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Golem und Dschinn: Roman (German Edition)

Golem und Dschinn: Roman (German Edition)

Titel: Golem und Dschinn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Wecker
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Es wäre eine Geste der Zuneigung.
    »Chava?«
    Sie blickte erschrocken auf. Selma stand in der Tür. »Papa sagt, dass du mit dem Verkaufen an der Reihe bist.«
    »Natürlich.« Sie schob ihre Sorgen in die hinterste Ecke ihres Kopfes und ging zum Ladentisch, wo sie die gehetzte Mrs. Radzin ablöste. Die Frau tätschelte ihr dankbar den Arm und zog sich zurück. Der Golem lächelte und begann, die Kunden zu bedienen.
    »Guten Tag, Mrs. Levy.«
    Ein kleiner alter Mann mit blitzenden Augen stand vor der Theke. »Mr. Schall!«, sagte sie überrascht. »Ich habe Sie seit der Hochzeit nicht mehr gesehen. Wie geht es Ihnen?«
    »Ach, ganz gut, ganz gut. Und Ihnen? Bekommt Ihnen das Eheleben?«
    Ihr Lächeln drohte zu erlöschen; sie riss sich zusammen. »Ja, obwohl ich fürchte, dass Sie meinen Mann öfter sehen als ich.«
    Er kicherte. »Jammerschade. Wahrscheinlich wäre es Ihnen lieber, wenn Sie nicht arbeiten oder schlafen müssten.« Sie hielt nur einen Augenblick inne, bevor sie ihm lächelnd zustimmte.
    Die Schlange hinter ihm wurde ungeduldig. Sie fragte, »Was darf es für Sie sein, Mr. Schall?«, und konzentrierte sich auf ihn, bereit zu holen, was immer er verlangte.
    Aber da war nichts.
    Sie sah, wie er den Mund bewegte, und hörte ihn sagen: »Können Sie drei Dutzend Brötchen erübrigen? Leider haben wir einen harten Tag im Wohnheim.« Doch jenseits davon hatte er keine Wünsche. Da war nur eine Leere, ein riesengroßes Nichts.
    »Natürlich«, sagte sie leise. Und dann mit festerer Stimme: »Ja, natürlich. Wir können auch mehr erübrigen, wenn Sie möchten.«
    »Nein, drei Dutzend sollten genügen.«
    Sie packte rasch die Brötchen ein und wickelte Schnur um die Schachteln. In die letzte legte sie eine Handvoll Makronen. »Die sind für Michael«, sagte sie. »Und eine ist für Sie.«
    Er lächelte und dankte ihr, dann zögerte er und schaute sie an. »Sie sind eine vorbildliche Frau, Chava. Ich habe nie daran gezweifelt, dass Sie eine bewundernswerte Ehefrau sein werden.« Und dann war er verschwunden.
    Sie wandte sich dem nächsten Kunden zu und hörte kaum auf seine Bestellung.
Nie daran gezweifelt?
Was für eine sonderbare Wortwahl. Er hatte sie doch erst ein einziges Mal gesehen. Vielleicht hatte er gehört, wie Michael von seiner Verlobung erzählte. Aber – sie schauderte, als sie an die bizarre Leere, den vollkommenen Mangel an Ängsten und Wünschen dachte. Es war anders gewesen als bei Ahmad. Die Ängste und Wünsche des Dschinns waren noch da, nur verschleiert, vor ihren Blicken verborgen. Bei Joseph Schall hatte sie das Gefühl, als wären sie vorsätzlich entfernt worden. Sie dachte an den Arzt auf der
Baltika
, der Rotfelds Blinddarm herausschnitt, ihn aus seinem Körper nahm.
    Den restlichen Nachmittag begrüßte und bediente sie Kunden und verbarg ihr Unbehagen unter ihrem gewohnten Lächeln. Doch die ganze Zeit wurde sie das Gefühl nicht los, dass mit Joseph Schall etwas ganz und gar nicht stimmte.

    »Ein Erfolg!«, sagte Sam Hosseini zum Dschinn. »Ein Riesenerfolg!«
    Die Ketten waren alle mit einem hübschen Profit verkauft worden. »Könntest du vielleicht noch ein Dutzend machen?«, fragte Sam. »Und diesmal auch noch dazu passende Armbänder?« Und wieder einmal nahm der Dschinn sein Werkzeug zur Hand. Doch sein Interesse an den Ketten war schon verblasst; er sah voraus, dass er sich damit bald genauso langweilen würde wie mit Arbeelys Bratpfannen.
    Arbeely arbeitete mittlerweile immer länger in der Schmiede. Da sie mit Aufträgen überhäuft wurden, hatte er das Thema angesprochen, einen weiteren Gehilfen, einen Lehrling vielleicht einzustellen. Der Dschinn war alles andere als begeistert von dieser Idee. Abgesehen von seiner kaum erträglichen Wohnung war die Werkstatt der einzige Ort, wo er er selbst sein konnte – doch Arbeely würde zweifellos darauf bestehen, dass er seine unorthodoxen Methoden vor einem Neuankömmling verbarg.
    Trotz des Schweigens und der angespannten Atmosphäre – oder vielleicht gerade deswegen – kamen sie mit der Arbeit gut voran; und eines Nachmittags bemerkte der Dschinn, dass er und Matthew die Hälfte von Sam Hosseinis Bestellung bereits fertiggestellt hatten und ihrem Zeitplan voraus waren. Der Dschinn lächelte, als er Matthew durch die Tür verschwinden sah. Vielleicht, so dachte er, würde er ein eigenes Geschäft gründen, ohne Arbeely, und Matthew als Lehrling aufnehmen.
Ahmad und Mounsef, Kunstschmiede.
Arbeely war unterwegs,

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