Goldmond
dem Versuch sterben.«
Ronan nickte. Nach dem, was er vorhin sagte, glaube ich an seine Rechtschaffenheit. Er ermordete Sinan nicht aus Hass auf die Dunkle Magie oder weil er ihn verachtete, sondern weil Sinan die Hoffnung zerstört hatte, dich wiederzusehen. Und weil er Telarion die Hoffnung nahm, sein Zwilling, den er liebte, könnte ein rechtschaffener Mensch sein. Es war Verzweiflung. Und das sagt mir, dass er dir gegenüber mehr empfindet, als du selbst glauben willst: Du bist nicht nur eine Pflicht für ihn. Es macht mich traurig, dass er dich liebt und du ihn, aber ich kann es nicht ändern.
»Du hättest mir sagen können, warum ich das den Fürsten fragen sollte«, bemerkte Sanara vorwurfsvoll.
Ronan lachte leise. Dich etwas ohne Begründung tun zu lassen, Shisani, kostet weniger Kraft.
Sanaras Augen wurden groß, dann nahm sie eine der kleinen gedörrten Itayafrüchte aus der Schale und warf sie auf den Geist. Dieser hob in einem Reflex die Hand vors Gesicht und lachte, als die Frucht widerstandslos durch die Nebel fuhr, aus denen seine Gestalt gemacht war.
Sanara lächelte und schaute wieder über die Brüstung. Die Purpursonne neigte sich nun dem Horizont entgegen. Das grelle Weiß der weit entfernten Salzfläche leuchtete in violetten Tönen, als der Himmel dunkler wurde und erste Sterne über ihnen aufblitzten. Es war Sanara, als schicke der Schöpfergeist der Zerstörung einen Gruß.
Ronan erhob sich. Wo ich von Kraft spreche. Ich muss jetzt gehen, denn ich bin schon zu lange hier. Ich will in drei Tagen bei dir sein. – Und ich werde einen Beweis mitbringen, dass ich der bin, der dir zum Segen des Syth verhelfen wird, fügte er noch geheimnisvoll hinzu.
»Was für einen Beweis?«, wollte Sanara überrascht wissen, doch das Seelenbild war bereits wieder in das Funken hinter dem Auffangbecken geglitten.
»Ronan?«
Aber die Schatten dort waren nur noch Schatten.
Die Rote Stunde war hier unter den Rekarsträuchern und Itayabäumen am angenehmsten. Und doch war Telarion froh, dass sie sich nun dem Ende zuneigte.
Telarion ließ sich am Rand des Bewässerungskanals nieder und schöpfte sich eine Handvoll Wasser. Als er sich damit das Gesicht wusch, war es lauwarm – durchzogen vom Feuer der Wüstenlandschaft, die ihn umgab. Es reinigte und erfrischte nicht in dem Maße, in dem die klaren Wasserfälle und Bäche am Fuß der Zendarberge es taten. Er schloss die Augen und dachte an den Zehntag zurück, den er in Darkod als Gast seines Onkels verbracht hatte. Zu Hause. An die luftigen Räume, die in den Ästen der Qentarbäume lagen, an die Blüten, deren Farben, selbst, wenn sie ins rötliche spielten, kühl wirkten, das grüne Laub, die Nähe zum Himmel, den Wolken, die die Räume gewährten, die sein Element, das der Luft, sichtbar werden ließen.
Auch hier, in Wüstennähe, schien der Himmel nah, doch er war ohne Wolken, der Wind war heiß und brachte nicht das Flüstern der Bäche und sprudelnden Wasser mit sich, sondern den Gesang, mit dem er durch den Sand der Dünen und die scharfen Felsen pfiff. Telarion lächelte, als er daran dachte, dass der Wind, sein eigenes Element, sich dem anzupassen schien, was Sanara ihn als Erstes über die Magie der Menschen gelehrt hatte: Beide, die Melodien der Menschen wie auch die Worte der Elben, unterliegen den Gesetzmäßigkeiten der Schöpfergeister und sind damit nichts anderes als zwei Seiten derselben Münze .
Das Licht wurde roter, die Purpursonne würde bald untergehen. Hier unter den dicken, ledrigen Blättern der Rekarsträucher wurde es dämmrig, die Temperatur fiel. Es war Zeit, zur Herberge zu gehen, wo eine Abendmahlzeit wartete. Die Speisen des Südens waren Telarion oft zu süß, die Menschen liebten es, Honig, Gewürze und getrocknete Früchte in das gekochte Getreide zu geben, wo er selbst Kräuter vorgezogen hätte. Selbst das seltene Fleisch, das hin und wieder ein Unguli oder eine Keosot-Ziege hergaben, wurde oft mit getrockneten Früchten gefüllt und dann gebraten.
Es war beinahe dunkel, als er sich der Taverne näherte. Man hatte bereits Feuer und Fackeln entzündet, die Bewohner des Dorfes und die Händler und Nomaden der Karawanen, die trotz der Behinderungen durch das Elbenheer aus dem Süden gekommen waren, hatten sich schon lachend und singend um ihre Feuer versammelt.
Als Telarion an die Herberge herantrat, in der er und Sanara untergekommen waren, erkannte er, dass die Musik, die er hörte, nicht nur aus den üblichen
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