Goldstein
haben wir ja den richtigen Mann im Präsidium sitzen.«
»Ich sitze nicht für Sie im Präsidium. Ich tue Ihnen einen Gefallen, weil ich Ihnen noch etwas schuldig bin. Das ist alles.«
»Ich habe Sie darum gebeten, die Hintergründe von Hugos Verschwinden aufzuklären.«
»Ich habe Ihnen gleich gesagt, dass ich vermute, dass das eine Falle war, da im Osthafen. Dass er die Sache wahrscheinlich nicht überlebt hat.«
»Wahrscheinlich. Und wer hat diese Falle gestellt?«
»Ich habe mich mit den Kollegen unterhalten, die den Fall bearbeiten.« Was tatsächlich recht ergiebig gewesen war. Plisch und Plum hatten bereitwillig erzählt, was sie wussten. Vor allem Czerwinski schien richtig stolz darauf zu sein, die Ermittlung leiten und seinen Kumpel Henning ein wenig herumkommandieren zu dürfen. »In der Gerichtsmedizin ist festgestellt worden, dass Hugo Lenz nicht ertrunken ist«, fuhr Rath fort. »Man hat ihn erschossen. Eine Kugel in den Kopf, eine ins Herz. Wie bei Rudi Höller. Man geht davon aus, dass Hugos Leiche einige Tage in der Spree getrieben hat, bevor sie in der Schleuse wieder ans Tageslicht kam. Die Kollegen gehen also davon aus, dass sie irgendwo spreeaufwärts ins Wasser geworfen wurde. Dass es im Osthafen war, wissen sie nicht.«
»Aber Sie wissen es.«
»Das habe ich Ihnen vor einer Woche schon gesagt: Es steht zwar fest, dass Hugo Lenz aufs Hafengelände gegangen ist, aber niemand hat ihn wieder herauskommen sehen. Sein Wagen stand am nächsten Morgen immer noch da, wo er ihn abends abgestellt hatte. Und dann die Schüsse, die der Nachtwächter in der Nähe des Kühlhauses gehört haben will.«
»Sie haben sich mein Warenlager doch angeschaut und nichts gefunden.«
»Und trotzdem glaube ich, dass es dort passiert ist. Hugo Lenz wurde von demjenigen erschossen, der sich mit ihm am Hafen verabredet hat, in einer Lagerhalle der Berolina, weil er sich dort sicher fühlte. Der gleiche modus operandi wie bei Ratten-Rudi. Nur dass man den in einer Müllkippe verschwinden lassen wollte und Lenz ins Wasser geworfen hat.«
»Und trotzdem sind beide Leichen gefunden worden«, meinte Marlow.
»Vielleicht sollten sie gefunden werden«, sagte Rath. »Verstümmelt und entstellt. Als Warnung für Sie und die Nordpiraten.«
»Und wer soll dahinterstecken?«
Rath zuckte die Achseln. »Ein anderer Ringverein. Oder sonst jemand, den Sie noch nicht auf der Rechnung haben.«
Marlow machte ein nachdenkliches Gesicht. »Und dieser Jemand hat einen amerikanischen Killer angeheuert?«
»Eher jemanden, der Goldstein das Ganze in die Schuhe schieben will. Denn so wirkt das Ganze im Moment auf mich. Ein wenig inszeniert.«
»Sie erstaunen mich, Herr Kommissar! Sie nehmen gerade einen Gangster in Schutz!«
»Goldstein kann es nicht gewesen sein. Zur Tatzeit habe ich ihn überwacht.«
»Ich denke, er ist Ihnen dauernd entwischt.«
»Später ja. Aber nicht an dem Tag, an dem Hugo Lenz verschwunden ist.«
»Wie dem auch sei«, sagte Marlow, »jedenfalls haben wir ein Problem. Jetzt, wo endgültig feststeht, dass der rote Hugo kaltgemacht wurde, bin ich gezwungen zu handeln.«
»Sie wollen Rache nehmen? Ohne genau zu wissen, wer dahintersteckt?«
Marlow zuckte die Achseln. »Nicht dass wir uns missverstehen«, sagte er. »Ich trauere nicht persönlich um Lenz. Aber sein Tod, das ist auch ein Affront gegen meine Organisation. Und alle Welt geht davon aus, dass die Piraten dahinterstecken. Also werden die Piraten es auch auszubaden haben. Die tanzen uns seit einigen Wochen ohnehin schon viel zu sehr auf der Nase herum. Und wer weiß, ob Lapke nicht sogar seine Finger im Spiel hat.«
»Er und Ratten-Rudi waren doch die engsten Freunde.«
»Und Konkurrenten.«
»Sind Sie da nicht etwas voreilig?«
Marlow schaute Rath direkt in die Augen mit seinem harten, kalten Blick. »Ich werde handeln müssen. Und wenn Sie mir nicht sagen können, wer Hugo Lenz getötet hat, wird es wohl die Piraten treffen.«
»Wissen Sie, was in der Stadt los ist, wenn Sie jetzt gegen die Piraten ziehen? Das gibt ein höllisches Blutvergießen.«
»Meinen Sie, ich lasse mir alles gefallen? Wenn ich jetzt nicht zurückschlage, entsteht genau dieser Eindruck, und dann habe ich die Berolina schneller gegen mich, als ich bis drei zählen kann.«
»Statuieren Sie meinetwegen ein Exempel. Lassen Sie ein paar Piraten zusammenschlagen, entführen Sie ein paar und sperren sie in feuchte Keller. Aber riskieren Sie keinen offenen Krieg, bevor Sie
Weitere Kostenlose Bücher