Goldmarie auf Wolke 7
Auslagen der Geschäfte, die Weihnachtsdekoration an den Fenstern und Balkonen und die Lichterketten in einigen Bäumen. Nur noch vierzehn Tage, dann war Heiligabend. Und ich hatte immer noch keine Ahnung, womit ich Dylan eine Freude machen konnte. Wenigstens hatte ich, bis auf Kleinigkeiten, schon alles für Kathrin, Lykke, Julia und Finchen zusammen. Irgendwie hatte ich auch Lust, Nives etwas zu schenken. Nur was?
Neugierig öffnete ich das Tor zu einer Passage im Hinterhof der Langen Reihe. Schon von Weitem hörte man Musik, als ob statt eines Shootings vielmehr eine Party im Gange wäre. Als ich am Eingang des Ateliers klingelte, öffnete mir ein blondes, hübsches Mädchen, das sich als »Cynthia« vorstellte. Sie brachte mich zu Dylan, der gerade dabei war, ein knallrotes Sofa zu fotografieren, dass die Form eines Kussmundes hatte. Ich stellte mich hinter ihn und beobachtete, wie er die Kamera einstellte und Anweisungen gab, als das Model, ein interessant aussehender Typ mit Glatze, sich darauf setzte. »Das ist Gernot, genannt GG«, flüsterte Cynthia, die neben mir stand. »Hast du seine neue Kollektion schon gesehen? Er hat sehr viel mit Street-Art-Motiven gearbeitet und jetzt sind seine Arbeiten mit einem Preis ausgezeichnet worden.« Ich musste schmunzeln. Cynthia klang unglaublich stolz, als sie das erzählte. Doch so wie GG auf mich wirkte, war er wohl kaum ihr Freund. Ich tippte eher darauf, dass er auf Männer stand. Nachdem die Aufnahmen beendet waren, legte Dylan seine Kamera beiseite und gab mir einen Kuss: »Hey, babe, da bist du ja endlich. Magst du was trinken?« Cynthia hielt mir ein Tablett mit Gläsern voll Apérol Sprizz entgegen, doch ich winkte ab. »Ich trinke keinen Alkohol. Habt ihr vielleicht auch etwas anderes? Ich nehme auch gern Leitungswasser.«
»Ah, eine junge Dame mit Prinzipien«, zwinkerte GG und küsste mich links und rechts auf die Wange. »Du bist also Dylans Liebchen. Schau an, schau an, da hat er aber ein wunderschönes Mädchen gefunden!« Ich fühlte mich geschmeichelt und Dylan zog mich noch fester an sich. »Es sind weniger Prinzipien, als dass ich einfach keinen Alkohol mag. Er ist mir … irgendwie unheimlich …« OMG – was hatte ich denn jetzt wieder gesagt? Gerade zwischen all diesen
hippen Leuten musste ich wirken wie die totale Spießerin! »Man sollte gerade diese süßen Mixgetränke keinesfalls unterschätzen. Magst du vielleicht eine Bionade?«, sprang Cynthia mir bei und nahm mir damit sofort meine Unsicherheit. »Und Alkohol ist auch gar nicht gut für den Teint«, stimmte GG zu, nippte aber dennoch an seinem Glas. »Aber heute habe ich einen Grund zum Feiern. Okay, ihr Lieben, dann würde ich mal sagen: Der Job ist gemacht, jetzt kann die Party beginnen. Leopold? Alles klar mit dem Büffet?« Leopold (ein Schuhdesigner, wie Cynthia mir erklärte) nickte und winkte die Gäste Richtung Küche, wo auf dem Herd eine köstlich duftende indische Linsensuppe köchelte. Dylan machte mich mit ihm und zwei anderen Typen bekannt, der eine Journalist, der andere vom Fernsehen. Nachdem wir gegessen hatten, zeigte Cynthia mir GGs Kollektion und ich verliebte mich sofort in ein Shirt, auf dem ein pinkfarbener Stern mit roten Flügeln abgebildet war. »Das Motiv stammt übrigens von mir«, erklärte sie und nun sah ich denselben Stolz in ihren Augen aufflackern, den sie zuvor für ihren besten Freund gezeigt hatte. »So wie es aussieht, geht das Ganze bald in Serie, dann ist es auch einigermaßen bezahlbar.«
Nach dem Essen schlenderten Dylan und ich Arm in Arm die Lange Reihe hinunter, sahen uns die Schaufensterauslagen an und unterhielten uns über GG, Cynthia und die anderen. »Gibt es eigentlich irgendetwas, das du nicht kannst?«, fragte ich, als wir uns auf einen Absacker in das Café Central setzten. Dylan ließ seine Digitalkamera sinken, auf der wir uns gerade die Bilder des Shootings angeschaut hatten, die unglaublich gut geworden waren. »Was soll das denn heißen? Das klingt ja so, als sei ich eine Art Superman. Nur weil ich ein bisschen knipsen kann? Und natürlich thailändisch kochen, nicht zu vergessen losen Basmati-Reis, meine absolute Spezialität!«
Ich grinste und dann fiel mir die Haarspange ein, die in seinem Bad hinter dem Schränkchen lag. Vor lauter Verliebtheit hatte ich die Sache mit der Andreasnacht vollkommen vergessen. (Oder verdrängt?!)
»Ich meine ja nur, weil du auch noch so toll singen kannst. Und weißt, wo man in Hamburg
Weitere Kostenlose Bücher