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GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit

GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit

Titel: GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Westerfeld
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immer passiert, Sie werden da verschwunden sein, wenn wir wieder volle Fahrt machen.«
    Der Bootsmann ging, und Deryn durchsuchte die Schubladen mit den Ersatzteilen. Sie brauchte nur eine Zange und ein Stück Draht.
    »Ich komme mit«, sagte Alek.
    Sie wollte schon Nein sagen. Der Bootsmann hatte es offengelassen, und sie konnte die Aufgabe allein erledigen. Aber falls Mr. Rigbys Nachricht zu spät einträfe und das Schiff wieder volle Kraft vorausflog, könnte jeder, der sich da draußen allein herumtrieb, ins Meer geweht werden.
    Außerdem, wer konnte schon wissen, was Alek anstellte, wenn sie ihn hier zurückließ?
    »Ich habe keine Angst«, fügte er hinzu.
    »Solltest du aber«, sagte Deryn. »Aber du hast recht, es ist besser, wenn wir zusammenbleiben. Reich mir das Seil.«

20. KAPITEL
    »Bereit?«, fragte Deryn.
    »Ich denke.« Alek betrachtete das Seil, das an die Sicherheitsgurte seiner Fliegermontur gebunden war. Er fragte sich, was Graf Volger sagen würde, wenn er sah, dass er sich an einem Mädchen von gemeiner Geburt festgebunden hatte. Vermutlich etwas Unhöfliches.
    Aber es wäre eindeutig nicht so schlimm, wie einen Freund dort draußen im Stich zu lassen.
    Deryn öffnete die Tür der Luke, und kalte Luft blies in Aleks nasse Fliegermontur und ließ ihn frösteln. Als er ihr hinaus in den Regen folgte, saugten sich die fünf Meter Seil sofort voll Wasser und wurden schwer.
    »Wenn die Motoren starten, wirf dich flach auf den Boden und halte dich an Webeleinen fest«, sagte Deryn.
    Alek widersprach nicht.
    Die wenigen Augenblicke, die er dem Regen bei voller Fahrt ausgesetzt gewesen war, hatten durchaus ihren Eindruck bei ihm hinterlassen.
    Er folgte Deryn in Richtung Bug, hielt sich in der Mitte des Rückgrats und balancierte mit ausgebreiteten Armen. Unten brodelte wild der Ozean, und der Wind riss Schaumkronen in die Luft wie Dampfwolken.
    »›Pazifik‹ heißt ›friedlich‹«, erklärte er. »Bisher macht das Meer seinem Namen aber keine Ehre.«
    »Aye, und glaub mir, da unten ist es in Wirklichkeit noch viel schlimmer, als es von hier oben aussieht. Wir bewegen uns mit dem Wind, daher spüren wir nur die eine oder andere Böe.«
    Alek nickte. Der Himmel war düster, es regnete, und in der Luft lag der Geruch tödlicher Blitze. Trotzdem herrschte eine gespenstische Windstille. Es war, als hätten sie das Auge eines Sturms erreicht, in dem es ruhig war, während um sie herum die Elemente tosten und nur darauf warteten, über sie herzufallen.
    »Aber warum schlägt der Draht dann hin und her?«
    Deryn beschrieb mit der Hand einen Bogen in der Luft. »Am Höcker gibt es eine chaotische Luftströmung, wenn das Schiff als Freiballon fliegt. Das ist schon seit den ersten Flugtierschöpfungen so, und die Eierköpfe haben es nie beseitigen können.«
    »Wie, willst du etwa sagen, im Darwinismus können Fehler passieren?«
    »Genau wie in der Natur. Hast du schon mal einen Rotfußtölpel bei der Landung gesehen?«
    Alek runzelte die Stirn. »Ich fürchte, über Rotfußtölpel weiß ich gar nichts.«
    »Na ja, mit eigenen Augen habe ich auch noch keinen gesehen. Aber alle sagen, bei der Landung sehen sie unglaublich lächerlich aus!«
    Sie näherten sich dem Höcker, und Alek spürte, wie sich die Luft um sie herum stärker bewegte. Der lose Teil der Antenne sah aus wie ein Silberfunke, der auf den Webeleinen hin und her tanzte.
    »Ab hier gilt: äußerste Vorsicht«, rief Deryn.
    Mit jedem Meter wurden die Luftströmungen schlimmer und wehten den Regen gegen Aleks Schutzbrille, sodass er nur noch verschwommen sehen konnte. Die Brille abzunehmen, wagte er jedoch auch nicht. Der lose Draht peitschte herum wie der Tentakel eines sterbenden Tieres, und dem wollte er seine Augen nicht ohne Schutz aussetzen.
    Deryn blieb stehen. »Hörst du das?«
    Alek lauschte. Durch das Prasseln des Regens hörte er ein fernes Dröhnen.
    »Die Motivatormotoren am Heck?«
    »Aye, bei langsamer Fahrt.« Sie schüttelte den Kopf. »Hoffentlich nur, damit sie steuern können. Los, weiter!«
    Sie lief auf den zuckenden Draht zu und zog Alek am Sicherheitsgurt mit sich. Der Wind wechselte hier alle paar Sekunden die Richtung, deshalb ging der Regen in Dutzenden kleiner Wirbelwinde nieder. Der Draht flog davon, als Deryn danach griff, doch Alek gelang es, einen Fuß darauf zu setzen und das wilde Herumschlagen zu beenden.
    Deryn griff in ihre Werkzeugtasche. »Ich befestige noch mal zehn Meter an der Antenne. Das sollte

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