wenn du den Untergang vollenden willst, und ich will, dass du ihn zu Ende bringst«, sagte Judith entschieden. Er aber blieb zweifelnd.
    Nach dem Lunch setzte Anton seine Arbeit fort, dachte jedoch über Judiths Behauptung nach, er würde mit den Übertragungen für Officer Simon sein Talent vergeuden. Und nun erwachte sein Ehrgeiz. Der war durch die mühsame Suche nach Zeugnissen und Zeitzeugen, nach authentischen Aufzeichnungen und Dokumenten, nach Augenzeugenberichten und was immer er sonst alles brauchte, um eine detaillierte, möglichst alles umfassende Chronik über den Untergang nach der Methode des großen Thukydides zu schreiben, einigermaßen gedämpft worden.
    Als er dann am Abend in seinem Zimmer das in Sackleinen verpackte Buch, die Bibel der Bewegung, Urquelle und Gründungslegende zugleich, auf dem Tisch liegen sah, griff er danach und entfernte die Verpackung.
    Das Buch sah tatsächlich aus wie die Bibel, gleiches Format, gleicher Einband, gleiche Schrift in Gold, nur ein anderer Titel. Wie jedes Brautpaar hatte auch Ruth damals nach ihrer Trauung vom Standesbeamten

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