Goldmond
Grund, warum Ihr des Tags hier heraufkamt?«, fragte sie jetzt in diese Gedanken hinein. »Ich will Euch nicht davon abhalten, Euch von der Leibwache zu verabschieden, die Euer Onkel uns mitgab. Wahrscheinlich ist es für eine lange Zeit das letzte Mal, dass Ihr mit Euresgleichen zu tun haben werdet.«
»Wer sagt Euch, dass ich das Bedürfnis dazu verspüre?«, fuhr er auf.
Als sie ihm einen amüsierten Blick zuwarf, hätte er sich am liebsten auf die Zunge gebissen, weil sie ihn erneut dazu gebracht hatte, etwas zu tun, was nicht seiner Natur entsprach.
Doch als sie sich wieder der Wüste zuwandte, entdeckte er in sich Trauer darüber, dass für Sanara die Zeit, in der sie einander vertraut und geneckt hatten, vorbei zu sein schien.
Erneut überlegte er zu gehen. Die Rote Stunde verbrachte er in dieser Gegend gern in den Hainen aus Itayabäumen und Sträuchern des Rekars, die von Bewässerungskanälen durchzogen waren.
Doch wieder unterbrach sie seine Gedanken. »Ist das hier die Oase, in der Ihr Sinan fandet?«
Die Frage war einfach gestellt und verriet keinen Zorn. Nur Leid schwang darin mit, ein Kummer, den Telarion zutiefst bedauerte. Er unterdrückte den Impuls, sie wie damals im Studierzimmer seines Onkels in die Arme zu ziehen. Ein Augenblick später schämte er sich. Als er sich fragte warum, spürte er Furcht – Furcht, vor dem Schmerz, den er empfinden würde, stieße sie ihn wieder so von sich, wie sie es damals getan hatte.
Er schluckte und bezähmte seine Trauer um das, was sie nicht mehr miteinander teilten. »Nein«, sagte er. »Sie war dieser sehrähnlich, doch sie lag weiter im Norden. Das Heer war auf dem Weg nach Sirakand, um dem Zaranthen zu begegnen. Wir gingen nicht nach Farokant, und so überschritt Euer Bruder die Grenze nach Solife nicht hier.«
»Ich frage mich immer noch, was er, ein einfacher Sklave, Euch antat, dass Ihr ihn so strafen konntet.«
Telarion runzelte die Stirn. Begriff sie nicht, dass er damals noch der Heermeister gewesen war?
Er rief sich die Situation in Erinnerung. »Ich hatte es gar nicht vor«, hörte er sich zu seiner eigenen Überraschung sagen. »Ich wollte ihn wieder gefangen setzen, denn er hatte sich verpflichtet, mir ein Schwert zu schmieden.« Er hielt inne, als sie sich ihm zuwandte, offenbar um ihm zu widersprechen.
Dann fiel ihm ein, dass sie wahrscheinlich gar nicht wusste, was Sinan und er für eine Beziehung gehabt hatten – wenn man zwischen einem Heermeister und Fürsten einerseits und einem Sklaven und Schmied andererseits überhaupt von so etwas sprechen konnte.
Er hob die Hand, um sie zum Schweigen zu bringen. »Lasst mich das erklären«, sagte er. »Ich traf Euren Bruder zum ersten Mal auf dem Weg von Kharisar nach Süden. Wir hatten die Stadt erobert und dort Gefangene gemacht, Menschen, die uns nützlich schienen, Handwerker, Magier … alles Leute, die uns gute Dienste erweisen würden und über Fähigkeiten verfügten, die wir Elben nicht vorweisen können.«
Sie schnaubte. »Das ist verabscheuungswürdig!«, zischte sie.
»Ich werde Euch nicht widersprechen, Shisani«, sagte er ruhig. »Nicht zuletzt die … Bekanntschaft mit Euch lässt mich heute bedauern, was ich damals tat. Ich befahl Euren Bruder zu mir, denn sein Zeichen wies ihn als geweihten Schmied aus. … Ihr müsst wissen, ich besitze ein daikon , das von einem Vorfahren auf mich kam. Die Waffe, die Telarat einst führte, um den Frieden nach der Schlacht von Faringar wiederherzustellen. Es gehört in unserem Haus dem waffenfähigen männlichen Erben, in dem die Gabe desLebens am stärksten ist. Doch es ist alt und war nach der Schlacht um Kharisar gebrochen.«
»Das Schwert, das Vakaran einst für die Elben machte«, murmelte Sanara. »Ihr habt Sinan befohlen, es zu erneuern?«
»Er sagte, es sei zu alt. Da befahl ich ihm, ein neues zu schmieden. Doch als er floh, nahm er es mit.«
»So habt Ihr ihn wegen einer Waffe getötet?«, wollte sie zornig wissen.
»Nein«, entgegnete Telarion. »Er trug es bei sich und ging damit auf mich los, doch ich nahm es ihm nicht ab. Obwohl ich sehen konnte, dass es eine wundervolle Klinge war. Eine, die dem legendären Meister würdig gewesen wäre. Ich weiß nicht, was daraus geworden ist.«
Sanara sah an ihm vorbei und lächelte schwach. »Sinan ist ein großartiger Schmied. Akusu hat ihn reich beschenkt mit seiner Kunst.«
»Ich weiß«, sagte Telarion. »Dass er aus Abfällen und gestohlenen Dingen einen qasarag machen
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