Goldmarie auf Wolke 7
jetzt auch mit diesem Irenzusammen.«
Warum nannte eigentlich alle Welt Dylan nur den Iren?!
Mein Freund hatte einen Namen, und zwar einen ganz wundervollen! »Und wie war’s?«, wollte ich wissen, obwohl Lykkes Gesichtsausdruck Bände sprach. Außerdem sah sie heute irgendwie anders aus. So … ausgeruht und frisch … sie hatte sich tatsächlich die Haare heller gefärbt und trug ein pastelliges Make-up, anstatt des schwarzen Kajal-Balkens. »Ich glaube, das mit ihm könnte was werden«, sagte Lykke scheinbar mehr zu sich selbst als zu mir. »Ich liebe seine fröhliche, offene Art. Außerdem kann man ganz toll mit ihm reden. Ihn interessiert sogar die Sache mit Ludmilla und er hat versprochen, mir zu helfen.« Und was wollte Sören da tun? Ein Stück Kuchen essen und anschließend seinen Mageninhalt untersuchen lassen? »Wir waren nach dem Film noch in seinem Lieblingscafé Die Herren Simpel und haben uns dort in die Flugzeugsitze gehockt, Bailey’s getrunken und von fernen Ländern geschwärmt. Und dann …«
Halt! Stopp! Das war mir eindeutig zu viel Gequassel am frühen Morgen. Lykke redete wie ein Wasserfall und würde vermutlich erst aufhören, wenn ich den Haupthahn abdrehte. Das war doch nicht normal. Ich konnte mich jedenfalls nicht daran erinnern, Julia so dermaßen mit Dylan zugetextet zu haben. Oder doch? Eine Frage interessierte mich allerdings brennend. »Hat er dich denn schon geküsst?« Nun wurde meine Schwester – auch DAS war neu! – rot wie eine Kirschtomate. Sie senkte den Kopf und murmelte Ja, womit der ultimative Beweis erbracht war, dass Sören mich genauso wenig anziehend gefunden hatte wie ich ihn. Schließlich hatte er nach meinem Besuch in der Zwergen-WG keinerlei Anstalten in dieser Richtung gemacht. »Guten Morgen, meine beiden Hübschen, wie geht es euch heute?« Kathrin war, ohne dass ich es bemerkt hatte, in der Küche aufgetaucht und hantierte nun an der Kaffeemaschine herum. »Ihr unterhaltet euch ja richtig angeregt. Darf man fragen, worum es geht?« Ich schnappte mir ein Croissant und bestrich es mit Nutella. Von MIR würde sie auf keinen Fall etwas erfahren. »Ich habe Marie gerade von meinem himmlischen Date mit Sören erzählt. Nicht wahr, Mum, er hat dir doch auch gefallen?« Und schon wieder drohte mir etwas herunterzufallen. Wer hätte gedacht, dass Lykke so locker mit diesem Thema umgehen würde? Ich hätte schwören können, dass sie das alles für sich behalten und alleine in ihrem dunklen Zimmerloch vor sich hin träumen wollte. Tssss …
Kathrin runzelte die Stirn. »Sören, Sören … ist das nicht dieser junge Mann, der Marie nach dem Konzert nach Hause gebracht und mir so gute Tipps gegen Migräne gegeben hat?« Ich grinste vor mich hin, denn Kathrin tat gerade so, als würden hier tagtäglich Massen von Typen ein und aus gehen. Lykke nickte strahlend und ich beschloss, die beiden alleine zu lassen. Schließlich war ich satt und eigentlich nicht in Stimmung, noch mehr zu hören. Außerdem musste ich noch etwas für die Schule tun, die ich in letzter Zeit ein klitzekleines bisschen vernachlässigt hatte. Oder ich würde stattdessen Dylan anrufen, um ihm einen guten Morgen zu wünschen. Au ja!
»O’Noonan«, krächzte es mir entgegen und ich war irritiert. Dylan hörte sich an, als hätte er Grippe. »Hi, hier ist Marie. Alles klar bei dir?« Es dauerte einen Moment, bis ich eine Antwort erhielt, und die war auch nicht gerade dynamischer. »Erde an Dylan. Ist alles in Ordnung? Du klingst so merkwürdig.« Wieder eine kleine Pause. Komisch! Normalerweise freute er sich, wenn ich anrief. »Alles gut, Marie, alles gut. Du hast mich nur geweckt«, kam es schließlich mit nicht minder kratziger Stimme. Ich schaute auf die Uhr, es war kurz vor halb elf. Normalerweise gehörte er zu den Frühaufstehern. Aber dann fiel es mir wieder ein: Dylan hatte schließlich heute Nacht die Fotos des Shootings bearbeitet. »Dann leg dich wieder hin und vergiss, dass ich dich gestört habe. Meld dich einfach später, wenn du ausgeschlafen hast. Vielleicht können wir dann ja noch ein bisschen an der Elbe spazieren gehen, bevor es dunkel wird.« Dylan murmelte etwas, das wie »Mach ich« klang, und ich drückte enttäuscht den Aus-Knopf. Nach dem gestrigen Abend sehnte ich mich ganz besonders nach seiner Nähe, schließlich hatte es mich ziemlich aufgewühlt, von meinem Vater zu erzählen. So sehr, dass ich heute Nacht Albträume gehabt hatte, in denen Whiskey-Flaschen und fette
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