Goldmond
wurde ihr kalt. Der Duft von Yondarharz wurde so stark, dass sie beinahe niesen musste. »Was Ihr für wichtig haltet, ist es vielleicht nicht!«, schrie sie, wirbelte herum und sah ihm ins Gesicht. Telarion stand aufrecht hinter ihr, dichter, als sie erwartet hatte, und sah zornig auf sie herab. Er war herangekommen, ohne dass sie es gehört hätte, und schneller als gedacht.
Es gefiel ihr. Sowohl der Duft als auch die Kälte stillten das Feuer, das in ihr brannte, und wirkten beruhigend auf ihr Gemüt.
Doch er ließ ihr nicht lange Zeit, sich von seiner Gegenwart betören zu lassen. »Wollt Ihr bitte mir überlassen, wie wichtig es ist, die Elben dieser Larondar-Hexe richtig einzuschätzen?«, zischte er und starrte sie zornig an. Dann spürte sie plötzlich, wie die Spitze seines Schwerts sich schmerzhaft gegen ihr Brustbeindrückte. Einen Moment später stieß er ihr den Schaft des Langschwerts an die Schulter – als Aufforderung, es wieder zur Hand zu nehmen und die Übungen mit ihm fortzusetzen.
Seine raschen Bewegungen, denen sie kaum folgen konnte, erinnerten sie daran, dass der Fürst grundsätzlich recht hatte: Elben waren kraftvoller und schneller als Menschen. Es gab nur wenige vom Volk des Akusu, die es im Kampf mit einem Elben aufnehmen konnten. Und Telarion war immerhin Heermeister des Königs gewesen.
»Sicher doch!«, sagte sie, um ihre Zweifel an ihrem Vorgehen zu überspielen, und schob sein daikon ungeduldig fort. Ihre Stimme war voller Hohn. »Ich bin ja nur ein dummes Schankmädchen, das nicht wissen kann, was gut für es ist! Gerade noch hätte ich Euch fast erstochen! Warum könnt Ihr Euch nicht damit abfinden, dass ich mit einem Messer besser umgehen kann als mit diesem … Ding?«
Sie schleuderte das Langschwert erneut ins Moos. Es schepperte, als es auf die Schüssel mit dem Wasser fiel und diese umstieß. Sanara nahm eines der Tücher, die an einem Strauch hingen, und warf es ihm zu.
»Ich werde in zwei Zehntagen geweiht«, sagte sie. »Und ich beherrsche immer noch nicht Eure Sicht auf die Welt.«
»Wie auch«, knurrte er. »Es ist ja nicht nur der Schwertkampf, bei dem Ihr Euch als renitent erweist.«
Sanara wirbelte herum, zog gleichzeitig ihr Messer aus dem Gürtel und schleuderte es in seine Richtung. Mit einem dumpfen Laut blieb es im Moos stecken, denn natürlich war der ehemalige Heermeister des Königs schneller gewesen und hatte den Flug der Waffe vorausgesehen.
Doch das bemerkte Sanara nicht mehr, sie hatte sich bereits umgewandt und den Kampfplatz verlassen.
Die Wut auf den Hochmut und die Arroganz des Fürsten von Norad – aber auch die Enttäuschung darüber – brodelte in ihr, als sie durch den Hain aus Bugantibäumen in Richtung des Klostersstürmte. Und die Tatsache, wie ungerechtfertigt diese Wut war, schürte sie nur. An jenem Morgen, nachdem sie ihm das Kinderlied des Feuers beigebracht hatte, war sie in der Überzeugung zu ihm gegangen, er habe nur die Aufgabe im Blick, die ihnen beiden gestellt worden war. Es hieß von Elben, deren Magie aus Wind und Wasser bestand, dass sie in ihren Gefühlen weniger beständig seien als das Volk der Menschen, denen Erde und Feuer zu eigen war.
Sanara hatte das immer für ungerecht gehalten und nicht zuletzt deshalb von der Geschichte um die Feuermagierin Amdiri und den Thaut des Meeres nicht genug bekommen. Denn jene Menschenfrau und jener Elb hatten einander über den Tod hinaus geliebt.
Sie war sich darüber im Klaren gewesen, und das Gespräch mit dem Fürsten hatte es nur bestätigt: Er war offenbar in der Lage, beiseitezuschieben, was der Schöpfergeist der Harmonie ihnen beiden geschenkt hatte.
Sie nicht.
Sanara dachte zurück an die Vision, die Ys über sie und den Fürsten hatte kommen lassen, und während sie die endlosen Steinstufen hinauf in die Felswand, in der sich ihr Quartier befand, hinaufstieg, fragte sie sich erneut, wie sie hatte zustande kommen können.
Sie hatte sich in der Gefangenschaft von Tarind, dem König der Elben, umbringen wollen – mit einem magischen Dolch aus Kristall, den ihr Bruder Sinan ihr heimlich brachte. Der qasarag war aus Amethystglas und dem Stein, den man Nachtfeuer nannte und der dem Akusu geweiht war, gefertigt worden und hatte eine Klinge aus Bergkristall. Der Dolch hatte ihre Seele vom Körper getrennt, doch ihr, der Seelenherrin, nicht den Tod gebracht.
Ihr Körper war verblutet. Die Elben, die sie bewachten, hatten daraufhin den Zwilling des Königs, den Fürsten
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