Goldmond
schmalen Fluss und einigen künstlich angelegten Kanälen grün. Mitten in den Hainen aus Rekar- und Ölfruchtbäumen erhob sich ein kleinerer Tafelberg aus rötlichem Gestein. Eine dunkle Wolke schwebte darüber, während der Rest des Tals im Licht beider Sonnen lag, und verlieh dem Berg etwas Bedrohliches. Dennoch wirkte die Ansiedlung darunter so friedlich, dass Sinan sich fragte, wie die Witwe Tarinds so frevelhaft sein konnte, hierher ein Heer zu schicken.
Nun, Sinan hatte Tarind gut genug kennengelernt, um zu wissen, wie grausam und rücksichtslos er sein konnte. Es gab keine Veranlassung zu glauben, seine Witwe – die auch die Schwester des Generals war, der geholfen hatte, Sinans Familie und die Mönche des Abends abzuschlachten – sei anders.
Der Hauptmann blieb nun stehen und wartete darauf, dass Sinan mit seinem Reittier zu ihm aufschloss. »Von den Truppen der Elbenkönigin ist noch nichts zu sehen«, sagte er. »Wir haben aber sicher nicht mehr viel Zeit. Willst du uns wirklich folgen?«
Sinan grinste. »Ich ziehe gewiss nicht alleine nach Farokant zurück. Ich muss schon allein deshalb in den Tempel, weil ich kaum noch Wasser habe.«
Der Hauptmann nickte. »Du warst ein angenehmer Reisegefährte. Ich weiß nicht, was du im Tempel zu tun wünschst, aberich würde mich freuen, wenn du dich uns auf unserer Reise nach Sirakand anschließen würdest.«
Sinan schüttelte bedauernd den Kopf. »Diese Freude wäre auf meiner Seite. Aber ich nehme an, du wirst noch in der Nacht weiter wollen.«
»Wahrscheinlich, aber spätestens morgen früh mit Aufgang der Weißen Sonne.«
Der Mann schwang sich wieder auf den Rücken seines Unguli und trieb es mit der kleinen Rute an, die dafür am Sattelknauf hing.
»Wir werden heute Abend noch einen Krug kurimis auf unsere Bekanntschaft leeren, Schmied!«, rief er Sinan über die Schulter zu, während er den Abhang hinunter in die Ebene ritt.
Sinan nickte. Je tiefer er selbst nun in das Tal hinunterritt, in dem sich das Dorf um den Tempel herum befand, desto mehr Details konnte er ausmachen. Die Bewohner der Ansiedlung bestellten den Boden, der dank eines großen Sees, der sich etwas unterhalb seiner eigenen Position befand, recht fruchtbar zu sein schien. Als Abfluss des Sees diente ein Wasserfall, der am Boden des Tals zu einem Fluss wurde. Dieser wand sich durch Felder von goldfarbener Hirse und ein paar Haine mit knorrigen Rekarbäumen, dann verschwand er zwischen den Bergen. Als Sinan nachdachte, fiel ihm ein, dass dieser See und der Fluss wohl die Quellen des Cortaron waren, der erst das südliche Entarat, dann das Sumpfland Hellor durchquerte, um schließlich zwischen den Urwäldern von Mundess und den Atollen von Undori ins Östliche Meer zu fließen.
Von hier oben aus war der Cortaron kaum mehr als ein schmaler Kanal, an dem die Hütten der Bauern und Handwerker standen, die wohl auch die Shisans und Priester des Syth versorgten.
Als Sinan nun den Soldaten weiter den Weg ins Tal hinab folgte, hielt er nach dem Tempel der Tiefe Ausschau. Er hatte einen großen Palast erwartet, einen Gebäudekomplex, der vieles, wenn nicht sogar alles übertraf, was er bisher gesehen hatte. Dochdas Einzige, was er außer den lehmfarbenen, hingewürfelt wirkenden Häusern im Licht der Roten Sonne ausmachen konnte, war die Fassade eines Hauses, einer Villa vielleicht, die sich etwas über dem festen Sandsteinsockel des Tafelbergs befand und die so auch in Bandothi hätte stehen können. Die Front dieser Villa bestand aus unzähligen Erkern, die ausschließlich aus filigranem Maßwerk bestanden und die man – auch das sah Sinan erst auf den zweiten Blick – aus dem rosig leuchtenden Kalkstein des Berges selbst geschlagen hatte. Es sah aus, als habe man einen Palast gebaut und beinahe vollständig im Berg versteckt, und obwohl die Fassade des Gebäudes an Pracht nichts zu wünschen übrig ließ, schien es Sinan für einen Tempel seltsam klein.
Es kostete Mühe, sich damit zu vertrösten, dass er das Geheimnis dieses Heiligtums wohl früh genug lüften würde. Er verschob also seine Neugier auf später und folgte dem Hauptmann und seinen Männern in eine der wenigen Tavernen, die auch Händlern und Gästen eine Gelegenheit zur Übernachtung boten. Sinan war mittlerweile nicht mehr überrascht, dass sich die Bewohner dieses Dorfes als offenherzig erwiesen und ihn und die Männer des Zaranthen freundlich aufnahmen.
Sinan ließ den Hauptmann allein, dieser musste Vorräte
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