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Goldrausch in Bozen - Kriminalroman

Goldrausch in Bozen - Kriminalroman

Titel: Goldrausch in Bozen - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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für Samstag zum Grillen einladen.
    Als er an der schweren Massivholztür des Vice-Questore klopfte, ließ dessen Sekretärin, Signora Adelina Sacchini, ein heiteres »Herein!« ertönen. Das frühsommerliche Wetter schien auch sie angesteckt zu haben. Strahlend winkte sie Vincenzo direkt durch zum Büro ihres Chefs.
    Als Vincenzo jedoch dessen Tür öffnete, schlug ihm eine andere Stimmung entgegen. Hier drin roch es eher nach Herbst als nach Frühling. Bei halb zugezogenen Vorhängen saß Baroncini hinter seinem schweren Schreibtisch und starrte auf einen imaginären Punkt in seinem Büro. Er war bleich, hatte den Wetterumschwung bislang anscheinend noch nicht für Aktivitäten im Freien genutzt. Tiefe Ringe unter seinen Augen ließen Vincenzo vermuten, dass er nicht erst seit letzter Nacht schlecht geschlafen hatte. Nachwirkungen eines Alkoholexzesses konnten es nicht sein. Baroncini trank Alkohol nur in Maßen.
    Endlich registrierte er, dass jemand sein Büro betreten hatte. »Ah, Bellini, ich habe Sie gar nicht bemerkt. Haben Sie etwa das Anklopfen vergessen? Setzen Sie sich. Was kann ich für Sie tun?«
    Vincenzo war verunsichert. So hatte er den souveränen Vice-Questore noch nie erlebt. »Bitte halten Sie mich nicht für aufdringlich, Vice-Questore, aber darf ich ganz offen fragen, ob etwas geschehen ist? Haben Sie Ärger? Ist etwas mit der Familie?«
    Baroncini schnaubte verächtlich durch die Nase und kratzte sich am Kinn, das von einem ungewohnt üppigen Bart geziert wurde. Offensichtlich war dessen Pflege in letzter Zeit zu kurz gekommen. »Ärger? Sie belieben zu scherzen, mein Lieber.«
    Vincenzo wurde mulmig zumute. Hing Baroncinis Ärger etwa mit ihm zusammen?
    »Wir wissen beide, dass ich bei Ihrem letzten Fall meine Kompetenzen mehr als ein Mal überschritten habe. Das eine oder andere war mit Patricello abgesprochen, aber nicht alles. Und genau das hat Patricello jetzt, ein halbes Jahr später, spitzgekriegt. Ich wüsste zu gern, aus welcher Ecke diese Informationen an sein Ohr gedrungen sind. Jedenfalls hat er eine interne Untersuchungskommission eingerichtet, die meinem Verhalten und meiner Integrität in diesem Fall auf den Grund gehen soll. Und das mir, dem Korrektheit immer ein besonderes Anliegen ist. Wissen Sie, was das für mich bedeutet, Bellini?«
    Vincenzo sah, dass Baroncini mit sich kämpfte. Einerseits wusste er nur zu genau, warum er seine Kompetenzen überschritten hatte, andererseits fiel es ihm schwer, seinen Commissario nicht dafür verantwortlich zu machen. Für Vincenzos aktuelles Anliegen standen somit die Chancen schlecht, ganz schlecht. In Gedanken ging er alle Kollegen durch. Wer hatte damals davon gewusst, wem wäre so eine Indiskretion zuzutrauen? Marzoli? Niemals. Mauracher, um ihre Karriere zu beschleunigen? Abwegig, Sabine war zuverlässig, integer, geradlinig und hatte außerdem ihre Kompetenzen nicht weniger als Baroncini überschritten. Oder steckte am Ende Fernando Fasciani, der Journalist der »Dolomiten«, dahinter? Immerhin hatte er einiges mitbekommen. Hatte er vielleicht Baroncini angeschwärzt, damit er bald wieder einen richtigen Aufmacher hatte? »Vice-Questore wegen Kompetenzüberschreitung entlassen!«, würde es in Bozen mit Sicherheit auf Seite eins schaffen. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll, Vice-Questore. Ich bin aufrichtig entsetzt.«
    »Schon gut, Bellini, schon gut. Sie können ja nichts dafür. Es war meine freie Entscheidung, und deshalb werde ich mich dieser Kommission mit Freuden stellen und die Mitglieder fragen, was sie an meiner Stelle getan hätten. Aber nun zu Ihnen: Was kann ich für Sie tun?«
    Vincenzo berichtete seinem Vorgesetzten, zu welchen Ergebnissen die laufenden Untersuchungen geführt hatten und warum Andreas Kofer ihr Hauptverdächtiger war. Reiterer hatte gestern noch bestätigt, dass Albers Wasserflasche präpariert gewesen war: »Die Menge an Diphenhydramin, die ich nur in dem Wasser nachweisen konnte, das noch in der Flasche war, würde ausreichen, selbst einen Baum wie Sie in Minutenschnelle zu fällen, Bellini, und zwar final, wenn Sie verstehen, was ich meine.« Auf der Wasserflasche hatten sich Fingerabdrücke von Alber, Ferrari und Kofer befunden. Letzterer hatte die Mittel, die Möglichkeit und das Motiv, Alber als potenzielle Zeugin auszuschalten. »Ich denke, Vice-Questore, das sollte für einen Durchsuchungsbeschluss für Kofer reichen.«
    Baroncini legte den Kopf zur Seite und sah Vincenzo spöttisch an.

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