Golem - Golem - Genome, Inc.
Wünsche und Hoffnungen. Und viele von ihnen würden sterben – an Krebs, Herzinfarkten oder anderen Krankheiten, die ihren Ursprung im menschlichen Genom hatten. Genico konnte diesen Menschen helfen. Aber dann musste jemand das Unternehmen in die richtige Richtung führen. Doch Roosevelt war sich nicht sicher, ob er dieser Jemand war.
»Was ist mit Phillip?«, fragte er.
»Phillip kann Genico nicht führen. Er würde ein riesiges Vermögen ansammeln und ein bedeutender Mann werden, aber er ist kein Führer für die gesamte Menschheit. Ihn interessieren nur die eigenen Bedürfnissen.« Der alte Mann hob den Handschuh, und der Falke kehrte zu seinem Herrn zurück. Erneut flüsterte Saxton Senior dem Vogel zärtlich etwas zu und zog ihm vorsichtig wieder die Haube über. Dann streichelte er dem Tier über die Flügel, die feucht vom Nebel waren. »Du und Phillip, ihr habt euch immer nahegestanden. Du musst Phillip die Gründe für meine Entscheidung begreiflich machen. Irgendwann wird er es akzeptieren.«
Roosevelt glaubte nicht, dass sein Vater recht hatte. Phillip hatte seine Fehler, aber Roosevelt hielt ihn noch immer füreinen guten Mann. Er war einfach nur vom Weg abgekommen. Die Entscheidung seines Vaters würde ihn tief verletzen. Von frühester Kindheit an herrschte Konkurrenz zwischen Phillip und Roosevelt, und Roosevelt wusste, dass sein Bruder diese Konkurrenz todernst nahm. Es ging um Frauen, Ruhm, Erfolg – sogar um die Liebe ihres Vaters. Das waren ihre Schlachtfelder. Roosevelt liebte seinen Bruder, wusste aber auch, dass Phillip ihm tief im Herzen seine Erfolge neidete. Für alles, was Roosevelt scheinbar zuflog, musste Phillip hart kämpfen. Die Entscheidung ihres Vaters würde ihn tief treffen. Für ihn wäre es eine weitere Schlacht, die er gegen seinen jüngeren Bruder verlor.
»Und wenn ich mich weigere?«, fragte Roosevelt.
»Das wirst du nicht«, antwortete Saxton Senior. »Tief in deinem Herzen weißt du, dass es so besser ist.«
»Habe ich Zeit, darüber nachzudenken?«
Sein Vater nickte und gab den Falken an Regal Blue weiter. »Natürlich. Ich will meinen Rücktritt bei der nächsten Aufsichtsratssitzung bekannt geben, in genau einer Woche. Ich hoffe, bei dieser Gelegenheit auch meinen Nachfolger benennen zu können.«
Roosevelt nickte. »Ich verstehe.«
Regal Blue öffnete die Glastür für sie, und Roosevelt folgte seinem Vater zurück ins Büro. Vorsichtig setzte der Transkriptor den Falken auf seine Stange und nahm dann wieder seinen Posten in der äußersten Ecke des Raumes ein, wo er stumm und regungslos wie ein Möbelstück verharrte.
Saxton Senior nickte, trat hinter seinen Schreibtisch und zündete sich eine Zigarre an. »Ich möchte, dass du zu den nächsten Spielen gehst.«
»Aber das ist nicht meine Welt!«, protestierte Roosevelt. Er hasste die Spiele. Sie waren ein barbarisches Relikt aus uralterZeit, für das es in einer zivilisierten Gesellschaft keinen Platz mehr gab.
»Viele wichtige Leute werden dort sein. Mitarbeiter von Genico. Du musst dich bei ihnen sehen lassen«, sagte Saxton Senior, und sein Tonfall verriet, dass dieses Thema nicht zur Diskussion stand. »In meinem Apartment liegen zwei Tickets. Nimm Dolce mit und versuch, ein bisschen Spaß zu haben.«
»Wenn du unbedingt willst«, gab Roosevelt nach. Diskussionen mit seinem Vater konnte man nicht gewinnen.
Saxton Senior nickte und schaute nachdenklich drein. Im Licht des Vormittags sah Roosevelt, wie alt sein Vater geworden war. Saxton hatte zwar die Genindustrie geschaffen, hatte sich aber sein Leben lang geweigert, selbst ein Samp zu nehmen. Er zog es vor, der Natur ihren unvermeidlichen Lauf zu lassen.
»Ich muss dich noch um einen weiteren Gefallen bitten.« Saxton Senior ließ sich auf den dick gepolsterten Lederstuhl hinter seinem Schreibtisch nieder. Er seufzte und strich sich übers Haar. »Ich werde nicht ewig da sein. In gewissem Sinne sterben wir alle vom Augenblick unserer Geburt an. Jede Sekunde, die vergeht, ist eine Sekunde weniger, die wir auf dieser Erde verbringen können. Aber ich rede von etwas Dringenderem als davon, dass ich nicht mehr allzu lange leben werde.«
»Sag so etwas nicht. Wir haben Samps …«, begann Roosevelt, doch sein Vater hob die Hand, um ihm Schweigen zu gebieten.
»Ich glaube, dass wir so leben sollten, wie Gott uns erschaffen hat, und das ohne Bedauern. Ich habe mit diesem Geschäft angefangen, um Menschen zu helfen, die schlimme Schmerzen
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