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Goldmond

Goldmond

Titel: Goldmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Picard
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Aussehen ihn an die Kriegerrüstung seines Vaters Siwanon erinnerte. Das Gesicht des Syth war ihm zugewandt und schien zu lächeln, als habe er Sinan erwartet. Seine angewinkelteSchildhand, die sich den mehrfach geflochtenen Bart vor der Brust fortstrich, schien Sinan zusätzlich einzuladen näherzutreten.
    Vorsichtig sah Sinan sich um und ging dichter an das Standbild heran. Jetzt erkannte er, dass der Garten, den man um die Statue herum angelegt hatte, ein Abbild nicht nur der Wüste Solifes wie in Farokant war, sondern der Welt selbst. Syth stand in der Mitte der Landschaften, man sah im Westen Guzar mit dem Saphirmeer, im Osten das Große Meer und die Grassteppen von Nisanti und im Norden die Zendarberge mit den flachen Eisebenen von Kantis darüber. Auch hier waren Schalen mit Steinen, mit Pflanzen und vereinfachten Gegenständen aus Holz und anderen Werkstoffen aufgestellt, sodass Gläubige wählen konnten, wie sie die Landschaft zu Ehren des Syth verändern wollten.
    Sinan nahm einen polierten Sonnenstein, legte ihn auf die Stelle, an der in der echten Welt der Tempel des Westens gelegen hatte, und überlegte, was er anderntags zu dieser Landschaft beisteuern konnte. Es erschien ihm als Schmied angemessen, etwas hierherzubringen, das er mit seiner eigenen Hände Arbeit hergestellt hatte.
    Er wandte sich den Wänden der Halle zu. Sie waren nicht bemalt, wie das meist üblich war in den Häusern, die man den Schöpfergeistern widmete, sondern mit Reliefs aus unterschiedlichen Sorten Stein geschmückt.
    Sie erzählten von der Schöpfung der Welt, zeigten Ys und Syth, wie sie miteinander stritten, aber auch, wie sie sich liebten und wie aus ihren Energien, ihren Kräften die Länder und Berge, die Meere und Flüsse entstanden waren.
    Langsam begannen auch Gesänge und Gebete an Sinans Ohr zu branden. Und nicht nur das, ihm war, als höre er Schläge, die Schläge eines Hammers, der ein Werkstück auf dem Amboss unter sich bearbeitete. Es klang vertraut wie sein eigener Herzschlag. Der Geruch von verbrannten Gewürzen stieg ihm in die Nase. Das Abendlicht draußen war verblasst, doch erst jetzt fielSinan auf, dass die Halle ein Dach mit mehreren Öffnungen hatte, die zuließen, dass das Licht der Gestirne auf die Statue des Schöpfergeistes fiel. Hatte sie zuvor noch rötlich geleuchtet, als sei sie aus Kupfer, schimmerte sie jetzt blassgolden und zeigte an, dass Vanar und wahrscheinlich auch sein Zwillingsmond aufgegangen waren.
    Die Kunstfertigkeit, die in die Konstruktion der Halle eingeflossen war, schien Sinan so perfekt, dass er kein Verlangen spürte, das Gebäude je wieder zu verlassen. Ihm war, als sei er nach Hause gekommen.
    Er betrachtete weiter die Wände, deren Bilder ihm Geschichten aus einer vergangenen Zeit erzählten. Schließlich fiel sein Blick auf einen bärtigen Mann, einen Menschen offenbar, dessen Haar in Filzlocken gelegt war, die er zu einem Knoten auf dem Haupt gewunden hatte. Die Strähnen waren so dick, dass sie stachelig wie ein Igel aus dem dunklen Haarknoten hervorragten. Die Augen des Mannes dagegen erinnerten Sinan an die seines Gefährten Mojisola: Sie bestanden aus einem gelblichen Granit, das rote Einsprengsel besaß.
    Doch am beeindruckendsten empfand Sinan den Amboss, vor dem dieser Mann stand. Mit kraftvollen Schlägen hämmerte er auf ein rotglühendes Werkstück ein, ein Schwert, wie Sinan erkannte. Jetzt wusste er auch, wer der Schmied war: Vakaran. Das Bild selbst wurde von dem Licht angeleuchtet, das nun durch die Öffnung in der Decke fiel. Das kühle Gold der Strahlen schien Sinan seltsam unpassend für die Arbeit eines Schmiedes, und doch angemessen. Immerhin war das Schwert, das der Schmied schuf, für Telarat den Heiler bestimmt.
    Leise stimmte Sinan das Lied an, das Ronan für ihn auf einer Waldlichtung gesungen hatte. Es war das Lied von Meister Vakaran, der einst die ganze Magie seiner Seele in die Fertigung eines Schwertes gelegt hatte, das er einem Elbenherrscher schenken wollte.
    »Eine schöne Legende.«
    »Ist es eine?«, fragte Sinan den Sprecher, ohne zu überlegen.
    Er wandte sich um – und blickte zu seiner Überraschung Varashti ins Gesicht.
    »Es ist mir eine Freude, dich wiederzusehen, Schmied.«
    Er verneigte sich. »Das gilt auch für mich, Shisani.«
    Er überlegte, wie sie so schnell hergekommen sein mochte. Doch dann fiel ihm ein, dass zwischen seinem letzten Besuch in ihrem Tempel in Farokant und dem Tag seiner Abreise über sechs Tage gelegen

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