Goldrausch in Bozen - Kriminalroman
abgelaufen sein könnte? Gibt es spezielle Kontaktleute für so etwas? Und zweitens: Wie gut kennen Sie Andreas Kofer? Was ist er für ein Mensch? Trauen Sie ihm ein Verbrechen zu?« Vincenzo wusste, dass er mit der Tür ins Haus fiel. Doch seiner Einschätzung nach war Wachtler ein Mann, der selbst gern auf den Punkt kam. Seine Menschenkenntnis täuschte ihn nicht.
»Es ist nicht einfach, Gold und Schätze illegal zu verkaufen«, kam er ohne Umschweife zur Sache. »Jeder weiß, dass sie eigentlich zum Erbe der Menschheit gehören, aber die Gier der Menschen ist unersättlich. In der Tat gibt es nicht wenige Hehler, die ihrerseits entsprechende Abnehmer an der Hand haben. Und keineswegs nur in Deutschland, sondern in der ganzen Welt.« Wachtler schilderte ausführlich die verschlungenen Wege, auf denen Schätze schließlich bei einem Endabnehmer landen konnten. Schmelzgold hatte mit um die vierzigtausend Euro den niedrigsten Preis. Aber jeder wollte mehr. Bereits optisch schön aufgesetztes Berggold erzielte das Dreifache im Handel, und bei von Menschenhand gefertigten Kunstwerken aus edlen Materialien, besonders bei jenen aus früheren Zeiten, blieb der Wert einzig den Verhandlungen zwischen Anbieter und Nachfrager überlassen. Er konnte leicht ins Unermessliche steigen.
»Wie ich schon sagte, Vincenzo«, Wachtler blieb konsequent beim Du, »dürften die Leute große Mengen Gold gefunden haben. Fünf Kilo loszuwerden, ist noch halbwegs unproblematisch. Aber eine viel größere Menge? Oder gar Kultgegenstände aus Gold? Ich denke, du kannst davon ausgehen, dass dieser Heinrich Gamper umfangreiche Kontakte hatte. Es gibt einen Deutschen, den ich, leider, so muss ich sagen, selbst kennengelernt habe und der für einen Deal solchen Ausmaßes als der perfekte Hehler schlechthin in Frage käme. Er betreibt eine Firma für Import und Export, mit der er solche Geschäfte hervorragend tarnen kann. So heißt es jedenfalls in den einschlägigen Kreisen, in denen auch seine Fachkenntnisse in Sachen Edelmetalle gepriesen werden. Nachweisen konnte man ihm meines Wissens noch nie etwas, sofern denn überhaupt jemals gegen ihn ermittelt wurde. Er ist bedauerlicherweise gut, vielleicht der Beste überhaupt. Der Mann heißt Hans Berchtenbreiter und stammt aus Donauwörth. Er hat mich seinerzeit in Innichen besucht und mir angeboten, besonders beeindruckende Funde, wie er es nannte, in angemessener Weise weiterzuverwerten. Wörtlich sagte er: ›Ohne diesen ganzen Behördenkrimskrams.‹ Aber solche Dinge interessieren mich nicht. Meine Leidenschaft lag immer schon in der Liebe zur Natur und nicht zum Geld. Was aber nun Heinrich Gamper angeht, so würde ich vermuten, dass die Chancen nicht schlecht stehen, dass er den Deal mit Berchtenbreiter abgewickelt hat. Wahrscheinlich ist ihm der Name während seiner Arbeit in der Behörde begegnet.«
»Danke für die Info, Michael.« Vincenzo hatte sich den Namen sofort notiert. Nicht gerade alltäglich. Es sollte ein Leichtes sein, den Mann ausfindig zu machen.
»Und was können Sie mir über Kofer erzählen?« Der Museumsdirektor hatte immerhin einen ähnlichen beruflichen Hintergrund wie Michael Wachtler. Wenn sich schon ein integrer Mensch so gut mit diesen Dingen auskannte, dann ein Kofer sicherlich erst recht.
Wachtler bestätigte Vincenzos Einschätzung, indem er Kofer eitel und selbstverliebt nannte. Zwar hatte er sich seinem Museum verschrieben, aber immer mit dem Ziel, sich persönlich zu profilieren. »Er sucht nach Anerkennung, braucht die Bewunderung, will grundsätzlich besser sein als andere. Ich kann mir gut vorstellen, dass ihn Gesetze nicht interessieren.« Wachtler rundete das Bild von Kofer mit einer Konfrontation in Innichen ab, die sich im vergangenen Jahr abgespielt hatte. Nur wenige Tage, nachdem Wachtler mit Sara Gasser, Kandutsch und Thaler am Hochfeiler fündig geworden war, hatte ihm Kofer einen Überraschungsbesuch abgestattet. Die beiden kannten sich schon lange, gingen sich aber normalerweise aus dem Weg. Kofer war in Wachtlers Museum gestürmt, hatte ihn unvermittelt am Kragen gepackt und mit wüsten Beschimpfungen überhäuft – in Gegenwart mehrerer Besucher. Er wollte wissen, wie es sein könne, dass Wachtler schon wieder fündig geworden war, was genau das für Funde waren, warum die Medien so zurückhaltend berichteten. Als Wachtler ruhig und beherrscht reagierte, wurde Kofer handgreiflich und machte Anstalten, sein Gegenüber zu schlagen. Es war nur
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