Goldschatz
Nebenstraßen in reinen Wohnvierteln und behielt dabei ständig die drei Rückspiegel im Auge, um zu sehen, ob sie jemand verfolgte. Sie fragte ihn nicht, ob er ein bestimmtes Ziel vor Augen hatte, aus Angst, er könnte verneinen. Einmal grummelte er etwas.
»Was?«, fragte sie furchtsam.
»Ein Rothaubenspecht«, sagte er. »Sind in dieser Gegend selten.«
In Anbetracht der Umstände konnte sie bei dieser Antwort nur den Kopf schütteln.
Nach etwa vierzig Minuten klappte er die Sonnenblende herunter, schnappte sich die kleine schwarze Fernbedienung, die dort lag, und drückte einen roten Knopf. Im nächsten Moment rollten sie in eine Garage und das Tor schloss sich hinter ihnen. »Komm«, sagte er, ohne ihr auch nur einen Blick zuzuwerfen, und verschwand auch schon durch eine Tür.
Langsam stieg Fiona aus, ihren Rucksack über einer Schulter. Als sie durch die Tür trat, fand sie sich in einer kleinen Küche wieder, die sehr schlicht und sauber war und doch aussah, als würde sie nur sehr selten benutzt. Durch die Tür konnte sie eine Stimme hören. Zögernd ging sie nach nebenan: ein Wohnzimmer mit einem weißen Berberteppich und Polstermöbeln aus schwarzem Leder. An der Wand hingen drei große Aquarelle von örtlichen Szenarien. Hotelzimmer hatten eine persönlichere Note als dieses Apartment.
Ace saß auf dem Sofa und telefonierte.
Fiona ging durch den Kopf, dass sie das Gespräch vielleicht besser unterbrechen sollte, aber sie tat nichts dergleichen. Der gesunde Menschenverstand war stärker als die Angst. Wenn die Polizei nicht wusste, wo sie waren, konnte sie auch das Telefon nicht abhören.
>>Haben Sie die Namen?«, sagte Ace gerade. »Richtig ... Ja, ich verstehe ...Ja, hier bei Joe ... Nein, ich bleibe hier, so lange ich kann ...Ja, sie ist bei mir.«
Ace lehnte sich in die Polster zurück und warf einen Blick auf Fiona, die in dem schwarzen Ledersessel Platz genommen hatte. »Nein, nein, natürlich nicht«, sagte er in den Hörer und lächelte dann. »Sie ist so groß wie ich, trägt also Sachen von mir.«
Bei diesen Worten setzte Fiona sich abrupt auf und funkelte ihn böse an.
Bei der Erwiderung der Person am anderen Ende der Leitung wurde sein Lächeln breiter. »Ja, in Ordnung. Sag ihr, sie soll sich keine Sorgen machen, ich habe alles unter Kontrolle. Ich warte auf dein Fax ... Ja, okay, du auch.«
Als er auflegte, musterte Fiona ihn immer noch mit vernichtendem Blick, aber er ignorierte sie. »Hast du Hunger? Ich weiß nicht, ob was Essbares da ist.«
Fiona erhob sich mit einer geschmeidigen Bewegung und baute sich vor ihm auf. »Ich will wissen, was vorgeht. Was hast du unter Kontrolle? Wo sind wir? Wen hast du angerufen und was war so komisch an deinen ... an diesen Kleidern? Abgesehen davon, dass ich von ihnen die Nase voll habe.«
Und er hat Unrecht, sagte sie sich, er ist mindestens fünf Zentimeter größer als ich. Mit Absätzen wäre sie ebenso groß gewesen, aber in den alten Turnschuhen musste sie zu ihm aufsehen, nur ganz leicht, aber immerhin.
Wie so oft ignorierte er sie auch diesmal. Er ging einfach um sie herum und hinüber in die Küche. Fiona blieb ihm dicht auf den Fersen, so dicht, dass sie beinahe gegen die Tür des Gefrierschranks lief, als er diesen öffnete. »Diverse gefrorene Cholesterinbomben. Welches Gift ziehst du vor?« Er hielt zwei Packungen hoch - eine mit Schinkenomelett und eine mit Käseomelett.
Sie holte tief Luft. »Ich will wissen, was hier los ist«, sagte sie, um Beherrschung bemüht. »Ich werde wegen Mordes gesucht. Die Zeitung ...«
»Nein, wir werden wegen Mordes gesucht.« Er hatte die Tiefkühlgerichte zurück ins Eisfach gelegt und schaute jetzt in den Schränken nach. »Kannst du Pfannkuchen backen?«
Fiona ließ frustriert die Arme sinken, ballte die Hände zu Fäusten, öffnete den Mund und wollte losschreien.
Ace legte ihr eine Hand über den Mund.
»Was zum Teufel soll das werden?«, fragte er wütend. »Wenn dich jemand hört, könnte er nachsehen wollen, was hier los ist.« Langsam nahm er seine Hand weg und nickte in Richtung Arbeitsplatte. »Setz dich, während ich Frühstück mache.«
Sie rührte sich nicht. »Bei Gott, wenn du mir nicht sofort sagst, was hier läuft, schreie ich mir die Lunge aus dem Leib.«
»Du hast wirklich ein cholerisches Naturell. Warst du deswegen schon mal bei einem Therapeuten?«
Hierauf öffnete Fiona erneut den Mund, aber diesmal reagierte er nicht, sondern musterte sie nur abschätzig.
Fiona
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