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Goldmarie auf Wolke 7

Goldmarie auf Wolke 7

Titel: Goldmarie auf Wolke 7 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Engelmann
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Schlittenfahren kann und …« Dylan legte seinen Zeigefinger auf meine Lippen und machte »Pscht«, als der Kellner nach unseren Getränkewünschen fragte. »Einen doppelten Espresso bitte«, orderte Dylan und streichelte währenddessen meine Hand. Dann wandte er sich wieder mir zu und sagte: »Ich will die Fotos nachher auf den Rechner laden und bearbeiten, was unter Garantie bis weit in die Nacht hinein dauern wird.« Ich nickte. »Solange du dir keine Flasche Wodka bestellst …« Dylan grinste. »Was stört dich denn so am Alkohol? Bist du mal richtig abgestürzt? Kann ich mir bei dir ehrlich gesagt gar nicht vorstellen.«
    »Nein, das ist es nicht«, wiegelte ich ab. Sollte ich Dylan wirklich von meinem Vater erzählen? Oder war das ein zu trauriges Kapitel für einen so schönen Abend wie diesen? Doch dann beschloss ich, ehrlich zu ihm zu sein, schließlich waren wir zusammen. »Mein Vater war Musiker, er hat häufig Konzerte gegeben und dabei natürlich das eine oder andere getrunken und geraucht.« Dylan sah mich an, ohne eine Miene zu verziehen. »Er war jetzt nicht ständig sturzbetrunken oder so, aber er hat seine Nervosität meist nur mithilfe von Whiskey oder Joints in den Griff bekommen. An manchen Tagen sogar nur mit beidem zusammen. Keine Ahnung, warum er so viel Angst hatte. Er war ein toller Gitarrist und Frontman der Band Hurricane, die einige Platten herausgebracht hat und ziemlich bekannt war. Ich war sein größter Fan, bis er eines Tages …« Nein Marie, jetzt nicht weinen. Du erzählst diese Geschichte jetzt zu Ende! » … auf der Bühne zusammenbrach. Die Ärzte haben einen Hirnschlag diagnostiziert, er war auf der Stelle tot.«
    »Und warst du dabei?«, flüsterte Dylan und nahm meine Hand. »Nein, das blieb mir erspart«, flüsterte ich mit einem dicken Kloß im Hals. »Wie alt warst du denn, als das passierte?«, fragte Dylan entsetzt. »Zwölf«, hauchte ich und konnte dann doch nicht mehr an mich halten. Dylan stand auf, ging um den Tisch und setzte sich neben mich auf die Bank. Dann nahm er mich in den Arm und die Welt stand einen Augenblick still. Es tat so unendlich gut, mich an ihn zu lehnen und von ihm gehalten zu werden. Beinahe wie früher, wenn Papa mich getröstet hatte, nachdem etwas Trauriges passiert war. Ich schluchzte dennoch weiter, während Dylan immer wieder über meinen Kopf strich und flüsterte: »Wein ruhig, wenn dir das guttut. Lass es raus. Ich glaube, du hast das alles viel zu lange unterdrückt.«
    Gefühlte Lichtjahre später hatte ich das Gefühl, keinen Tropfen Flüssigkeit mehr in mir zu haben und federleicht zu sein. Ich putzte mir die Nase und gab Dylan einen Kuss. Ich nahm einen kräftigen Schluck von meiner Saftschorle und reichte sie dann an Dylan, dessen Espresso natürlich längst kalt geworden war. Zum Spaß und um die Stimmung ein bisschen aufzuheitern, meinte ich dann: »Zum Glück bist du kein Musiker, sondern Fotograf.«
    Dylan verschluckte sich und begann zu husten. »Ganz ehrlich: Ich könnte niemals mit jemandem zusammen sein, dem die Bühne alles bedeutet, der ständig auf Tour und von Fans umlagert wird, so wie das bei Paps immer war. So schön das alles war, ich würde durchdrehen. Auch wenn die Ärzte gesagt haben, dass das Aneurysma meines Vaters einfach nur eine Tragödie war und nichts mit seinem Lebensstil zu tun hatte. So richtig kann ich das, fürchte ich, bis heute nicht glauben.«

39. Marie Goldt
    (Sonntag, 11. Dezember 2011)
    Lykke und ich saßen beim Frühstück, während Kathrin noch schlief. Meine Schwester hatte sich bereiterklärt, zum Bäcker zu gehen, was bislang praktisch noch nie vorgekommen war. Ich biss gerade genussvoll in meine Laugenbrezel mit Butter, als mir einfiel, dass Lykke vorgehabt hatte, mit Sören zu telefonieren. Sollte ich sie fragen, ob sie es wirklich getan hatte, oder eher nicht? »Mir fällt gerade ein: Wolltest du nicht mal Sören anrufen?« Marie, du dumme Kuh. Das geht jetzt im Zweifelsfall komplett nach hinten los! Doch anstatt einen dummen Spruch abzulassen oder mich anzumachen, grinste Lykke von einem Ohr zum anderen. »Wir waren Freitagabend im Kino«, erklärte sie in einem Ton, als sei es das Normalste der Welt, sich mit jemandem zu treffen, mit dem ich noch vor Kurzem Händchen haltend Schlittschuh gelaufen war. Mir fiel beinahe die Brezel aus dem Mund. »Du brauchst gar nicht zu gucken wie ein Auto. Schließlich hast du neulich gesagt, dass du kein Problem damit hast. Und du bist doch

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