Goldmond
Gabe des Heilens so kunstfertig umzugehen wie der Fürst von Norad. Wahrscheinlich war es eher so, dass diese Feuerhexe sich der Seele des Königs bemächtigte und ihn sein Bruder deshalb aus Gnade tötete – ein Liebesdienst!«
Githalad starrte den Mann an. »Woher willst du das wissen?«
Dikelewi warf einen vorsichtigen Blick in Richtung des Zelts, bevor er antwortete. »Ich habe die Leiche des Königs gesehen. Sein Gesicht war von Brandnarben entstellt. Ich wette, dass selbst seine Seele, die aus reinem Wasser bestand, qualvoll vertrocknete. Telarion Norandar, so heißt es, starb beinahe, weil auch schon sein Vater im Feuer eines eurer Seelenherren – verflucht seid ihr alle! – verbrannte und er als Heiler dies spürte. Telarion Norandar handelte immer aufrichtig. Wenn einer wie er seinen Bruder getötet hat, dann war das ein Gnadenakt. Sicher wollte er seinen Zwilling und auch sich selbst vor dem Feuer dieser verfluchten Zauberin retten! Anders kann es nicht sein. – Verflucht sei diejenige, die diesen Edlen aus unserem Lager vertrieb! Wäre er noch hier, würden sich die Geister von hier fernhalten!«, brach es aus Dikelewi hervor. Er warf dem Menschen, den er nach wie vor im Nacken gepackt hatte, einen Blick zu, aber er schien sich seiner Worte nicht zu schämen.
Githalad starrte ihn erstaunt an. Gab es unter den Elben – unter den Hauptleuten sogar – solche, die die Königin verachteten?
»Warum erzählt die Königin dann etwas anderes?«, wollte er atemlos wissen.
Dikelewi sah sich erneut um, doch seine Soldaten hatten sich so weit wie möglich vom Sarkophag zurückgezogen. »Es gibt viele, die glauben, der Fürst wäre der bessere Herrscher. Wie sonst hätte sie ihn entmachten können? Es gab nur die Möglichkeit, ihn zu verleumden. – Doch wie es sich auch verhält«, fügte er grimmiger hinzu, »es ist nicht an mir, ihre Legitimation auf einem Feldzug anzuzweifeln, der sich gegen euch und eure üblen Zaubereien richtet, Dunkelmagier!«
Githalad konnte nicht antworten. Alle Wärme seines Blutes hatte sich durch die Finger des Hauptmanns davongestohlen. Ihm war so kalt, dass er kaum Luft bekam. Sie waren jetzt am Zelt angekommen, und als hätten die, die darin waren, es bemerkt, wurde nun der schwere Teppich, mit dem der Eingang des ethandins verhängt war, zurückgeschlagen.
»Was ist hier für ein Aufruhr? Ihr wagt es, die Königin in ihren Gebeten zu stören?«, erklang die zornige Stimme von General Iram Landarias.
Githalad hatte nicht geglaubt, dass seine Furcht noch größer werden könnte, zumal der General selbst halb Mensch war, wie er nun wusste. Doch es schien ihm, als sei es gerade diese seltsame Mischung aus Mensch und Elb, die ihm, dem Schmied, mehr Angst einflößte, als ein reiner Elb es je vermocht hätte. Erkauerte sich zusammen und duckte sich unwillkürlich unter dem stechenden Blick des Generals, doch Dikelewi ließ ihn nicht los.
»Mein General, einer meiner Leute glaubte zu sehen, dass einer der Totengeister, die Leute wie dieser Schmied beschwören können, in das Zelt Eurer königlichen Schwester eindrang.«
»Dieser Schmied soll das getan haben?« Iram sah ungläubig aus.
»Mendaron, er sang den ganzen Tag. Wenn ich auch nicht glaube, dass er damit ein Gespenst beschwor, sollte man ihn dennoch züchtigen, damit er die Soldaten nicht weiter verschreckt.«
Githalad hätte am liebsten geschrien, sich gegen diesen ungerechten Vorwurf gewehrt, doch ein weiterer Schwall Kälte, der in ihn drang, ließ ihn nur kurz aufstöhnen. Furchtsam sah er zum General auf, der nun mit einem seltsamen Glühen in den blauen Augen auf ihn herabsah.
»Lass ihn los, Hauptmann«, sagte er dann.
»Aber Daron …«
»Ich sagte, lass ihn los!« Die scharfe Stimme des Generals Landarias duldete keinen Widerspruch. »Du weißt genau, dass die Königin nicht zulässt, dass die Kinder des Akusu angegriffen werden. Und damit du weißt, dass es Unsinn ist, was du sagst, werdet Ihr mir beide ins Zelt folgen und ihr Rede und Antwort stehen.«
Githalad hatte es nicht für möglich gehalten, dass seine Furcht noch einmal größer werden könnte. Und doch musste er die Zähne zusammenbeißen, als der General nun beiseitetrat und ihm und Dikelewi bedeutete einzutreten.
Er schloss die Augen und raffte mit Mühe allen Mut zusammen, bevor er dem stummen Befehl folgte. Kaum war er über die Schwelle getreten, sank er schon in die Knie. Er wusste nicht, wo sich die Herrin Ireti befand, noch ob sie
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