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GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit

GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit

Titel: GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Westerfeld
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kam, erstattete Deryn Bericht und versuchte, sich ihre Angst nicht in der Stimme anmerken zu lassen. Was immer diese riesigen Bäume, die hart wie Nägel waren und sich mit den Wurzeln in den gefrorenen Tundraboden krallten, umgemäht hatte, es würde ein Luftschiff binnen Sekunden zerfetzen.
    Sie kehrte zur Winde zurück, wo Mr. Rigby weitere Mitteilungen von Newkirk empfing. Der Huxley schwebte jetzt fast eine Meile über dem Schiff, und der geschwollene Wasserstoffsack war nur noch als dunkler Micker am Himmel zu erkennen.
    Der Bootsmann nahm seinen Feldstecher herunter. »Wenigstens dreißig Meilen Durchmesser, sagt er.«
    »Pusteln und Karbunkel«, fluchte Deryn. »Könnte dafür ein Erdbeben verantwortlich sein, Sir?«
    Mr. Rigby dachte kurz darüber nach, dann schüttelte er den Kopf. »Mr. Newkirk sagt, die umgeknickten Bäume zeigen überall nach außen zum Rand der Zerstörung hin. Nach einem Erdbeben würden sie nicht so ordentlich liegen. Oder nach einem Sturm.«
    Deryn stellte eine Kraft vor, die von einem Zentrum aus in alle Richtungen wirkte, Bäume umwarf und sie so sauber entlaubte, dass sie wie Streichhölzer aussahen.
    Eine Explosion …
    »Aber wir können hier nicht herumstehen und Theorien entwickeln.« Mr. Rigby hob das Fernglas wieder an die Augen. »Der Kapitän hat Befehl zur Vorbereitung auf eine Rettungsaktion erteilt. Anscheinend sind da unten noch Menschen.«
    Eine Viertelstunde später begann Newkirk wieder mit den Flaggen zu winken.
    » K …N …O …C …H …E …N «, verkündete Bovril, der mit seinen scharfen Augen keinen Feldstecher brauchte, um die fernen Signalflaggen zu erkennen.
    »Gütiger Himmel«, schnaubte Mr. Rigby.
    »Aber er kann doch nicht Knochen meinen, Sir«, sagte Deryn. »Er ist zu weit oben, um so kleine Gegenstände sehen zu können!«
    Sie starrte nach vorn und versuchte sich zu überlegen, welche Buchstaben der arme zitternde Newkirk verwechselt haben mochte. Krachen? Rauchen? Oder wollte er, dass man ihm Kuchen nach oben schickte?
    Deryn wünschte, sie könnte selbst dort oben sein und müsste sich nicht hier unten wundern. Aber der Kapitän wollte sie in der Nähe wissen, damit sie mit einem Gleiter nach unten fliegen und die Landung in unwirtlichem Gelände vorbereiten konnte.
    »Haben Sie das Zittern gespürt, Junge?« Mr. Rigby zog einen Handschuh aus, kniete sich hin und legte die bloße Hand auf die Haut des Schiffes. »Das Flugtier ist unglücklich.«
    »Aye, Sir.« Wieder ging ein Schaudern durch die Zilien auf der Membran, wie eine Windbö durch ein Grasmeer. Deryn nahm einen Geruch in der Luft wahr, einen Gestank von verdorbenem Fleisch.
    »Knochen«, sagte Bovril und starrte nach vorn.
    Als Deryn das Fernglas an die Augen setzte, spürte sie, wie ihr unter der Fliegermontur kalter Schweiß den Rücken hinunterrann. Dort hinten am Horizont wölbte sich ein Dutzend riesiger Säulen durch die Luft …
    Es war der Brustkorb eines toten Flugtiers, der weiß in der Sonne leuchtete und halb so groß war wie die Rippen der Leviathan . Die Knochen sahen aus wie die Skelettfinger zweier riesiger Hände, die das Wrack der Gondel zwischen sich hielten.
    Kein Wunder, dass das riesige Tierchen unter ihren Füßen nervös wurde.
    »Mr. Rigby, Sir, vor uns liegt ein Luftschiffwrack.«
    Der Bootsmann blickte hinüber zum Horizont und stieß einen Pfiff aus.
    »Glauben Sie, es wurde von der Explosion erfasst, Sir?«, fragte sie. »Was auch immer die ausgelöst hat?«
    »Nein, Bursche. Die Knochen von Flugtieren sind hohl. Die Wucht einer Explosion, die all diese Bäume ummäht, hätte sie in Stücke zerschmettert. Das arme Tierchen muss später hierher gekommen sein.«
    »Aye, Sir. Soll ich nach einer Eidechse blasen und die Entdeckung der Brücke mitteilen?«
    Zur Antwort gingen die Motoren auf Viertelgeschwindigkeit. Nach zwei Tagen volle Fahrt voraus schien aus dem großen Wald rings um sie herum Stille zurückzuhallen.
    Mr. Rigby sagte leise: »Sie wissen schon Bescheid, Junge.«
    Während sich die Leviathan dem toten Flugtier näherte, entdeckte Deryn weitere Knochen zwischen den umgefallenen Bäumen. Auf dem Waldboden waren die Skelette von Mammutinen, Pferden und kleinen Tieren verstreut wie Kegel am Ende einer Bahn.
    Ein knurrender Chor dröhnte durch die eisige Luft herauf. Deryn erkannte die Laute sofort, sie hatte dieses Knurren bei der Frachtaufnahme kennengelernt, als beim Ballastabwurf zu viele verschiedene Gerüche im Wind verteilt worden

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