Goldmond
perfekt gewesen, beinahe hatte sie den Ball des Siegels in der Hand gehalten, um auch den letzten Rest der Macht der Ys in das Behältnis zu geben, das auf dem Altar brannte. Doch nun verschmolz Irams Seele langsam mit den Schatten, die ihn umgaben, wurde blasser und blasser und verlor seine Form. Ireti wusste, das geschah nur, wenn der Besitzer der Seele in der wirklichen Welt starb. Doch wie hätte Iram zu Tode kommen sollen? Wer hätte ihn töten können, wer es überhaupt wagen, sie und ihren Bruder, die zukünftigen Herrscher ihrer Welt, hier zu stören bei dem, was sie taten? Keiner wusste, wo sie waren, die Leibwächter Irams, seine und damit ihre Halbgeschwister, hatten den Einzigen erschlagen, der Sanara Amadian hätte helfen können – den Fürsten von Norad. Ihnen vertraute Ireti bedingungslos.
Sie versuchte, dem Schatten, der Iram umtanzte, Gestalt zu geben, doch der Schrecken war zu groß. Sie brachte die Kraft dazu nicht auf.
Ireti schloss die Augen und versuchte, dagegen anzukämpfen, dass die Hoffnung in ihr schwand und ihre Kraft davon verbraucht würde, sie aufrechtzuerhalten. Sie holte Luft und befahlihrem Körper, sich in ihrem ethandin zu dem Musikanten zu begeben. Ein Teil ihres Geistes sah, wie ihre Hand dem inneren Befehl gehorchte und Ronan Abhar auch das letzte bisschen Magie raubte, das er besaß. Es gehörte nun ihr, jetzt konnte sie den Nebeln hier im Allerheiligsten befehlen, das zu enthüllen, was Iram angegriffen hatte.
Funken vom Rot der Erde und vom Gelb des Feuers, aber auch vom Dunkel der Nebel wirbelten so, wie ihr Gesang es befahl, in einem Sturm um Ireti herum. Der Wirbel befand sich in ständigem Fluss und riss alles mit sich, was er erfassen konnte. So schnell fügten sich die Funken zusammen, dass Ireti Gelb und Rot nicht mehr voneinander unterscheiden konnte und der zähfließende Feuerstrom eine orangene Farbe annahm. Diese floss schließlich zu einer wabernden Gestalt aus Lava zusammen, die hocherhobenen Kopfes über Iram stand.
Es war ein Mann, ein Mensch, von kräftiger Statur, groß für sein Volk und in der Kleidung eines Handwerkers, eines Schmieds, der an der Stelle stand, an der auch sein geschaffener Körper in der Wirklichkeit war. Dafür, dass er ein Schmied war, sprach auch die Farbe seiner Seele.
Iram selbst kniete seltsam leblos vor der Leiche Sanara Amadians und ließ das Heft des Dolchs, der in ihr steckte, nicht los. Er rührte sich nicht, so als bemerke er gar nicht, wer hinter ihm stand. Dabei wusste Ireti, dass er, dessen Kraft zu einem wichtigen Teil aus Pflanzen bestand, die Hitze der Lava hinter ihm fühlen musste – so wie ein Bugantibaum in der mittäglichen Wüste verwelkte.
Eine Welle des Mitgefühls, des Zorns und der Trauer erfasste sie, als sie den Halbbruder, dessen Gestalt nun so blass war, dass es kaum noch erkennbar war, derart leiden sah. Sie trat entschlossen vor und wollte die Gestalt aus Lava, deren Rechte eines der geraden Langschwerter der Menschen führte, zur Seite stoßen, als sie endlich bemerkte, warum ihr Bruder so still dasaß und auch, warum sein Seelenbild kaum noch zu sehen war.
Der Mensch, der drohend wie ein Rachegeist über ihrem Halbbruder stand, holte nicht mit dem Schwert aus. Er hatte bereits damit zugestoßen.
Der wirkliche Körper des Iram Landarias war bereits tot – durchbohrt von dem, der hinter ihm stand, von einer scharfen Klinge, die selbst hier in der Jenseitigen Ebene, Magie zu besitzen schien und golden und grün leuchtete.
Der Mensch, dessen Seele immer noch orangefarben loderte, als sei er selbst ein gerade ausgebrochener Vulkan, trat nun in einer verächtlichen Geste, die Ireti nur noch mehr aufbrachte, die Leiche des Generals von der der Feuermagierin fort. Er warf das Schwert von sich, als habe er sich daran verbrannt. Hastig sank er vor Sanara Amadian auf die Knie und bettete den Kopf der Feuermagierin in seinen Schoß, so vorsichtig, als wolle er ihren Körper möglichst wenig bewegen.
Der Energiestrom, der purpurfarben, dunkel und kraftvoll aus der Wunde der Siwanonstochter geflossen war, versiegte zu einem Tröpfeln.
Ireti vergaß sich vor Zorn. Sie schrie aus tiefster Seele auf und wollte sich gerade auf den Schmied stürzen, als ihr Seelenbild mit einem Ruck, der unaussprechliche Agonie in jede Faser sowohl ihres Körpers als auch ihrer Seele schickte, wieder in den Körper zurückgerissen wurde.
Licht explodierte vor ihren Augen, und für Momente, die sich zu Ewigkeiten dehnten,
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