Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Goldrausch: Tannenbergs zweiter Fall

Goldrausch: Tannenbergs zweiter Fall

Titel: Goldrausch: Tannenbergs zweiter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
Vom Netzwerk:
ziemlich schnell gelungen ist. Der Mann hat dann in sehr kooperativer Weise umgehend das Gebissbild und die anderen Unterlagen zu uns bringen lassen. Die Sachen hab ich natürlich gleich mit ihrem Kiefer verglichen – und die völlige Übereinstimmung festgestellt. Damit ist die Identität der Toten als definitiv geklärt zu betrachten.«
    »Also haben wir zumindest mal das«, resümierte Tannenberg kopfnickend.
    »Übrigens hatte sie kein Kohlenmonoxyd im Blut.«
    »Und das heißt?«
    »Das heißt, dass die Frau eindeutig tot war, als sie verbrannte. Denn bei vitaler Verbrennung hätte ich Kohlenmonoxyd im Blut finden müssen.«
    »Gott sei Dank!«, bemerkte der Kriminalbeamte reflex-
artig, ohne sich eindeutig darüber im Klaren zu sein, weshalb er angesichts dieser eigentlich eher belanglosen Mitteilung doch irgendwie erleichtert war.
    »Ich hab übrigens noch was für dich: Ich hab gestern Nachmittag den wahrscheinlichen Tathergang nochmals rekonstruiert. Und zwar nicht mit einer störrischen Honigmelone«, sagte der Gerichtsmediziner schmunzelnd, »sondern mit einem richtigen Schädel, den ich mit viel Plastilin und einem Stück Folie ausgestopft hab …«
    »Komm, erspar mir weitere Details!«, flehte Tannenberg.
    »Nur, wenn du mir folgende Frage beantworten kannst, die da lautet: Welchem organischen Bestandteil des Gehirns entspricht die von mir verwendete Plastikfolie?«
    »Komm, lass den Quatsch!«
    »Der Gehirnhaut natürlich! Mensch, bist du eine Pflaume!«
    »Verschon mich doch wenigstens heute mal mit diesem makaberen Kram!«
    »Makaberer Kram? Na gut, du armes, zartes Pflänzchen: Also die anschließenden Tests haben meine Hypothese hinsichtlich der Tatwaffe ›Bären-Skulptur‹ eindeutig erhärtet.«
    »Interessant!«
    »Also die Art der Tatausführung deutet auf einen totalen Kontrollverlust hin. Da sind bei jemandem alle Sicherungen durchgebrannt. So was findet man sonst nur bei marodierenden Kriegsverbrecherbanden, die in einem Blutrausch alles niedermetzeln, was ihnen gerade über den Weg läuft. – Mensch Wolf, welches Motiv könnte denn hinter solch einem barbarischen Akt stecken?«
    »Ja, wenn wir das wüssten, wären wir sicher schon einen entscheidenden Schritt weiter.«
    Plötzlich verstummte die Orgelmusik und dünnes Glockengebimmel setzte ein. Die mit geschnitzten Ornamenten umrahmte, schwere, zweiflüglige Eichentür öffnete sich und wurde umgehend von zwei Friedhofsbediensteten in die an der jeweiligen Gebäudeseite befindlichen Metallverankerungen eingeklinkt.
    Ein prächtig geschmückter Sarg wurde auf einem schwarz verkleideten Transportwagen aus der Leichenhalle herausgeschoben, dicht gefolgt von Susanne Niebergalls Eltern. Etwa einen Meter hinter ihnen hatten sich die engsten Freunde und Mitarbeiter der Toten paarweise zu einer feierlichen Prozession zusammengefunden. Bis auf Professor von Wandlitz handelte es sich bei den Mitgliedern der Trauergemeinde um Tannenberg völlig unbekannte Personen.
    »Das gibt’s ja gar nicht! Die sieht doch aus wie Lea«, rief plötzlich der Rechtsmediziner in einer Lautstärke, die ihn kurz danach selbst erschrocken zusammenzucken ließ. Sofort presste er seine linke Hand fest auf Nase und Lippen, so als ob er die unbedachten Worte, die eben unzensiert seinen Mund verlassen hatten, wieder dort hineindrücken wollte, wo sie hergekommen waren.
    Tannenberg reagierte zunächst überhaupt nicht; er war völlig damit beschäftigt, diese unglaubliche optische Täuschung aufzunehmen. Verarbeiten konnte er sie nicht, denn sein Gehirn war total blockiert. Er war wie schockgefrostet, stand absolut bewegungsunfähig im leichten Nieselregen und gaffte ungläubig auf das, was er da sah. Starrte diese Frau an, die in einem eleganten, schwarzen Hosenanzug direkt neben dem Professor ging – und die Lea so sehr ähnelte.
    Man konnte wirklich glauben, es handele sich um ihre leibhaftige Zwillingsschwester: Die gleiche Kurzhaarfrisur, die gleiche fragile Erscheinung, die gleichen feingliedrigen Bewegungen, aber auch die gleichen, ihrem unruhigen Mienenspiel zu entnehmenden Hinweise auf eine unbändige Dynamik, die Lea von der einen zur anderen Sekunde in ein äußerst temperamentvolles Energiebündel verwandeln konnte.
    Hätte sein alter Freund diese Worte nicht ausgesprochen, wäre er sicherlich der Meinung gewesen, dass er aufgrund seiner schmerzhaften Erinnerungen an Leas Beerdigung gerade von einer trügerischen Vision überrumpelt worden war. Aber Dr.

Weitere Kostenlose Bücher