Golem - Golem - Genome, Inc.

Geschichte haben unsere Laborratten genetische Anomalien in deinem Blut entdeckt.«
    »Anomalien?«
    Monroe hob den Finger, drehte die Akte wieder um und las stumm. Eine Minute lang herrschte Schweigen; dann verlor Roosevelt die Geduld und fragte: »Und was hat man gefunden?«
    »Wie bitte?« Monroe lächelte. »Ach ja, tut mir leid. Weißt du, ich finde das alles wirklich faszinierend. Ich hätte Medizin studieren sollen.«
    »Ich habe Ihnen eine Frage gestellt.«
    Monroe lächelte erneut und beugte sich über den Tisch. »Du willst wissen, was sie herausgefunden haben? Schauen wir mal …«
    Monroe fuhr mit dem Finger die Zeilen entlang. »Im Blut des Subjekts finden sich weder reverse Transkriptaseproteine noch Retrotransposone oder ihre Derivative vom Typ LINE-1.«
    Monroe schaute Roosevelt bedeutungsvoll an.
    »Ich weiß nicht, was das heißt«, sagte Roosevelt.
    Monroe lachte. »Ich wusste es auch nicht, bis ich gefragt habe. Aber da ist noch mehr. Die Laborratten sagen: ›Nach weitergehenden Untersuchungen ist festzustellen, dass dem Genom des Subjekts jegliche Pseudogene, Retropseudogene, Satelliten, Minisatelliten und Transposone fehlen.‹ So, jetzt weißt du, was im Bericht steht.«
    »Aber ich weiß immer noch nicht, was es bedeutet.«
    »Das bedeutet, dass deinem Blut eine Menge von dem Scheiß fehlt, den alle anderen haben. Pseudogene und das ganze andere Zeug erfüllt keinen Zweck im Menschen. Wärst du ohne diesen Mist geboren worden, würdest du den Verlust nicht mal bemerken.«
    »Und?«
    Monroe schüttelte den Kopf. »Fakt ist, dass wir das Zeug zwar nicht brauchen, es aber trotzdem alle haben. Ein kleines Geschenk von Mommy und Daddy. Jeder Mensch hat etwas davon, eine ganze Menge sogar. Du aber nicht.«
    »Und was heißt das?«
    Monroe lächelte. »Komm schon. Willst du mir etwa sagen, du kapierst immer noch nicht?«
    »Was soll ich kapieren?«
    »Na gut, dann mache ich eben weiter. Es gibt nur eine Bevölkerungsgruppe auf diesem Planeten, die diesen Mist nicht hat. Weißt du, wer das ist?«
    »Nein.«
    »Transkriptoren«, erklärte Monroe. »Genetisch konstruierte Menschen. Als die Weißkittel die Transkriptoren erschufen, haben sie diese Dinger bis ins kleinste Detail perfekt gemacht. Und sie haben die ganze Müll-DNA eliminiert, die ohnehin kein Schwein braucht, diese Pseudogene … Himmel, ich kann den Scheiß nicht mal richtig aussprechen.«
    »Und was bedeutet das jetzt?«
    »Das bedeutet, dass sie deine DNA getunt haben wie einen Rennwagen.« Monroe schaute Roosevelt in die Augen. »Du bist ein Transkriptor, mein Freund.«
    Monroe lehnte sich im Stuhl zurück und verschränkte die Arme vor der Brust.
    »Ich bin kein Transkriptor!«, erklärte Roosevelt mit Bestimmtheit. »Ich habe Eltern. Ich erinnere mich an sie. Ich war ein ganz normales Kind, habe Laufen gelernt, Schwimmen, Fahrrad fahren. Ich habe …«
    »He!« Monroe hob abwehrend die Hände. » Ich mache diese Untersuchungen nicht.«
    »Ich bin kein Transkriptor.«
    »Hör auf mit dem Mist. Du weißt, was du bist. Du bekommst keinen Anwalt, und du bekommst keinen Prozess, denn Transkriptoren sind von Anfang bis Ende Staatseigentum. Du hast keine Rechte. Die Verfassung gilt nicht für dich.«
    »Hören Sie, wenn ich einen Anruf machen könnte … Lassen Sie mich meinen Vater anrufen. Meine Frau ist in Gefahr …«
    Monroe griff in seine Hemdtasche, holte einen kleinen Stapel altmodischer Fotoabzüge heraus und legte ihn vor Roosevelt auf den Tisch. Die Bilder zeigten ein Zimmer. Ein Bett. Zwei Leichen. Blut auf dem Boden und den Laken.
    »Ist das hier auch ein Fehler?«, wollte Monroe wissen und deutete mit dem Kopf auf die Bilder.
    Roosevelt zuckte entsetzt zusammen. »Was ist das?«
    »Zwei Leichen. Ziemlich übel zugerichtet, selbst für einen Transkriptor«, sagte Roosevelt. »Jack Smalls und seine Frau. Ich glaube, sie haben mit dir zusammengearbeitet.«
    »Ja, sicher. Ich meine, ich habe nicht direkt mit ihnen zusammengearbeitet. Smalls war im Labor beschäftigt«, sagte Roosevelt. »Ich erinnere mich, von den beiden gehört zu haben. Aber was hat das mit mir zu tun?«
    »Jaaa …«, sagte Monroe gedehnt. »Warum hast du es getan?«
    »Warum habe ich was getan?«
    »Komm schon. Du weißt, wer Smalls und seine Frau gekillt hat.«
    Roosevelt schüttelte den Kopf. »Ich verstehe nicht. Wer …«
    »Du , du gottverdammte Bestie! Du hast sie um die Ecke gebracht, hast dich dann wieder in dein nettes kleines Leben geschlichen