Golem - Golem - Genome, Inc.
der, in dem er sich befand. In dem Raum saß ein Mann auf einem identischen Stuhl, hinter einem identischen Tisch. In dem Moment, bevor die Tür sich wieder schloss, konnte Roosevelt erkennen, dass der Mann an Händen und Füßen gefesselt war. Er hielt den Kopf gesenkt, und Blut lief ihm aus der Nase. Dann wurde Roosevelt der Blick durch die sich schließende Tür versperrt.
Ein Mann war ins Zimmer gekommen.
Auf der anderen Seite des Tisches stand ein Stuhl, der nicht am Boden festgenietet war, denn der Mann zog ihn nach hinten und setzte sich. Er trug Jeans, Cowboystiefel und ein kurzärmeliges blaues Hemd, über dessen linker Brusttasche »Tom« zu lesen stand. Das Haar des Mannes war lang und fettig und wurde von einem schmutzig weißen Cowboyhut bedeckt. Der Mann war schlank und muskulös; seine Unterarmvenen waren so dick wie bei einem Heroinabhängigen. Er hatte eine alte Aktenmappe dabei, die er nun vor sich auf den Tisch legte. Dann schlug er sie auf und begann zu lesen.
»Haben Sie hier das Sagen?«, fragte Roosevelt. Als keine Antwort kam, fuhr er fort: »Hören Sie mir bitte zu. Meine Frau ist in Gefahr. Leute sind in mein Haus gekommen. Sie haben gesagt, ich sei ein Transkriptor. Ich weiß nicht genau, was passiert ist, aber meine Frau ist in großer Gefahr. Die Männer … sie haben meine Frau auf diese Art angeschaut, die … Sie wissen schon. Ich muss zu ihr und ihr helfen!«
Der Mann hörte auf zu lesen, schaute Roosevelt an und sagte im Flüsterton: »Ich weiß, was du bist.«
Roosevelt blinzelte. »Bitte?«
Der Mann hatte sich wieder den Papieren zugewandt. »Mein Name ist Tom Monroe. Ich gehöre zum Dezernat für flüchtige Transkriptoren. Und nur ich stehe noch zwischen dir und einem Erschießungskommando.«
Der Mann grinste, rückte seinen Hut zurecht und legte die Hände auf den Tisch. Seine Augen waren blau, mit einem Stich ins Grüne.
»Erschießungskommando?«, sagte Roosevelt. »Das soll wohl ein Witz sein.«
»Sehe ich aus, als würde ich scherzen?«
»Ich will mit demjenigen sprechen, der hier das Sagen hat. Ich habe nichts Falsches getan. Das alles ist ein Missverständnis!«
»Ein Missverständnis.«
»Ja. Ein Missverständnis. Ich bin kein …« Roosevelt hielt kurz inne, dachte nach. »Ich bin nicht das, für was Sie mich halten. Sie dürfen mir nichts tun, weil hier ein Irrtum vorliegt …«
Monroe kratzte sich die Nase, warf sich dann unvermittelt über den Tisch und schlug Roosevelt mitten ins Gesicht. Roosevelts Kopf wurde in den Nacken geschleudert. Funken tanzten vor seinen Augen. Der Metallstuhl grub sich in seinen Rücken; dann sackte sein Körper wieder nach vorne. Er schüttelte den Kopf, hob den Blick. Ihm war schwindelig. Benommen starrte er Monroe an.
»Glaubst du immer noch, dass ich dir nichts tun kann?« Monroe nahm seinen Cowboyhut ab und schaute ihn sich an. »Du gehörst mir. Ich werde dich zurechtbiegen, Junge. Ich werde dich in Form bringen. Verscherz es dir nicht mit mir.«
Roosevelt schwieg. Der Mann war wahnsinnig. Es wäre in der Tat gefährlich, sich mit ihm anzulegen.
»Sag mir, warum du hier bist«, wollte Monroe wissen.
»Ich weiß nicht, warum ich hier bin«, antwortete Roosevelt. Sein Schädel brummte. »Kennen Sie meinen Vater? Er ist ein mächtiger Mann. Er ist …«
Der Cowboy grinste. »Ja. Vielleicht kenne ich ihn.«
»Rufen Sie ihn an. Er wird für mich bürgen.«
»Ich muss ihn nicht anrufen«, sagte Monroe. »Versteh mich nicht falsch, persönlich habe ich kein Problem mit Transkriptoren. Sie arbeiten schwer, sie machen ihren Job, und sie respektieren Autoritäten. Aber mit dir habe ich so langsam ein Problem. Du scheinst dem Programm nicht zu folgen.«
»Ich bin kein Transkriptor!«
»Ich habe in Texas angefangen«, sagte Monroe. »Ich habe Illegale am Rio Grande geschnappt. Mexikaner. Aber nachdem sie die Grenze geöffnet haben, musste ich mir natürlich etwas anderes suchen. So bin ich hier gelandet. Und ich bin gut in meinem Job, verdammt gut. In diesem Raum hier bin ich Gott. Du wirst nicht ohne mich essen. Du wirst nicht ohne mich scheißen. Du wirst nicht ohne mich atmen. Wenn du dann sagst, dass du ein Transkriptor bist …«, Monroe zuckte mit den Schultern, »dann nehme ich an, bist du ein Transkriptor.«
»Aber ich bin keiner!«
»Nicht?«
Monroe drehte die Akte herum und deutete mit dem Finger darauf. »Das hier ist die Geschichte von Thomas Roosevelt. Ich habe sie heute Abend gelesen. Und in dieser
Weitere Kostenlose Bücher