Goldmond
getan hatte, er konnte nicht glauben, dass sie ihm schaden wollte. Es war eine Sache, sich von einem Geliebten zurückzuziehen, eine andere, ihm ein Leid zuzufügen. Er dachte an den Augenblick gerade auf dem Dach, in dem sie seine Hand ergriffen und die Finger gedrückt hatte. Telarion wusste, sie hatte dabei das Gleiche empfunden wie er.
Der Fürst gab sich einen Ruck und ging hinter ihr her. Sie erwartete ihn an der Ecke des Hauses, von wo aus der kürzeste Weg in die Gärten und Itayahaine führte. Rasch brachte sie ihn in der Dunkelheit an den Rand der Oase, dort, wo sich die Teiche befanden und wo Platz für die größeren Karawanen war, die entweder aus der Savanne Entarats kamen oder aus der Wüste vor Sirakand.
Telarions Herz beruhigte sich. Wahrscheinlich hatte sie eine Gruppe gefunden, die sie und ihn mit nach Farokant nehmen würden, und wollte ihren Reisegefährten vorstellen. Schon von fern sah er durch die Itayabäume und Hirsefelder die Lagerfeuer, die man entzündet hatte, und hörte Gesang, Lachen und das Grunzen der Unguli. Sanara ging schnellen Schrittes auf eines der Feuer zu.
Bevor sie in den Lichtkreis trat, den die Flammen bildeten, blieb sie noch einmal stehen und bedeutete ihm, zu kommen, er habe nichts zu fürchten.
Doch Telarion blieb am Rand des Lichtkreises in der Dunkelheit stehen. Sanara wurde laut begrüßt. Sie grüßte zurück, das Lachen, das ihr die Rufe entlockten, sprach zu Telarions Erstaunen von reiner, klarer Freude. Er hatte es nur selten gehört, das letzte Mal, als sie auf dem Weg nach Seleriad, zum Heiligtum der Ys, gewesen waren.
Telarion schloss kurz die Augen und lauschte dem Klang nach, den er schöner fand als jede Melodie, die Ronan Abhar je einem seiner Instrumente hätte entlocken können. Viel zu schnell für seinen Geschmack verklang es und mischte sich mit dem Schwatzen der Frauen und dem Lachen der Männer. Als Telarion die Augen wieder öffnete, hatte Sanara sich zwischen zwei Männern niedergelassen und sah zu ihm herüber.
Einer der Männer, zwischen denen sie saß, war der Musikant.
Nun, das hatte er erwartet, auch wenn es ihm nicht gefiel. Die anderen um ihn herum waren keine Elben oder gar Halbelben. Er hatte befürchtet, dass der Musikant, von dem er fest glaubte, er stehe auf der Seite der Königin, mit einer Abordnung ihrer Leibwache gekommen sei. Doch hier um das Feuer herum waren keine Elben. Kein Geruch nach Wasser oder zerriebenen Blättern, nur der Duft nach Honig, nach Blüten oder der trockenen Asche von Feuern, die Haut der Anwesenden fleckig, die Haare bunt und geflochten oder unter Tüchern versteckt. Es waren nur Händler, sicher die, mit denen sie bald weiterreisen würden.
Es beruhigte Telarion stärker als erwartet, doch es veranlasste ihn auch, Sanaras Einladung nicht zu folgen und den Kreis der Feiernden zu betreten. Stattdessen lehnte er sich mit der Schulter an den Stamm des Itaya, neben dem er stand, und erwiderte den langen Blick, den sie ihm schenkte. Sie würde ihn sicher bald als ihren Reisegefährten vorstellen.
Sanara erwiderte das Lächeln, das sich unwillkürlich auf seinem Gesicht zeigte. Doch je länger er sie ansah, desto verwunderter war er. Wie ihrem Lachen fehlte auch dem Blick, den sie ihm schenkte, sehr zu seiner eigenen Erleichterung die Trauer, die Enttäuschung und das Leid, mit dem sie ihn in den vergangenen Mondumläufen angesehen hatte.
Angesichts der reinen Freude darin schöpfte er Hoffnung. Vielleicht kam seine Geliebte doch irgendwann zu ihm zurück. Er gab sich der Vorstellung hin, sie würde des Nachts wieder näher an seine Matte heranrutschen und er dürfe wieder ihr Gewicht und ihren Leib an seinem spüren. Als ahnte sie, was er dachte, begannen ihre gelben Augen zu funkeln.
Der Mann neben ihr, der gerade eben einen großen Schluck Tee aus einer Schale genommen hatte, wandte sich ihr nun zu, als er sah, dass Sanara zwar dicht neben ihm saß, ihre Aufmerksamkeit aber nicht ihm galt. Er folgte ihrem Blick und sah nun ebenfalls zu Telarion herüber.
Erst jetzt erkannte der Fürst, dass dieser Mann Sanaras Hand hielt. Telarion spürte einen Stich im Herzen. Das Lächeln verschwand von seinem Gesicht, als der Fremde neben Sanara seine Aufmerksamkeit auf ihn richtete.
Telarion betrachtete den Mann. Für ein Kind des Akusu war er groß und kräftig gebaut, als leiste er oft schwere Arbeit. Selbst im Dunkeln war zu sehen, dass er Augen von der Farbe der Flammen hatte, die vor ihm brannten, dass
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