Goldstück: Roman (German Edition)
darin so sehr an Diana Rigg aus den sechziger Jahren erinnerte.
Kiki … Schnell schiebe ich den Gedanken an meine Cousine beiseite und füge im Geiste hinzu. »Tut mir leid, Süße, natürlich vergesse ich dich nicht und denke an dich. Aber heute muss ich mich voll und ganz auf den Job konzentrieren. Und, äh, ich hoffe, du nimmst mir nicht übel, dass ich mal kurz in deine Rolle schlüpfe … Aber ich weiß ja, du würdest es verstehen!«
»Frau Schäfer?«
Ich zucke zusammen, für einen kurzen Augenblick hatte ich Daniel Unverzagts Gegenwart komplett vergessen. »Äh, ja?«
»Sie waren gerade so versunken, ist irgendwas?«
»Nein, nein«, beeile ich mich, zu versichern. »Ich bin in Gedanken nur noch einmal das heutige Programm durchgegangen, aber jetzt können wir starten.« Ich deute schwungvoll Richtung Ausgang und marschiere los, Daniel Unverzagt folgt mir brav auf dem Fuße. Draußen bemerke ich wieder diesen Seitenblick von ihm.
»Ist irgendwas?«, wiederhole ich nun seine Frage von eben.
»Äh, nein.« Wieder wird er rot. »Ich muss nur sagen … Sie sehen wirklich toll aus, eher wie eine Modeberaterin als ein Coach.«
Einerseits freue ich mich über das Kompliment – andererseits bin ich sofort wieder verunsichert. Bin ich unpassend gekleidet? Kiki ist auch nicht ständig im grauen Windsor-Kostümchen mit Perlenkette herumgelaufen. Na ja, vermutlich, weil sie in Sachen Outfit immer mich gefragt hat. »Ich persönlich würde vermutlich die ganze Zeit in schlabberigen Jogginghosen stecken«, hat sie mir gegenüber einmal lachend festgestellt. »Dafür habe ich echt kein Händchen.« – »Dafür hast du ja mich!«, hatte ich grinsend erwidert.
»Wissen Sie«, gebe ich zurück und beschließe, mich nicht ins Bockshorn jagen zu lassen, sondern mal ganz auf selbstbewusst zu machen, »in erster Linie bin ich zwar Coach – aber in zweiter Linie eben eine Frau.« Gekonnter Augenaufschlag von unten, zack! Daniel läuft noch eine Nuance röter an.
»D… d… das habe ich jetzt überhaupt nicht negativ gemeint«, stottert er. »Oder war das jetzt etwa schon wieder ein Fettnäpfchen?«
»Ein Fettnäpfchen?«
»Ja, wie Sie gestern sagten: Wie es in den Wald hineinruft, so schallt es heraus. Ich wollte einfach nur zum Ausdruck bringen,
dass Sie toll aussehen, und Ihnen darüber ein Kompliment machen. Aber«, jetzt schaut er absolut niedlich bedröppelt drein, »das ist wohl mal wieder gründlich in die Hose gegangen.«
»Nein, Quatsch, ist schon in Ordnung, das ist bei mir nicht falsch angekommen, danke für das Kompliment.« Daniel Unverzagt atmet erleichtert auf. »Dann gehen wir mal zu Ihrem Auto.«
Daniel trottet los, ich folge ihm.
»Sagen Sie«, fragt er auf dem Weg zu seinem Wagen, »machen Sie das eigentlich immer so?«
»Was mache ich immer so?«
»Na ja, es kommt mir etwas … ungewöhnlich vor, dass wir mit meinem Auto irgendwohin fahren. Also, nicht, dass ich etwas dagegen hätte. Aber bisher kannte ich es von anderen Seminaren eigentlich so, dass man gefahren wird. Und nicht umgekehrt.«
»Sehen Sie, Herr Unverzagt.« Gott sei Dank habe ich mir darüber schon gestern Gedanken gemacht. »Das ist eben das Besondere an meiner Methode. Bei mir geht es auch darum, dass meine Klienten lernen, Eigenverantwortung zu übernehmen. Das heißt, sie werden nicht durch die Gegend kutschiert, sondern müssen selbst dafür sorgen, von A nach B zu kommen. Mehr noch: Sie übernehmen sogar noch Verantwortung für eine weitere Person.«
»Für eine weitere Person?«
»Für mich natürlich – ich sitze ja mit im Auto. Also, fahren Sie mal schön vorsichtig!«
Eine knappe Stunde später erreichen wir unser Ziel, mittlerweile hat meine Anspannung ihren Höhepunkt erreicht. Hoffentlich findet er die Idee nicht vollkommen beknackt, bete ich innerlich, während ich Daniel die Anweisung erteile, seinen BMW auf den großen Parkplatz zu lenken.
»Da wären wir!«, teile ich ihm fröhlich mit, sobald er den Motor ausgeschaltet hat.
»Hier?« Er sieht sich irritiert um.
»Genau!« Ich strahle ihn, hoffentlich selbstsicher, an.
»Heide-Park Soltau?«
»Exakt.«
»Wir gehen in einen Freizeitpark?«
»So sieht’s aus.«
»Und was machen wir hier?«
Ich seufze und setze mein bestes Hör-mal-zu-ich-weiß-Bescheid-Gesicht auf. »Herr Unverzagt, was haben Ihnen Ihre Mitarbeiter häufiger vorgeworfen?«
»Äh, da stehe ich jetzt gerade auf dem Schlauch und weiß nicht, worauf Sie anspielen.«
»Dass
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