Goldrausch: Tannenbergs zweiter Fall
Der hat sich ziemlich beeilt damit.«
»Was sagt ihr denn dazu, wenn ich euch jetzt mitteile, dass vorhin auf dem Friedhof gar nicht diese Susanne Niebergall, sondern eine ganz andere Frau beerdigt worden ist?«, warf der Leiter des K1 eine verbale Blendgranate in den Raum.
»Was? Wieso?«, fragten seine verblüfften Mitarbeiter in einem vielstimmigen Chor.
»Es ist doch gut möglich, dass die Tote, die wir im Büro dieser Frau gefunden haben, gar nicht sie selbst war. Oder lasst ihr euch etwa von der Tatsache, dass man an der Leiche Schmuck gefunden hat, den die besagte Dame anscheinend zu Lebzeiten getragen hat, so einfach in die Irre führen?«
Betretenes Schweigen.
»Da habt ihr wohl nicht daran gedacht. Ihr denkt einfach viel zu linear! Ihr müsst komplexer denken«, wiederholte Tannenberg fast wörtlich die Aussage des Gerichtsmediziners, ohne dass sich dabei auch nur der geringste Anflug von Schamesröte in seinem Gesicht gezeigt hätte.
Anschließend nahm er Fouquet die Fotos aus der Hand und verzog sich damit schmunzelnd in sein Dienstzimmer.
Bereits wenige Sekunden später öffnete er von innen seine Tür und rief laut in den Vorraum hinaus: »Es handelt sich bei dem verkohlten Leichnam, der heute Mittag feierlich zu Grabe getragen wurde, natürlich um niemand anderen als um diese Susanne Niebergall. Das hat der Doc anhand des Gebissbildes eindeutig festgestellt. Ich hab euch das nur gesagt, damit ihr mal auf andere Gedanken kommt. Schließlich sind wir hier nicht bei der Vermögensberatung einer Sparkasse, sondern bei der Mordkommission. Wenn ich euch daran erinnern darf, wissen wir jetzt zwar über die Identität der Toten Bescheid, aber wir wissen noch immer nicht, wer sie vom Leben in den Tod befördert hat – und zwar auf brutalste Art und Weise! Aber genau das ist unser Job!«
Wer ist bloß diese Frau, die Lea so sehr ähnelt, fragte er sich, als er an seinem Schreibtisch sitzend, gebannt auf die Fotos starrte. Bei der Beerdigungsprozession ging sie direkt neben dem Professor. Bei dieser attraktiven Person handelt es sich nicht um seine Ehefrau, denn die kenne ich ja schließlich. Aber die hat bestimmt eine wichtige Funktion in dieser Firma.
»Flocke, schick mir mal den Fouquet rein«, sagte Tannenberg in die Gegensprechanlage.
»Chef, der ist schon weg«, kam es umgehend zurück.
»Wieso? Wo ist der denn hin?«
»Runter zur Kriminaltechnik.«
»Gut. Dann schau du mal im Internet nach, ob du irgendwo Bilder von den leitenden Mitarbeitern der Firma FIT.net finden kannst.«
»Ja, mach ich sofort. Warten Sie mal einen Augenblick.«
Tannenberg hörte die typischen Hackgeräusche, mit denen seine Sekretärin oft die Keyboardtastatur malträtierte.
»Ich hab’s schon, Chef! Da ist es: Mitglieder der Geschäftsleitung – mit Fotos!«
Tannenberg konnte sich nicht vorstellen, dass seine Sekretärin wirklich schon etwas gefunden hatte. Deshalb begab er sich ohne eine weitere Antwort zu geben, direkt zu Petra Flockerzie an den Computermonitor und sah sofort, dass sich die Hypothese, die er gerade in seinem Zimmer gebildet hatte, exakt zutraf. Denn die Frau, die ihm da so selbstbewusst auf dem Bildschirm entgegenblickte, war eindeutig Ellen Herdecke, der Chief Operating Officer – kurz COO – der Firma FIT.net .
Sabrina Schauß hatte sich vorhin im Kommissariat schon ein wenig über sich selbst gewundert, als sie ohne nachzudenken Geigers Einladung ins Bad Dürkheimer Spielcasino gefolgt war.
Was ist denn schon dabei, wenn ich mal etwas gemeinsam mit einem Kollegen nach Dienstschluss unternehme, rechtfertigte sie ihre spontane Entscheidung vor sich selbst, als sie an ihrem Badezimmerspiegel die Lidstriche nachzog. Michael wird ja abends nach seinen Fortbildungsseminaren auch nicht alleine im Hotel sitzen und die Wände angaffen. Der geht bestimmt auch mit seinen Kollegen weg. Und da ist bestimmt auch die eine oder andere Frau dabei. Außerdem hab ich meine Zustimmung gegeben – und da mach ich doch jetzt keinen Rückzieher mehr! Wie würde das denn aussehen? Als ob ich Angst hätte. Angst wovor? So attraktiv ist dieser kleine, schmierige Kerl nun auch wieder nicht, lachte sie in den Spiegel.
Pünktlich um 18 Uhr erschien Armin Geiger hupend vor Sabrinas Haus, schälte sich aus seinem flachen Sportwagen, begab sich zur Beifahrertür, öffnete sie und platzierte sich wie ein Hoteldiener daneben.
»Mensch Geiger, das muss doch nicht die ganze Straße mitbekommen!«, schimpfte die
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