Goldmond
doch gehofft, dass es dir auch die letzten Spuren des grünen Elements entrissen hätte!« Zuletzt schwang Trauer in seiner Stimme mit.
Sanara dachte an den Angriff der Elben des Königs auf den Grünen Turm am Mondsee zurück. Die Menschen, die den Turm besetzt hatten und gegen die Vorherrschaft der Elben im Wald von Dasthuku kämpften, hatten den Sieg nur knapp davongetragen. Denn Ronan hatte seine Knochenflöte hervorgeholt und das alte Schlachtlied gespielt, das einst der Schöpfergeist der Zerstörung die Menschen gelehrt hatte. Es vernichtete alle Magie, die von Vanar, dem Goldmond, kam und hatte auch in Sanara für eine Weile jegliche Luftmagie gelöscht, die vom Heermeisterder Elben stammte und die ihr so wichtig geworden war wie die Atemluft.
Unwillkürlich stiegen in Sanara die Bilder von Schmerz auf, einem Schmerz, der nicht körperlich war, sondern ihre Seele zerrissen hatte. Ihre Magie, die sie nie ganz zu beherrschen gelernt hatte und die doch ein ganz wesentlicher Teil ihres Selbst war, war in Fetzen gerissen worden – und der Schmerz hatte nach Ronans grausamem Flötenspiel eine Wunde hinterlassen, die nur langsam wieder heilte. Und die er immer wieder aufriss, indem er alles tat, die Luftmagie in ihr zu verdrängen und zu vertreiben.
Die Hartnäckigkeit, mit der Ronan sie immer wieder aus der Trance riss, dem einzigen Zustand, in dem sie sich vollständig fühlte, brachte sie zur Verzweiflung.
Seit sie hier im Kloster der Quellen angekommen waren, lehrte Ronan, der von hier stammte, sie, wie die Magien des Feuers und der Seelen zu beherrschen und zu kontrollieren waren. Er hatte sich vom Abt dieses Heiligtums zu ihrem Lehrer bestimmen lassen, und zu Beginn war ihr diese Entscheidung willkommen gewesen. Es war Unterricht, den Sanara nie ausreichend bekommen hatte, weil Tarind Norandar einst ihre Familie und die Mönche des Abendklosters tötete. Dort hatte sie als Kind lernen sollen, ihre Feuer- und ihre Seelenmagie zu beherrschen; stattdessen hatte sie nach dem Massaker Tarinds fliehen müssen. Die Kräfte des Akusu waren in ihr stärker als in so manch anderem, so stark, dass Ronan glaubte, sie als Tochter und Erbin von Siwanon Amadians Kräften sei diejenige, die das Siegel der Ys finden und damit die Welt vor der Zerstörung bewahren könne.
Sanara selbst glaubte in diesem Augenblick weniger denn je daran.
Seit Ronan sie gefunden hatte, hatte sie an seiner Überzeugung gezweifelt, sie sei diese Seelenherrin, die das Siegel, mit dem der Schöpfergeist der Harmonie einst Syth aus der Welt verbannt hatte, in den Jenseitigen Nebeln finden könne. Sie war keine ausgebildete Magierin und hatte nie gelernt, ihre Kräfte zu beherrschen. Ja, sie war sogar in die Gefangenschaft Tarinds geraten. Dieser hatte sie in die Hände seines Zwillings gegeben, der sein Heermeister, aber auch ein Luftmagier und Heiler war, dem der Goldmond die Macht über die Seelen aller lebenden Wesen gegeben hatte. Auch über ihre, und der Zwilling des Königs hatte das weidlich ausgenutzt, um sich ihre Magie zu unterwerfen, sodass er und sein Bruder sie für ihre Zwecke missbrauchen konnten.
Und nun war ihre Seele vergiftet. Wenn es je so gewesen war, dass sie, Sanara, die Macht gehabt hatte, das Siegel zu finden, dann war diese Möglichkeit durch die Taten des Heermeisters so verunreinigt worden, dass sie kaum noch in der Lage sein würde, die in sie gesetzte Hoffnung zu erfüllen.
Oder war es doch Ys gewesen, die ihm ein Stück seiner Magie genommen und ihr geschenkt hatte?
Wenn dieses Stück Luftmagie in ihr vom Schöpfergeist der Harmonie stammte, mochte es sogar so sein, dass sie über mehr Magie gebot als zuvor. Aber wenn dem so wäre, warum wehrte Ronan sich dann dagegen und sagte immer wieder, der Wind in ihr vergifte ihre Gabe? Er war ein ausgebildeter Dunkelmagier. Sie nicht.
Sanara atmete den frischen Duft des Waldes, der zu ihr aufstieg, noch einmal tief ein. Ronan schwieg jetzt, und wieder ergriff der Wind die Gelegenheit, sie zu umschmeicheln. Sie schloss die Augen und stellte sich vor, wie es wäre, wenn sie von dieser Galerie aus über die Wipfel der Bäume hinauf zu den schneebedeckten Gipfeln der Zendarberge flöge.
»Glaube mir«, unterbrach Ronan erneut ihre Gedanken. Seine Stimme klang heiser vor Zorn. »Wenn der Fürst in meine Nähe käme, würde ich ihn für das bestrafen, was er dir und deiner Seele antat.«
Sanara suchte nach Worten. Wie konnte sie Ronan nur begreiflich machen, dass die Luft
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