Goldrausch: Tannenbergs zweiter Fall
tiefen Atemzug die abgestandene Raumluft ein und seufzte.
»Gut«, begann er leise mit gebrochener Stimme. »Ich gestehe den einen Mord.« Dann wurde er etwas lauter und energischer, zog die Augenbrauen nach oben: »Aber den anderen hab ich nicht begangen!«
Tannenberg sah sich kaum mehr in der Lage, seine Anspannung zu verbergen. Aber er war sich auch im Klaren darüber, dass eine unbedachte Äußerung oder Provokation von ihm oder seinen Mitarbeitern die Sache immer noch verderben konnte. Deshalb zwang er sich zu größter Disziplin.
»Herr Krehbiel, mein Kollege besorgt Ihnen jetzt ein Glas Wasser und Zigaretten«, sagte er mit scheinbarer Gelassenheit und warf Schauß einen kurzen Blick zu. »Welchen Mord haben Sie begangen? Den an dem Obdachlosen oder den an Frau Niebergall?«
»Den Penner hab ich plattgemacht. Aber mit dem Mord an der Frau hab ich nichts zu tun!«
»Aber wie kommen dann Ihre Fingerabdrücke auf die Bärenfigur und auf die Alarmanlage?«, wollte Fouquet wissen, der sich dafür sofort einen tadelnden Blick seines Chefs einhandelte.
»Komm, Michael, jetzt besorg endlich mal das Wasser und die Zigaretten«, herrschte Tannenberg den jungen Kommissar an und wandte sich danach sogleich wieder an sein Gegenüber. »Herr Krehbiel, ich denke, Sie tun sich und uns einen großen Gefallen, wenn Sie die ganze Angelegenheit mal von vorne, also der Reihe nach, erzählen. Wie hat das alles überhaupt angefangen?«
»Ja, wie hat alles angefangen?«, stöhnte der geständige Mörder und legte eine Besinnungspause ein.
»Fangen Sie doch einfach mal an zu erzählen, dann finden wir gemeinsam schon den roten Faden«, versuchte Tannenberg die kurz bevorstehende schwierige Geburt tatkräftig zu unterstützen.
»Hier. Rauchen Sie doch erst mal eine!«, schlug Schauß vor, der eilig in den Raum zurückgekehrt war, und ein Glas Wasser, einen Aschenbecher, ein Streichholzbriefchen und eine unversehrte Packung Filterzigaretten vor den Beschuldigten auf den Tisch legte. Dann setzte er sich erwartungsvoll neben seinen Chef.
Thomas Krehbiel schnappte sich gleich die MarlboroPackung, entfernte mit einer schnellen, geübten Handbewegung die Plastikumhüllung, klappte den oberen Teil der kleinen Pappbox nach oben, zog den aluminiumfarbenen Aromaschutz aus der Lasche, schlug die nun geöffnete Packung routinemäßig auf seinen Handrücken und griff sich die am weitesten herausgeschnellte Zigarette, steckte sie in den Mund und entzündete sie mit einem Streichholz. Es folgte ein tiefer, süchtiger Zug, den Tannenberg mit Abscheu registrierte.
»Herr Krehbiel, womit hat das alles angefangen?«, knüpfte der Leiter des K1 am vorherigen Gesprächsverlauf an.
Bevor er antwortete, zog der modisch gekleidete, schwarzhaarige Mann nochmals hektisch an seiner Zigarette und entließ einen Teil des grauen Rauchs durch seinen rechten Mundwinkel nach draußen. Der noch in den Lungen kurzzeitig verbliebene Rest entfleuchte, während er damit begann, den Kriminalbeamten der Kaiserslauterer Mordkommission seine Geschichte zu erzählen.
Intuitiv spürten Schauß und Fouquet, wie dringend ihr Chef eine Pause benötigte und wechselten sich deshalb bei der Befragung Krehbiels ab, der anscheinend der Meinung war, seine halbe Lebensgeschichte vor den Polizisten ausbreiten zu müssen. Aber da die beiden Kommissare wussten, wie wichtig es war, den Redefluss eines Verbrechers bei dessen Geständnis nicht zu zerstören, sondern ihn allenfalls ein wenig in die gewünschten Richtung zu lenken, ließen sie den kettenrauchenden Mann fast ohne äußere Einwirkung erzählen.
Erst als es für die laufenden Ermittlungen interessant wurde, legte Tannenberg seine Zurückhaltung ab und mischte sich wieder aktiv in die Befragung ein.
»Hab ich Sie da richtig verstanden? Sie sind an diesem Samstag im Oktober letzten Jahres, an dem Susanne Niebergall ermordet wurde, mit Ihrem Chef«, Tannenberg warf einen kurzen Blick auf die wenigen Notizen, die er während des Gesprächs auf das Blatt mit den persönlichen Daten seines Gegenüber gekritzelt hatte, »einem gewissen Christian Berger, zur Firma FIT.net gefahren.«
»Jawohl!«
»Warum?«
»Weil der Chef etwas mit ihr zu besprechen hatte.«
»Und was?«
»Das weiß ich nicht. Der Chef hat mir nur gesagt, dass er mit ihr Schluss machen wollte, weil sie total durchgeknallt sei, nachdem er sie flachgelegt hatte.«
»Inwiefern?«
»Die hätte halt von Zusammenziehen und Heirat gelabert. Und das wollte er
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