Golem - Schicksalstraeger
verlangst du …?«, begann ich sie aus vollem Halse anzublaffen.
»So redest du nicht mit mir mein Freund!«, zischte Silvana nun ihrerseits ziemlich bedrohlich und tadelnd. Ich wich ängstlich vor ihr zurück. Silvana hingegen trat an mich heran und schüttelte warnend den Zeigefinger.
Als sich mein Schreck vor ihr verflüchtigte, erklärte sie:
»Es macht dich wütend, weil durch dich die uralte Magie der Welt fließt. Fast alle Wesen, denen es ebenso ergeht, streben nach demselben: Dem Schutz der Magie, denn die Magie ist heilig.« Sie trat energisch noch einen Schritt auf mich zu. Ihre ganze Haltung machte sich bereit für den messerscharfen Befehl: »Und genau deshalb wirst du diese Bücher lesen!« Aus lauter Empörung blieb mir doch glattweg das Wort im Halse stecken. War so verdammt aufgebracht. Wieder widersprach es meiner Art. Was war nur los mit mir?
Sonst war ich doch immer der Fels in der Brandung, die Ruhe in Person, gewesen. Jetzt war ich richtig jähzornig. Ich wollte Silvana gar beschimpfen und ihr die schlimmsten Flüche auf den Hals hetzen! Funkelte sie bitterböse an – meine geliebte Silvana!
Ich holte tief Luft und bekam noch gerade rechtzeitig die Kurve.
»Silvana, was ist los mit mir?«, fragte ich zu scharf und regulierte meinen Tonfall. »Ich bin doch sonst nicht so …« Ich fröstelte.
»Die Zeit ist gekommen. Es fängt an. Du beginnst dich zu verändern.« Meine Knie sackten weg. Ich war so verwirrt. Vor Silvana gebeugt hockte ich da mit einer riesigen inneren Anspannung in mir, die mehr und mehr Kraft zusammenballte.
Da spürte ich es das aller erste Mal. Etwas, das überall war und am Boden am deutlichsten spürbar war. Es war etwas, dass ich kannte, ohne mich zu erinnern. Etwas das mir Angst machte und dennoch obsiegte meine Neugier.
Ich legte die Hände auf den Boden und mir war, als würde ich geradewegs durch die Erde fallen.
Der freundliche Tag wurde durch absolute, samtene Schwärze abgelöst. Ich war weit fort von Silvana und weit fort vom Wald und doch war ich überall zu gleich. Was oder wo war ich?
War ich ohnmächtig geworden? Ein Brocken der in Ohnmacht fällt?! Lächerlich!
Mir wurde ganz anders.
Je weiter ich fiel, desto mehr zerrte etwas an meinen Sinnen. Es war, als würde etwas versuchen zu mir durchzudringen.
So plötzlich ich gefallen war, so plötzlich endete der Spuk.
Silvana schien nichts, von dem was gerade geschehen war, bemerkt zu haben. Ich war überwältigt, überrumpelt und verwirrt. Mein Atem ging schwer. Schnell sammelte ich mich wieder und verlor kein Wort über das Geschehene. Weiß der Teufel, was in mich gefahren war.
»Du musst hinter das Geheimnis kommen, aber dabei kann ich dir nicht helfen«, drangen sanft Silvanas Worte in meine Ohren. »Abgesehen davon, dass ich es mehr ahne, als es sicher zu wissen. Falls meine Ahnung sich bestätigt, musst du alleine darauf kommen. Es gibt keinen anderen Weg.«
Ich hörte Silvana nur halb zu. War zu sehr damit beschäftigt den Vorfall in meinem Kopf herumzuwälzen. Wurde ich verrückt?
Gewöhnlich hätte mich Silvanas Stimme beruhigt - heute nicht. Stattdessen schoss mir auf einmal noch verzweifelter als je die Frage nach meinem Namen in den Sinn. Wie irrsinnig! Gerade jetzt in dieser Situation!
»Silvana, wie heiß ich?« Meine Stimme klang fremd; rau und dünn, kaum mehr als ein Flüstern, dass soviel Verzweiflung beherbergte.
»Du hast keinen Namen. Zumindest ist er mir nicht bekannt«, antwortete sie mir und schüttelte leicht betrübt den Kopf.
»Gib mir einen.« Es war mehr Betteln als ein Befehl. Golem, so nannte man mich, aber es erschien mir plötzlich nicht mein Name zu sein.
»Nein«, meinte sie bestimmt.
»Warum?«, fragte ich bitterböse verzweifelt.
»Lüfte das Geheimnis.«
Sie ging wieder in die Hütte und überließ mich mir selbst. Es war definitiv etwas wie eine Identitätskrise, erklärte ich mir schließlich. Ich hatte noch nie von einem Brocken mit so etwas gehört.
Dann stolperte ich darüber, dass Silvana scheinbar rein gar nichts Ungewöhnliches bemerkt hatte.
Prophets Lied drang an meine Ohren. Es war fröhlich und befreite meinen Geist wieder. Er setzte sich auf mein Knie und musterte mich eingehend. Sein Blick wanderte zu den Büchern und er begann eifrig darin zu picken.
»Ey nicht«, sagte ich mit keinerlei Überzeugung.
»Das würde Silvana nicht gefallen«, fuhr ich fort. Ohne Überzeugung versuchte ich, Prophet von den Büchern zu vertreiben. Dabei
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