Golem - Schicksalstraeger
Silvana verzog das Gesicht und ich konnte förmlich sehen wie es hinter ihrer faltigen Stirn ratterte. Sie setzte sich auf und fuhr sich sorgenvoll mit der Hand durchs Gesicht.
»Dieses Mal bin ich es, die nicht weiß, wo sie beginnen soll«, sagte sie.
»Wie wäre es mit dem Anfang?«, schlug ich vor und entrang ihr damit ein flüchtiges Lächeln, weil es dieselben Worte waren, die sie mir gesagt hatte, nachdem ich das Königskind gerettet hatte.
»Am Anfang«, wiederholte sie und nickte, »dort wo wir uns das letzte Mal sahen. Nachdem du in die Tiefe gestürzt warst, befürchteten wir erst, du hättest es nicht überstanden. Wir durchforsteten so gut es ging die Gegend doch von dir fehlte jede Spur. Wir wussten weder ob du tot noch ob du lebendig warst. Doch nach ein paar Wochen gaben wir die Suche auf. Und ich war inzwischen sicher, dass du überlebt hattest, aber nicht soweit warst mit uns zurückzukommen.« Sie seufzte.
»Danach lief alles nach und nach aus dem Ruder. Wir gingen zurück hierher und schmiedeten Pläne, wie wir andere Magier aufspüren könnten. Sykora glaubte daran, dass ihre Schwester eine Hexe war, also begannen wir genau dort. Wie sich herausstellte ist ihre Schwester eine Hexe mit gut versteckten Kontakten zu vielen anderen Magiern, die inzwischen überall verstreut leben. Durch diese fanden wir weitere und so weiter. Das klingt zwar alles gerade sehr einfach, doch das war es nicht.
Wir sind auf jede Menge Widerstand gestoßen. Viele Magier lehnten es erst einmal ab uns zu trauen und somit sich uns zu offenbaren. Doch Skorn und Sykora sind der beste Beweis, dass das alte System noch seine volle Bedeutung hat. Und so zogen die beiden gemeinsam mit Boris aus, um Magier zu finden und sie davon zu überzeugen sich uns anzuschließen. Edoron und ich trainierten sie soweit es in unseren Fähigkeiten lag. Edoron lehrte sie zu kämpfen und ich lehrte sie Kräuterkunde und das was ich über Magie und ihre Anwendung weiß, so weit es in meiner Befähigung lag.«
»Ihr habt viel erreicht«, stellte ich fest.
»Ja«, entgegnete sie und schüttelte zugleich den Kopf.
»Aber nach ein paar Monaten bekam ich Zweifel.«
»Zweifel? Woran?«
»An der Mission«, antwortete sie schlicht. Jedoch jagte es mir einen eisigen Schauer unter meine Haut.
»Golem, siehst du es nicht?« Sie sah mir fest und eindringlich in die Augen. »Es hat mit einem Krieg geendet, aber was ist, wenn ein erneuter Krieg nicht die Lösung ist? Was ist zum Beispiel, wenn ich die Prophezeiung falsch auslegte? In der Prophezeiung war die Rede von einem gigantischen Kampf, aber es war nie die Rede von einem Krieg. Was ist wenn ich einen Kampf zu einem Krieg machte? Und wenn der Kampf ein ganz anderer ist als der den ich interpretierte?« Sie schüttelte bekümmert den Kopf.
»Und mit diesen Zweifeln ging meine Krankheit«, sie umklammerte das Wort Krankheit mit den Zeigefingern, »einher. Aus irgendeinem Grund verlor ich nach und nach meine Fähigkeit Magie zu wirken und damit kam dann meine Schwäche.
Es ist fast so, als würde ich allmählich zu einem gewöhnlichen alten Weib. Vielleicht liegt das auch an meinem hohen Alter, so genau weiß ich das nicht zu beurteilen. Wie dem auch sei, auf alle Fälle …«, sie zögerte einen Moment und fuhr sich nochmals aufgebracht mit der Hand durchs Gesicht. Erst als ich ihre Hand ergriff, schien sie wieder etwas ruhiger zu werden.
»Auf alle Fälle dachte ich über meine Zweifel nach. Ich mein, ich seh inzwischen einige Gründe weshalb dieser Krieg nicht richtig wäre und der beste Beweis ist, dass Eltern gegen ihre Kinder kämpfen müssten und das kann nicht richtig sein!« Ich wusste, dass sie auf Pseiyun und Skorn anspielte.
»Ich wurde unkonzentriert. War nur noch halbherzig, wenn überhaupt, mit der ursprünglichen Sache, der Ausbildung der Magier beschäftigt. Suchte in meinem Kopf nach Lösungen und Alternativen. Und mein Verhalten blieb nicht unbemerkt. Ich glaube es war Diego, der Skorn direkt auf mich ansprach.
Eines abends sprach dann Skorn mich an und ich hielt es für das richtige ihm meine Zweifel mitzuteilen. Er reagierte, als hatte er es zwar erwartet, doch wollte er es nicht akzeptieren. Er hörte nicht auf mich. Ich weiß nicht einmal, ob er über meine Worte nachdachte. Danach hielt er mich sehr im Auge. Stellte für sich fest, dass ich nicht mehr als Anführerin taugte – sofern ich es je war – und nahm die Sache fortan selbst in die Hand.
So ließ er dann Edoron
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