Goldrausch: Tannenbergs zweiter Fall
Chef.«
»Was für’n Quatsch! Kümmere du dich besser um deine Gebärmutter!«
Sofort nachdem diese völlig unbedachte Äußerung seinen Mund verlassen hatte, war ihm klar, welch großes Unheil er mit diesen Worten angerichtet hatte.
»Oh Scheiße, Flocke. Das tut mir echt Leid! Das wollt ich nicht. Daran hab ich nicht mehr gedacht!«
Tannenberg ging um den Schreibtisch herum und legte Petra Flockerzie die Hand seines unverletzten Arms tröstend auf die Schulter.
Aber die Sekretärin, die bereits bitterlich zu weinen begonnen hatte, entzog sich durch eine geschickte Drehung ihres Bürostuhls dem unbeholfenen Beschwichtigungsversuch ihres Vorgesetzten und bat ihn schluchzend darum, sie doch nunmehr bitte alleine zu lassen.
Daraufhin schlich der tölpelhafte Leiter des K1 wie ein geprügelter Hund in sein Dienstzimmer, allerdings nicht ohne vorher Kommissar Fouquet mit einem unmissverständlichen Zeichen signalisiert zu haben, dass dieser ihm folgen möge.
»So eine verfluchte Scheiße!«, zischte er zornig vor sich hin. »Ich bin vielleicht ein Hornochse, ein Trampel vor dem Herrn!«
»Wieso, was hat denn die Flocke? Ich versteh ihre Reaktion überhaupt nicht.«
»Kannst du ja auch nicht, Fouquet, kannst du ja auch gar nicht! Du weißt ja nichts von ihrem wunden Punkt. Woher auch? Mensch, so ein verfluchter Mist! Was bin ich doch für ein ausgemachter Vollidiot!«, begann Tannenberg sich erneut selbst zu beschimpfen, wobei er sich mit seiner linken Faust auf die Stirn hämmerte.
»Aber was hat sie denn nun so aus der Fassung gebracht?«, wollte der junge Kriminalkommissar nun endlich den Grund für Petra Flockerzies psychischen Zusammenbruch wissen.
»Ach Gott, die arme Frau hat zwei Fehlgeburten und sogar eine Totgeburt hinter sich. Und als ob sie nicht schon genug damit gestraft worden wäre, hat sie bei ihrer letzten Schwangerschaft auch noch irgendeine schlimme Entzündung bekommen, weshalb eine Totaloperation notwenig war. Und ich Idiot fordere sie auf, sich um ihre Gebärmutter zu kümmern! Verdammt!«
»Jetzt versteh ich, Chef!«
»Diese ungewollte Kinderlosigkeit ist ihr absolutes Trauma; da knabbert sie schon eine Ewigkeit dran rum! Im Vergleich dazu ist ihr permanenter Windmühlenkampf gegen ihr Übergewicht ein totaler Witz.«
Nach seinem Wutanfall ließ sich Tannenberg erschöpft auf seinem Bürostuhl nieder und dachte angestrengt darüber nach, wie er den ungewollt angerichteten Schaden irgendwie reparieren konnte.
»Weißt du was, Fouquet? Ich hab eine Idee!«, sagte er plötzlich, denn er hatte eine Eingebung, mit der er zumindest sein schlechtes Gewissen etwas erleichtern konnte. »Du schleichst dich jetzt an ihr vorbei und gehst schnell in die Stadt. Dann kaufst in einem Reformhaus eine Schachtel Diätpralinen. Und danach gehst du noch zur Buchhandlung. Die ist in der Fußgängerzone. Weißt du, wo?«
»Ja klar, Chef.«
»Gut. Dann kaufst du ihr das neueste Diätkochbuch, das es gibt, egal, was es kostet. Und du lässt dir die Sachen als Geschenke verpacken und versteckst das Zeug in ’ner Tüte, die du mir dann vorbeibringst. Okay?«
»Klar, Chef, mach ich gleich«, antwortete Adalbert Fouquet, nahm von seinem Vorgesetzten einen 50-Euro-Schein in Empfang und bewegte sich in Richtung der Tür.
»Und denk dran: Schmuggel die Tüte irgendwie an der Flocke vorbei. Pass ja auf, dass sie nichts merkt. Und beeil dich!«
Circa eine halbe Stunde später klopfte es an Tannenbergs Tür. Aber nicht der von ihm sehnlichst erwartete Kommissar Fouquet war von seiner dringlichen Einkaufstour zurückgekehrt, sondern Michael Schauß stand da plötzlich vor ihm. Neben ihm Professor von Wandlitz und ein etwa 35jähriger Mann, der bei ihm unwillkürlich die Assoziation ›Boris Becker‹ auslöste.
Der Vergleich war auch nicht ganz abwegig, hatte der Begleiter des Professors doch ebenfalls rötliche, lässig nach hinten gekämmte Haare. Außerdem war sein Gesicht übersät von einer Unmenge zartroter Bartstoppeln. Er trug einen extravaganten, grauen, mit dünnen Längsstreifen durchzogenen Designeranzug, darunter ein leicht glänzendes, strahlend weißes Seidenhemd mit eng anliegendem Kentkragen, in der Mitte zusammengehalten von einem dicken, silbergrauen Krawattenknoten.
Über der etwas zu groß geratenen Nase thronte eine goldene, sportliche Brille mit tropfenförmigen, leicht getönten Gläsern, die dem Betrachter sofort den zentralen Unterschied zu dem berühmten Tennisspieler
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