Goldstein
Nachfolger immer schon gehalten hatte. Und zweitens war MarionBosetzky dieser Drecksau nicht nur als Spitzel zu Diensten, sondern offensichtlich auch in anderer Hinsicht. Auch wenn das Gesicht, das sie dabei machte, nicht immer glücklich aussah.
Rath blätterte durch die Bilder und grinste, als er ein ganz besonderes fand. Er hielt es in den Lichtkegel und steckte es ein. Marion war auf diesem Bild zwar nicht so gut getroffen wie auf den anderen, aber dafür stand im Hintergrund ein riesiger Kleiderschrank. Ein Schrank mit Spiegeltüren.
80
S ie saßen wieder bei Tietz, der Treffpunkt hatte sich bewährt. Diesmal hatte Lange sie zum Frühstück eingeladen. Der Kriminalassistent machte einen etwas unglücklichen Eindruck. Außerdem schien er schlecht geschlafen zu haben. Er hatte ein Berliner Tageblatt mitgebracht, das vor ihm auf dem Tisch lag, neben einer Tasse Kaffee.
»Falls Sie noch nicht gefrühstückt haben – ich lade Sie ein«, sagte er und winkte dem Kellner. Sie hatten das Restaurant um diese Uhrzeit fast für sich allein.
»Danke, nicht nötig.« Charly bestellte eine Tasse Tee mit Zitrone und zeigte auf die Zeitung. »Schon was gehört von unserem Zeugen?«
Lange schüttelte den Kopf. »Noch keine Resonanz auf unseren Aufruf, obwohl sechs Zeitungen ihn heute Morgen schon gebracht haben. Mit Bild.«
»Ist ja auch ein ziemliches Allerweltsgesicht.«
»Sie sagen es.« Lange schaute skeptisch. »Um nicht ganz untätig zu sein, habe ich gestern schon versucht, denjenigen ausfindig zu machen, der den Notruf seinerzeit entgegengenommen hat, bislang leider erfolglos.«
»Weil unser Zeuge den Krankenwagen gerufen hat, meinen Sie?«
Lange nickte. »Vielleicht hat er bei der Gelegenheit ja einen Namen genannt. Wenn er denn kein Gespenst ist.«
»Sie meinen, Alex hätte uns angelogen? Den Mann einfach erfunden? Das glaube ich nicht.«
»Sie will nicht selbst in den Zeugenstand, da liegt es doch nahe, dass sie einfach einen Zeugen erfindet. Um von sich selbst abzulenken.«
Charly schüttelte den Kopf. »Sie mag eine Kriminelle sein, aber ich glaube, sie sagt die Wahrheit.«
»Womit wir beim zweiten Thema wären«, seufzte Lange. »Alexandra Reinhold ist eine Kriminelle. Wenn herauskommt, was ich hier mache, dass ich Sie Informationen beschaffen lasse von einer Verbrecherin, die wir einfach laufen lassen, dann kostet mich das Kopf und Kragen. Und Sie gleich mit. Dann ist Ihre Karriere im Eimer, bevor sie überhaupt begonnen hat.«
Charly holte eine Zigarette aus der Schachtel. »Ich darf doch?«, fragte sie.
»Bitte.« Lange zeigte mit dem Finger auf den Fußboden. »Hier bei Tietz wurden vor ein paar Wochen Uhren und Schmuck im Wert von mehreren Tausend Reichsmark gestohlen. Die Täter haben sich des Nachts im Kaufhaus einschließen lassen. Das Gleiche zehn Tage später bei Karstadt. Was meinen Sie, wer dringend tatverdächtig ist?«
»Ich sehe, Sie haben einen heißen Draht zu Arthur Nebe.«
»Wenn Nebe wüsste, dass wir ihm seine Hauptverdächtige vorenthalten!« Lange war lauter geworden, als er eigentlich wollte. Er schaute sich erschrocken um.
»Er darf es eben nicht erfahren. Niemand darf etwas von unserem Gespräch erfahren und von unserer Abmachung.«
»Sie sind sich darüber im Klaren, dass Sie eine Verbrecherin decken? Dass wir eine Verbrecherin decken.«
»Hören Sie«, sagte Charly, »ich weiß sehr gut, was Alex getan hat und dass sie kein Engel ist. Aber sie hat uns wichtige Informationen gegeben.« Sie zog an ihrer Zigarette, beinahe trotzig. »Wenn ich sie jetzt ausliefere, wird sie mit hoher Wahrscheinlichkeit verurteilt werden, und damit wäre ihr Leben dann endgültig verpfuscht.« Auch Charly war lauter geworden, doch sie schaute sich deswegen nicht um.
»Ich fühle mich einfach nicht wohl bei der Sache«, sagte Lange. »Als Polizist dachte ich, automatisch immer auf der richtigen Seitezu stehen, aber in diesem Fall weiß ich nicht mehr, was die richtige Seite ist.«
»Hauptwachtmeister Kuschke ist ein Polizist, der einen Menschen, einen Minderjährigen, auf dem Gewissen hat. Ein Mörder, der versucht hat, auch noch das Mädchen zu töten, das ihn erkannt hat. Er hat auf Alex geschossen. Ist das die richtige Seite?«
»Natürlich nicht.« Ein Hauch von Empörung lag in Langes Stimme. »Wenn ich dieser Meinung wäre, hätte ich den Fall hier längst zu den Akten gelegt. Glauben Sie, ich mache mir damit Freunde in der Burg? Wenn die ganze Sache hier erst mal öffentlich
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