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Goldrausch in Bozen - Kriminalroman

Goldrausch in Bozen - Kriminalroman

Titel: Goldrausch in Bozen - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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ihm arglos ausliefern und wäre somit verloren.
    Und obwohl Albertazzi der Ansicht war, gegen jedwedes Charisma gefeit zu sein, musste er sich eingestehen, dass von diesem Menschen eine schwer in Worte zu fassende Faszination ausging. Wenn er seine Zelle betrat, empfand er Interesse, sogar eine eigenartige Sympathie und – kurioserweise – zugleich eine bizarre Form von Angst und Bedrohung. Seine Gefühle ließen ihn den Commissario umso besser verstehen, der sich allerdings umsonst sorgte. Selbst ein Raubtier konnte aus diesem zigfach gesicherten Gebäude nicht entkommen. Es gab nichts, wovor der Commissario oder seine Freundin Angst haben müssten. Aber was nutzte aller Verstand, wenn sich das Grauen unwiderruflich ins Unterbewusstsein eingebrannt hatte und sich bei jeder sich bietenden Gelegenheit den Weg an die Oberfläche suchte? Albertazzi hoffte, dass der Commissario endlich zu einem Therapeuten ging, dann würde er das Trauma überwinden und sein Leben sich wieder normalisieren. Ob seiner Freundin das auch gelingen würde, stand auf einem anderen Blatt geschrieben.
    Der Psychiater gab den Zugangscode ein und betrat die Zelle des Serienmörders. »Guten Morgen, haben Sie gut geschlafen?«
    * * *
    Einträchtig saßen sie an Vincenzos Besprechungstisch, starrten auf die Pinnwand und stopften Cantuccini in sich hinein. Als der Commissario aufgrund seiner morgendlichen Gedanken und des Gesprächs mit Gianna eine halbe Stunde zu spät gekommen war, hatte er damit gerechnet, seine Kollegen in einem erbitterten Kampf um die letzte Cantuccini-Tüte anzutreffen. Doch stattdessen hatten sie in bemerkenswerter Eigeninitiative Vincenzos bereits legendäre Pinnwand genutzt, um die neue Faktenlage zu veranschaulichen. Es hatte sich eine Menge getan. So viele Puzzleteile. Langsam, aber sicher zog sich das Netz um den Täter zusammen.
    »Thaler hat Selbstmord begangen, Sara Gasser ist direkt nach dem Goldfund in die Schlucht gestoßen worden«, fasste Vincenzo schließlich die Ergebnisse zusammen. »Theoretisch hätte auch Markus Pircher oder Heinrich Gamper Sara Gasser umbringen können, dann hätten wir jedoch mindestens zwei Täter, da auch diese beiden Opfer von Anschlägen geworden sind. Dass der Brand auf dem Gamperhof kein Unfall war, setzen wir hier mal voraus. Und genauso, dass ein gestandener Bergführer nicht seinem Übermut zum Opfer gefallen ist. Wir müssen zwei Dinge klären. Erstens: Wer hat warum die beiden Anschläge auf Alber verübt? Das Geld ist doch längst verteilt. Warum also noch das Risiko einer weiteren Straftat eingehen? Aus Sicht des Täters hätte es doch nur wichtig sein müssen, möglichst viele Mitstreiter aus dem Weg zu räumen, bevor Gamper aus Deutschland zurückkam. Zweitens: Wie viel Gold hat die Gruppe tatsächlich gefunden? Wirklich nur fünf Kilo, wie alle unisono behaupten? Was schlagt ihr vor, wie sollen wir vorgehen?«
    Marzoli betrachtete nachdenklich den Keks in seiner Hand. »Mir kommt da gerade ein Gedanke. Wie Sie schon sagen, Commissario, machen nur die Morde Sinn, die vor dem Verteilen der Beute erfolgten. Danach dürfte jeder seinen Anteil so gut versteckt haben, dass die anderen kaum eine Chance hatten, ihn zu finden. Ich zumindest würde es so machen. Gasser hat es sofort erwischt, Pircher unmittelbar danach. Thaler entfällt als Selbstmörder bei der Betrachtung. Es machte doch eigentlich keinen Sinn, Heinrich Gamper auszuschalten. Er kam mit Bargeld zurück, das heißt, er hatte das gesamte Geld bei sich. Aber was ist dann geschehen?« Nachdenklich rieb sich Marzoli das Kinn. Plötzlich schnalzte er mit der Zunge. »Ich hab’s! Was ist, wenn die sich Silvester getroffen haben, um im Rahmen ihrer Feier das Geld aufzuteilen? Ich stelle mir vor, dass die alle an Gampers Couchtisch gesessen haben, jeder ein Glas Sekt in der Hand. Auf dem Tisch lag ein riesiger Haufen Geld, dann haben sie angefangen, es zu verteilen. Und damit wusste der Täter, wo Gampers Geld war. Nachts ist er dann zurückgekommen, hat es genommen und den Brand gelegt. So passt alles zusammen. Bis auf die Anschläge auf diese unmögliche Person.«
    Mauracher schien nicht überzeugt von dieser These. »Wenn ich Gamper wäre, hätte ich aber doch meinen Abstecher ins Ausland genutzt und meinen Anteil auf irgendein Konto eingezahlt. Damit es vor Zugriffen geschützt ist.«
    »Nein«, widersprach Marzoli. »Das ist Geld, das niemals irgendwo auftauchen darf. Schon gar nicht auf irgendwelchen Konten. Das

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