Goldmond
besorgen und Wasser. Er selbst begann sich nach Schmieden umzusehen, bei denen er etwas über die Künste derer erfahren konnte, die dem Syth dienten. So war es im Tempel des Westens gewesen. Die Shisans selbst hatten die magische Kunst der Erzbearbeitung gelehrt, aber viele Schmiede hatten sich in den kleinen Ortschaften unterhalb des Klosters angesiedelt.
Sinan fand zu seiner Überraschung lediglich zwei Werkstätten, in denen auch nur das alltäglich in Gebrauch befindliche Gerät der Menschen gemacht oder repariert wurde. Sie sahen kaum anders aus als die Esse Niavashs in Farokant.
Als er einen der Schmiede, der gerade seinen Amboss reinigte, auf diesen Umstand ansprach, verwies dieser ihn auf den Palast der Tiefe. Dort, unter dem Heiligtum, im Berg selbst, befändensich die Werkstätten des Schöpfergeistes der Veränderung, wo die Erze und Mineralien der Erde gewandelt und Gegenstände aus Stein und Kristallen gefertigt würden, aus denen die Welt bestand.
Der Mann sagte es nicht, aber Sinan wurde bei seinen Worten klar, dass die Menschen hier derartige Arbeiten als eine heilige Handlung begriffen. Sie wurde von den Shisans der Schöpfergeister ausgeführt, denen, die die Magie, leblosen Stein zu verändern, als Geschenk erhalten hatten. Als der Mann, mit dem Sinan sprach, erkannte, dass ein geweihter Schmied vor ihm stand, verneigte er sich ehrfürchtig, sprach ihn als Shisan an und bat um seinen Segen.
Sinan erteilte ihn und machte sich auf den Weg zum Tempel. Er befand sich nicht weit von der Ansiedlung entfernt. Sinan hatte ihn über einen gut ausgebauten und gepflasterten Weg bald erreicht. Er war gewunden und bestand aus vielen Stufen, die bergauf führten. Offenbar sollte es nicht einfach sein, sich einem der beiden Schöpfer der Welt zu nähern.
Stumm vor Staunen hielt Sinan schließlich vor der Fassade inne, die nun, da er davorstand, wesentlich größer wirkte als vom Tal aus. Man hatte ihr bereits aus der Ferne angesehen, dass hier nicht nur einfach Steinmetze oder Arbeiter am Werk gewesen waren, sondern Magier. Der Stein war so wundervoll, so glatt bearbeitet, dass Sinan, der wusste, was Übung und Meisterschaft erreichen konnten, auf der Stelle bereit war zu glauben, Akusu selbst habe seinem Vater vor undenklichen Zeiten mit diesem Haus ein Denkmal gesetzt. Reliefs, Einlegearbeiten, Maßwerk und Gitter wechselten einander ab, zeigten jede nur erdenkliche Steinstruktur und -farbe und nutzten sie zur Darstellung der vier Schöpfergeister. Blüten und Pflanzen rankten an den Streben hoch, so naturgetreu nachgebildet, dass Sinan versucht war, an den Orchar- und Raqorblumen zu riechen. Selbst empfindliches Gewächs, wie es nur in den Hochwäldern von Norad vorkam, war hier aus grün geädertem Marmor so nachgebildet, dass esvollkommen echt wirkte. Als er die Relieffiguren des Akusu und seines Zwillings berührte, die rechts und links des Eingangs standen, erwartete er, statt Marmor die Falten ihrer Gewänder unter den Fingern zu spüren und den Wind auf den Wangen zu fühlen, der die Stoffe zum Wehen brachte.
Das war die Kunst der Erde, des Feuers und ihrer Veränderung in höchster Vollendung.
Sinan schlug das Zeichen des Syth und verneigte sich, dann betrat er das Heiligtum durch einen Seiteneingang. Es schien ihm nicht angemessen, den gewaltigen Haupteingang zu benutzen, der ein Tor bildete, dessen Höhe mehrere Klafter betrug. Wenn der Schmied im Dorf recht behielt – und daran zweifelte Sinan nicht mehr –, würde er hier die Schmiede finden, die ihm helfen konnten.
Als er über die Schwelle trat, wurde es abrupt kühler und dunkler, obwohl noch viel Licht durch die Erker aus Maßwerk hineinfiel und das Innere von unzähligen Kohlenbecken und Lampen erhellt wurde. Es gab keine lodernden Fackeln, die Wände waren behängt mit Laternen, deren Fenster aus buntem Glas bestanden.
Die Fassade, so prachtvoll sie war, hatte ihn nicht auf das vorbereitet, was sie verbarg. Die Halle, die sich vor ihm ausbreitete, war über alle Maßen groß. Sinan hätte wetten mögen, dass selbst das kastron der Feste Bathkor über Bandothi Platz darin gefunden hätte.
In der Mitte des Saals stand eine riesenhafte Statue. Sie glich der des Syth im Tempel von Farokant. Auch hier war sie von einem Garten umgeben, der einer Landschaft glich, doch das Haupt des Schöpfergeistes befand sich mehr als sechs Klafter über dem Betrachter.
Erneut verneigte sich Sinan vor dem Steinbild des Schöpfergeistes, dessen
Weitere Kostenlose Bücher