Goldmond
Seleriad an seinen Leib und an sein Herz zog – es war, als würde Syth nach Äonen der Verbannung seine Geliebte wiederfinden.
Sanara spürte Hitze in ihre Wangen steigen. »Auch wenn ich zornig sein sollte, dass du uns belauschtest, es war falsch von mir, dir Hoffnungen zu machen.«
Ich weiß jetzt, dass es Hoffnungen waren, die du dir selbst machen wolltest. Doch du bist eine Weise, wie ich auch. Wir sollten hinnehmen, was ist. Und du solltest einsehen, dass du in seinen Armen ein Glück spürst, das ich dir nie geben könnte.
»Das ist vorbei«, flüsterte Sanara.
Warum? Hast du gehört, was er dir sagte? Es war die Verzweiflung, dass er dich nicht bei Sinan fand, die den Fürsten veranlasste, die Oase in seinen Eissturm zu hüllen. Er hat erkannt, dass er dich liebt.
»Welchen Sinn sollte es haben, mich zu versöhnen? Du hast Damastan nicht gehört. So wie er denken alle Elben. Was, wenn wir das Siegel gelöst haben? Telarion ist der, der als König der Elben, als Herrscher des Älteren Volks die Geschicke der diesseitigen Welt wird lenken müssen, wenn wir das Siegel lösen können – das kann er nicht mit einem Schankmädchen …«
Einer Weisen!
»… an seiner Seite«, beendete sie unbeirrt den Satz. Tränen traten in ihre Augen. »Ich würde es nicht ertragen, dass seine Bestimmung Schaden nimmt, weil er sich an mich bindet.«
Ronan erwiderte: Ich halte das für dumm.
Sanara seufzte auf. »Das mag sein, aber es ist meine Entscheidung«, erklärte sie barsch. »Ich denke nicht erst seit gestern darüber nach! – Und nun würde ich lieber darüber reden, wie die Lage in Farokant und am Heiligtum aussieht.«
Obwohl es nur ein Seelenbild war, das vor ihr saß, erkannte Sanara genau, dass Ronan diese Entscheidung missbilligte. Doch er sagte nichts mehr dazu.
Die Königin hat sich von ihrem Heer getrennt. Sie hat die Ge neräle ihres Hauses an die Spitze des Elbenheers gesetzt und es nach Sirakand ziehen lassen. Sie selbst versucht, mit ihrem Bruder das Geheimnis des Siegels im Heiligtum der Tiefe zu ergründen.
Sanara sah das Seelenbild des Musikanten lange an. »Der Älteste und auch Telarion Norandar sagten, da sei ein dunkler Schatten im Kloster gewesen, der sie und mich verfolgt habe, und du habest ihn nicht gefunden, als sie dich darum baten. … Für Telarion Norandar bist du der leibhaftige Tod«, fügte sie zögernd hinzu. »Er misstraut dir zutiefst.«
Es war die Königin selbst, die er und Morotand sahen, sagte Ronan nach einer Weile. Sie versuchte, mich gegen dich aufzubringen, mich aufzuwiegeln, dich von Telarion Norandar zu trennen. Und weil ich eifersüchtig war, wollte ich das ebenfalls.
»Und das willst du nicht mehr?«, wollte Sanara wissen.
Ronan richtete sich auf und sah ihr ins Gesicht. Ich will, dass du glücklich bist, Sanara. Ich will, dass die Welt Frieden hat. Ich will die Freiheit für mein Volk. Ich habe begriffen, dass all das nicht geschehen kann, wenn diese Frau erreicht, was sie will. Wir müssen sie aufhalten.
»Das will der Fürst auch«, sagte Sanara langsam. »Doch er meint, sie begreift sich als treue Dienerin des Syth. Und du …«
Du hast Bedenken, ich könnte mich auf ihre Seite schlagen, weil ich neben meiner Musik und dem Silber der Ys auch das Violett des Syth in mir trage. Du hast es nie angesprochen, doch du hast das schon erkannt, als ich dich das erste Mal in deiner Gefangenschaft besuchte. Du fürchtest, die Königin und ich könnten uns deshalb zusammentun.
Sanara nickte.
Ich dachte lange darüber nach, sagte Ronan nach einer Pause . Es ist nicht so, als gefiele mir der Gedanke, dass du diesen kalten Fürsten liebst und nicht mich . Die Eifersucht ist nicht verschwunden. Doch wie ich sagte: Ich will, dass du Erfolg hast. Ich will, dass das Siegel gelöst wird und die Menschen keine Sklaven mehr sind. Doch gerade weil ich mich zu sehr auf die Königin einließ, weiß ich jetzt, dass Ireti das jüngere Volk nicht freigeben wird. Im Gegenteil. Sie ist zur Hälfte Mensch und gehört dem Volk an, das den Menschen die Sprache brachte, die Kunst und das Wissen um Magie. Sie hält sich gerade deshalb für überlegen. Nicht nur den Menschen. Auch den Elben. Damit ist sie gefährlicher als Tarind es je war.
Sanaras Blick glitt zu den Itayabäumen, zwischen denen Telarion Norandar verschwunden war.
»Telarion dagegen wäre gerecht«, flüsterte sie. »Sein Wesen erlegt es ihm als Pflicht auf. Er hat gelernt, was recht ist und nun wird er es tun oder bei
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