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Golem und Dschinn: Roman (German Edition)

Golem und Dschinn: Roman (German Edition)

Titel: Golem und Dschinn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Wecker
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nützlicher als Leichen.«
     
    Die letzte der miteinander verbundenen Höhlen war auch eine der größten. In den Ecken lagen irgendwo ergatterte Dinge herum: angesengte Felle und Schafsknochen, haufenweise alte Ornamente aus Eisen, krumme Schwertklingen, tönerne Krüge und getrocknete Kräuter. Eine große Mulde in der Mitte der Höhle, umgeben von einem hohen Ring aus Steinen, diente Ibn Malik als Feuerstelle. Daneben stand ein riesiger glatter Felsen, geformt wie ein Tisch. Vermutlich hatte der Hexer ihn irgendwie in die Höhle gebracht, allerdings konnte Abu Yusuf sich nicht vorstellen, wie das möglich gewesen war. An manchen Stellen wies er Risse, Spalten und dunkle Rußstreifen auf. War es ein Amboss?
    Er sah Ibn Malik zu, der hin und her wuselte, Töpfe und Pulver und Eisenteile holte. Aus einer Nische trug er eine Lederrolle herbei, die er aufwickelte, und eine Sammlung eiserner Werkzeuge kam zum Vorschein: mit Fell umwickelte Zangen, gebogene schwarze Haken, stumpfe Hämmer, nadeldünne Ahlen. Abu Yusuf wurde bei ihrem Anblick blass, und Ibn Malik kicherte. »Die sind zum Schmieden, nicht für deine Tochter«, sagte der Hexer. Damit würde er die Werkzeuge schmieden, die er brauchte, um den Dschinn einzufangen, erklärte er: Eine Flasche, um ihn einzusperren, und eine Schelle, um ihn in menschlicher Form gefangen zu halten. »Für die Flasche brauche ich Kupfer«, sagte Ibn Malik und kramte in seinen Vorräten. »Und Eisen für die Schelle.«
    »Aber die Dschinn ertragen die Berührung von Eisen nicht.«
    »Umso besser kann man sie damit kontrollieren.«
    Die Schmiedearbeiten würden einen Tag dauern, vielleicht länger, sagte Ibn Malik. »Nimm deine Tochter mit und warte vor der Höhle«, fuhr er fort. »Wenn es Nacht wird, mach ein Feuer und verlass den Feuerschein nicht, bis die Sonne aufgeht. In der Wüste befinden sich Dinge, die ich im Lauf der Jahre sehr verärgert habe. Es wäre eine Schande, wenn sie aus Versehen über dich herfallen würden.«
    Abu Yusuf holte seine Vorräte aus den Gepäcktaschen der Pferde und errichtete ein Lager vor dem Eingang der Höhle. Er baute ein provisorisches Bett für Fadwa und deckte sie mit Fellen und Decken zu in der Hoffnung, dass deren Gewicht sie festhielt. Die Wirkung des Beruhigungsmittels, das Ibn Malik ihr gegeben hatte, hatte nachgelassen – sie rührte sich hin und wieder und murmelte etwas vor sich hin. Er sammelte genügend Gestrüpp und Holz für die Nacht, machte ein großes Feuer, setzte sich davor und fragte sich, ob er Ibn Maliks Warnung, den Feuerschein nicht zu verlassen, beherzigen sollte. Wahrscheinlicher war, dass der Hexer seine Flucht verhindern wollte. Doch als das Blau des Himmels dunkler und dann violett wurde und die ersten Sterne funkelten, horchte Abu Yusuf auf den Wind, der über die Hügel strich, und das leise Rascheln unsichtbarer Geschöpfe, und warf mehr Holz ins Feuer.
    Die Nacht über schürte er das Feuer, bewachte seine Tochter und horchte auf die Wüste. Hin und wieder hörte er ein leises Geräusch aus der Höhle in seinem Rücken, das klirrende Echo von Eisen auf Eisen und einmal eine leise Stimme, die Kauderwelsch redete. Als sich der Morgen näherte, nickte er manchmal für ein paar Minuten ein und träumte. Erst nach Tagesanbruch gestattete sich Abu Yusuf, richtig einzuschlafen.
    Einige Zeit später wachte er erschrocken auf, desorientiert und benommen, mit schmerzendem Körper. Aus der Höhle drang kein Geräusch. Fadwa lag noch unter dem Haufen Decken, hatte jedoch ihre Arme befreit und streckte die tastenden Finger gen Himmel. Sie versuchte, nach der Sonne zu greifen. Rasch wickelte er ein Tuch über ihre Augen und hoffte, dass sie sich nicht geblendet hatte. Er fütterte sie mit so viel Joghurt, wie sie essen wollte – er würde bald schlecht werden, es war sinnlos, ihn aufzuheben – und kaute ein paar Streifen getrocknetes Fleisch. Er dachte an Fatim, die zu Hause auf ihn wartete.
    Er hörte Schritte in seinem Rücken und stand auf, als Ibn Malik aus der Höhle kam.
    Bei seinem Anblick wich Abu Yusuf unwillkürlich einen Schritt zurück und trat dabei fast in die heiße Asche des Feuers. Ibn Maliks Augen funkelten in ihren Höhlen wie Diamanten. Die Luft um ihn herum schien vor Hitze zu flimmern. In den Händen hielt er zwei Gegenstände: eine kupferne Flasche und eine eiserne Schelle.
    »Ich bin fertig«, sagte der Zauberer. »Und jetzt holen wir ihn.«

Kapitel  23
    E s war noch nicht einmal acht Uhr

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