Goldmarie auf Wolke 7
Joints vor mir auf und ab getanzt waren und gesungen hatten: »Wir tun nichts, wir tun nichts, wir wollen nur spielen!« Ich beschloss, mich der Englisch-Lektüre zu widmen und mich damit abzulenken. Dylan würde sich nachher melden und dann würde es umso schöner sein, wenn wir uns trafen. Schließlich war keiner gut gelaunt, wenn er unausgeschlafen war. ICH auch nicht.
Um zwei Uhr begann ich, unruhig zu werden und auf mein Handy zu starren. Wollte Dylan den ganzen Tag lang schlafen?
Um drei überlegte ich, mich noch einmal bei ihm zu melden, doch ich entschied mich schließlich dagegen. Konnte ja sein, dass er bereits mit GG über die Bilder sprach, schließlich war das ja ein eiliger Auftrag gewesen.
Außerdem hatten wir für den heutigen Tag auch nichts Konkretes vereinbart. Ich war nur automatisch davon ausgegangen, dass wir uns sehen würden.
Weil ich mich so sehr nach ihm sehnte.
Und weil ich natürlich davon ausging, dass es ihm genauso ging.
Als es um kurz vor vier dunkel wurde, war klar, dass ich meine Pläne begraben konnte. Zumindest was den kleinen Ausflug an die Elbe betraf.
Verdammt!
Warum rief Dylan nicht an?
»Nun dreh doch nicht gleich durch, bloß weil der arme Junge ausnahmsweise mal am Sonntag zu tun hat. Was ist denn los mit dir, Marie, du bist doch sonst nicht so?«, versuchte Julia, mich zu beruhigen, als ich schließlich völlig entnervt bei ihr anrief. Wie konnte ich ihr klarmachen, warum ich plötzlich so ein komisches Gefühl im Bauch hatte, das ich mir selbst nicht erklären konnte. So, als hätte der gestrige Abend – warum auch immer – alles zwischen Dylan und mir verändert. »Marie, Marie, bist du noch dran? Magst du vorbeikommen oder ich zu dir? Wir könnten Coyote Ugly schauen und uns mit Chips und dem Stollen vollstopfen, den Ma heute gebacken hat.« Ausnahmsweise reizte mich Jules Vorschlag nicht die Bohne. Ich wollte DYLAN sehen und niemanden sonst! »Du weißt doch, dass ich keinen Stollen mag«, quakte ich. »Der ist staubtrocken, man kaut auf Rosinen und diesem ekligen Fruchtzeugs herum und steht am Ende ohne seine Zahnplomben da.«
»Dann suhl dich eben in deinem Selbstmitleid, du Maultasche«, kam es ungerührt vom anderen Ende der Leitung zurück. »Ich wollte dich nur aufheitern.« Sofort fing ich an, mich schlecht zu fühlen. Im Übrigen war es bestimmt nicht ganz uncool, wenn ich etwas anderes vorhatte, falls Dylan später noch anrief. Ich konnte mein Handy ausschalten, dann würde er merken, dass ich nicht den ganzen Nachmittag auf ihn wartete, wenn er es vorzog, sich nicht zu melden. Und wenn ich zu Jule fuhr, war ich auch nicht daheim, falls er es auf dem Festnetz versuchte. »Okay, ich hab’s mir anders überlegt! Ich pack die DVD in die Tasche, besorge Chips an der Tankstelle und bin in einer halben Stunde bei dir.« Julia lachte. »Na, das klingt doch schon viel eher nach der Marie, wie ich sie kenne. Dann also bis gleich. Elric wird sich freuen, dich zu sehen.«
Ich sammelte den Film, meine Wohlfühl-Frotteesocken und ein Buch ein, das ich Finja geben wollte. Dann stürmte ich in Kathrins Zimmer, die gerade dabei war, Lykke die Haare zu schneiden (!!!), und rief: »Ich fahr noch zu Jule. Falls jemand für mich anrufen sollte: Ich bin NICHT daheim und ihr wisst weder, WO ich bin, noch, WANN ich wiederkomme, okay?«
»Okay«, antworteten Kathrin und Lykke im Chor und machten dabei fragende Gesichter. Dann stürmte ich aus der Wohnung.
Knapp zwei Stunden später saßen Julia und ich tränenüberströmt vor dem DVD-Player, als Piper Perabo, alias Violet, auf der Bühne stand und ihren selbst geschriebenen Song Can’t fight the moonlight sang, den wir natürlich beide in- und auswendig kannten. Als der Film zu Ende war, schaute Julia mich fragend an und ich wusste genau, was sie meinte, also nickte ich stumm. Jule holte zwei Mikros der Sing Star Station aus dem Schrank, stellte den CD-Player an und schon begannen wir beide, lauthals zu singen:
There’s no escape from love
Once a gentle breeze
Weaves it’s spell upon your heart
No matter what you think
It won’t be too long
Til your in my arms
Underneath the starlight – starlight
We’ll be lost in the rhythm – so right
Feel it steal your heart tonight
»Darf ich auch mitmachen?«, ertönte auf einmal Finjas helles Stimmchen, während sie uns beiden begeistert zusah und in die Hände klatschte.
Wir nahmen sie in unsere Mitte und tanzten den ganzen Abend, als seien wir selbst Coyoten, die auf
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