Golem - Schicksalstraeger
leuchten. Doch in dieses Leuchten mischten sich pechschwarze aderförmige Linien und Punkte. Am stärksten waren sie bei der Wunde zu sehen, doch inzwischen durchzogen sie seinen ganzen Körper.
»Das Licht der weißen Magie hält keinen Platz für deine Schwärze, Fluch. Kreuche zurück in deine Finsternis!«
Aus allen Richtungen von Golems Körper zogen sich die Spuren des Fluchs zur Wunde zurück, bis schließlich nichts mehr von seiner Schwärze übrig war. Skorns Fingerspitzen waren stattdessen schwarz geworden, als wollte der Fluch ihm die Stirn bieten. Skorn ging in die Knie. Schweißperlen standen ihm im Gesicht. Er spürte, wie Silvanas Schutzmagie ihn davor bewahrte dem Fluch zu erliegen. Die Tsurpageister sprachen die Formeln, die zuvor Skorn gesprochen hatte, wieder und wieder und wurden mit jedem Mal nachdrücklicher in einem einzigen mächtigen Chor.
Skorn ging vollends zu Boden. Er spürte, dass der Fluch versuchte auf ihn überzugehen, doch die Tsurpageister hielten ihn auf und würden ihn gänzlich in seine Finsternis zurückdrängen.
Er hörte Sykora ebenfalls die Worte sprechen, hörte sie sogar noch schwach aus seinem eigenen Mund dringen:
»Das Licht der weißen Magie hält keinen Platz für deine Schwärze, Fluch. Kreuche zurück in deine Finsternis!«
Zugleich betrachtete er seine Fingerspitzen und fragte sich, ob das wirklich alles gewesen sein soll, was Golem vergiftet hatte. Dieses Bisschen, das doch so unscheinbar aussah!
Und Skorn wirklich wenig erschien, dafür, dass es Golems Körper völlig verseucht hatte. Das Schwarz schwand immer mehr zu Grau und wurde schließlich vollkommen ausgelöscht. Skorn merkte, dass der Fluch fort war und wie zur Bestätigung sauste ein Blitz seiner Hexe direkt neben seiner Hand in den Boden, um den Rückweg für den Fluch zu versiegeln.
Skorn rappelte sich außer Atem auf. Er sah wie jeder andere, egal ob Mensch oder Geist, den Jungen an. Golem atmete noch, aber jeder fürchtete sich, dass er die Augen dennoch nie wieder öffnen würde.
In angespannter Stille, in der jeder den Atem anhielt, polterte es laut tönend aus dem hinteren Bereich der Halle, als die Tür aufgestoßen wurde. Als wären alle Anwesenden eine Person, drehten sie sich zur Tür. Ein weißer Drache zwängte sich in die Halle. Er sah Golem skeptisch an.
»Tod ist er ja schon mal nicht …«, stellte er langsam fest.
»Heißt das du freust dich oder nicht?«, fragte ein Geist, der nahe an der Tür stand.
»Hm …«, schnaube der Drache lang gezogen. Er sah dem Burschen wohl an, dass er sich mit Drachen auskannte. Vielleicht schätzte er sogar seine Meinung; die Weisheiten der Drachen.
Der Drache schob seinen Kopf dicht an Golem heran. Dort legte er seinen Kopf auf die Steine.
»Das weiß ich nicht.« Der Drache kniff die Augen zusammen und musterte den Jungen vor sich genau, ehe er weitersprach: »Ich sah ihn: In meinen Träumen und in meinen Albträumen.« Stille folgte den Worten des Drachen.
»Es mag so sein, dass alle wichtig für diesen Krieg sein werden, doch nur einer wird die Entscheidung bringen. Den Krieg wird es geben, ebenso wie es sein Ende geben wird, aber der Ausgang wird bestimmt von so jemanden.« Der Drache musterte Golem ausgiebig. »Eigentlich sieht er gar nicht aus wie ein Schicksalsträger, stattdessen abgesehen von seinem roten Haar, sogar eher unscheinbar. Trotzdem spielt er eine Schlüsselrolle.«
Der Drache schloss die Augen und döste, während ein leises Raunen um ihn und Golem herum anhob. Sie könnten viel diskutieren, ändern würde das nichts. Während er die Augen fest geschlossen hatte, blitzen die Bilder des zukünftigen Krieges vor seinem geistigen Auge auf. Ein mächtiger rothaariger Magier, blutjung und doch ein Urgestein, würde der grausamste – grausamer noch als die Hexe – sein oder derjenige, der barmherzig genug war, um die blutige Schlacht zu beenden.
Ein Magier, der die Magie selbst gefunden und gesehen hatte in Form eines bunt haarigen Kindes. Die Magie, eine der alten Mächte, in einer Hülle, die sein Geist erfassen konnte. Damit, so hatte der Drache gesehen, ward ihm bereits als Kind die Quelle der Magie dargeboten. Der Drache schauderte leicht.
Es stellte sich nicht die Frage, ob dieser Magier der Macht entsagen konnte, die ihm die Magie selbst verlieh, sondern lediglich, ob er sich selbst treu blieb.
Der weiße Drache wusste, dass Golem trotz allem sehr wohl sterblich war. Er stellte sich die Frage, ob es allen zum
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