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Goldstein

Goldstein

Titel: Goldstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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Oberscharführers Mitglied der SA im Gau Berlin-Brandenburg war, und zwar seit dem 12. Dezember 1930, unterschrieben von Walther Stennes persönlich, dem mittlerweile von Hitler geschassten früheren Berliner SA-Führer.
    Grzesinski und Weiß würden alles daran setzen, dass die Presse davon keinen Wind bekäme. Nicht auszudenken, wenn herauskäme, dass ein Berliner Polizist trotz strengsten Verbots von Innenministerium und Polizeipräsident Mitglied der SA geworden war und sich in deren Uniform sogar hatte ablichten lassen.
    Mit den übrigen Dingen, die sie in der Kassette fanden, und die Kuschke offensichtlich ebenso schützenswert waren wie sein SA-Ausweis, konnten sie nicht allzu viel anfangen. Einen schwarzen Aufnäher fanden sie, auf den eine weiße Hand gestickt war, eine ähnlich gestaltete Anstecknadel und ein paar Fotos, auf denen Kuschke mit ein paar anderen Männern zu sehen war, allerdings alle in Zivil, niemand in SA- oder Polizeiuniform.
    Sie packten alles wieder zurück und wollten gerade gehen, da hörten sie Schritte in den Regalreihen, und schließlich schaute Kronberg vom Erkennungsdienst um die Ecke.
    »Ah, da sind Sie ja«, sagte er zu Lange. »Fräulein Steiner hat mir gesagt, dass ich Sie hier finde.« Das galt allein dem Kriminalassistenten; Charly beachtete der ED-Chef überhaupt nicht.
    Kronberg griff in einen Umschlag und legte das Foto eines blutigen Messers auf das Regalbrett, direkt neben das Holzkästchen.
    »Das Messer, mit dem Kuschke ermordet wurde«, sagte Charly. »Haben Sie etwas herausgefunden?«
    »Das ist kein Messer, das ist ein Dolch«, verbesserte Kronberg. Er gönnte ihr nur einen herablassenden Seitenblick, dann sprach er wieder mit Lange. »Genauer gesagt: ein Grabendolch. Hergestellt für die Grabenkämpfe im Weltkrieg. Jeder Kriegsteilnehmer hat so einen zuhause.« Kronberg schaute so, als habe er noch etwas auf Lager, schwieg aber.
    »Und?«, fragte Lange.
    »Eigentlich also schwierig, bei so einer Waffe den Besitzer ausfindig zu machen. Aber ...« Er schaute triumphierend. »... in diesem Fall ist es uns wahrscheinlich gelungen.«
    »Und?« Lange wurde immer ungeduldiger.
    »Der tote SA-Mann im Humboldthain – der wurde mit so einem Ding erstochen, mit seinem eigenen. Bislang fehlte von der Tatwaffe jede Spur – aber wenn Sie mich fragen ...« Kronberg deutete auf das Foto. »Das hier ist sie.«
    94
    J ohann Marlow erwartete ihn mit einer Flasche Weißwein im Kühler. F.W. Borchardt war eine der gefragtesten Gourmetadressen in Berlin, ein Haus, das eine gute Küche mit einem bestens gefüllten Weinkeller verband. Marlow hatte sich einen Tisch in einer Nische geben lassen, in der sie ungestört waren. Liang saß mit am Tisch, auch für Rath war eingedeckt. So sehr er diese ungefragten Aufmerksamkeiten Johann Marlows hasste, so wenig war er in der Lage, sich dagegen zu wehren. Was hätte er auch sagen sollen? Nein danke, ich habe schon gegessen? Dazu knurrte sein Magen viel zu sehr. Seit seinem ebenso schnellen wie mageren Mittagessen mit Gräf und Tornow im Stettiner Bahnhof hatte er nichts mehr bekommen. Kirie ebenso wenig. Beinahe wäre er mit dem Hund gar nicht ins Lokal gekommen, doch Liang, der ihn an der Tür erwartete, hatte sich darum gekümmert, dem Mann am Empfang einen Schein gegeben, und schon hatte sich ein Boy des Hundes angenommen. Kirie war bereitwillig mitgegangen; ihr Instinkt musste ihr verraten haben, dass es etwas zu fressen gab.
    »Setzen Sie sich«, sagte Marlow, »Wein?«
    Rath nickte. Er musste nicht auf den Kellner warten, Liang übernahm das Einschenken.
    »Tut mir leid, das mit Lenz«, sagte Rath. »Vielleicht tröstet es Sie, wenn ich Ihnen erzähle, dass Ratten-Rudi tot auf einer Müllkippe gefunden wurde.«
    Marlow schlug unvermittelt mit der Faust auf den Tisch. »Verdammt«, sagte er. »Warum erfahre ich das nicht von Ihnen, dass Lenz tot ist? Warum muss mir erst Teuber von der Berolina erzählen, dass Ihre Kollegen in der Amor-Diele aufkreuzen, da für gewaltige Aufregung sorgen und schließlich damit rausrücken, dass Hugos sterbliche Überreste aus der Mühlendammschleuse gefischt wurden?«
    »Ganz einfach«, sagte Rath und zündete sich eine Zigarette an. Wenn er eines gelernt hatte im Umgang mit Marlow, dann dies, dass es nicht ratsam war, sich von dem Mann einschüchtern zu lassen. Er inhalierte ein paarmal, bevor er weitersprach. »Ich bin mit der Sache nicht betraut und habe es auch erst von Herrn Liang erfahren.«
    »Da

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