Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit

GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit

Titel: GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Westerfeld
Vom Netzwerk:
genügen, damit sie nicht wieder reißt. Geh und such bitte das andere Ende.«
    »Ich kann nirgendwo hingehen, Deryn. Wir sind zusammengebunden, schon vergessen?«
    Sie betrachtete das Seil. »Ah, genau. Das sollte auch lieber so bleiben.«
    Alek widersprach nicht. Wenn Mr. Rigby die Offiziere nicht erreichte, könnten die Motoren jederzeit wieder in Betrieb genommen werden. Deryn arbeitete zügig mit ihrer Zange und war dabei genauso geschickt wie mit Tauen und Knoten. Alek fiel auf, wie rau die Hände waren. Natürlich waren die Hände von Seeleuten schwielig und voller Narben, aber jetzt wusste er, dass sie ein Mädchen war, und …
    Er schüttelte den Kopf, um den Gedanken zu vertreiben. In Momenten wie diesem war es besser, sie sich wieder als Jungen vorzustellen. Alles andere sorgte nur für überflüssige Verwirrung.
    »Erledigt«, sagte sie. »Suchen wir das andere lose Ende.«
    Als Alek aufstand, begann er in seiner nassen Fliegermontur zu frösteln.
    »Ist der Wind stärker geworden?«
    Deryn legte den Kopf schief und lauschte. »Ja, die Heckmotoren laufen ein bisschen schneller.«
    »Und wir verlieren an Höhe.« Unten waren die haushohen Wellen jedoch deutlich zu erkennen, und die Schaumkronen leuchteten auf dem dunklen Wasser.
    »Pusteln und Karbunkel, wir stecken vielleicht in Schwierigkeiten.« Deryn kniete wieder und steckte einen Finger in das Wasser, das sich auf der Oberfläche des Luftschiffs gesammelt hatte. »Fast schon ein halber Zoll!«
    »Natürlich. Es regnet .«
    Sie schloss die Augen. »Lass mich nur mal kurz rechnen. Jeder Zoll Wasser auf der Membran bedeutet ein zusätzliches Gewicht von … acht Tonnen.«
    Alek öffnete den Mund, aber es dauerte einen Augenblick, bis er sprach. »Acht Tonnen ?«
    »Aye. Wasser ist ein brüllend schweres Zeug.« Sie ging am Rückgrat entlang Richtung Schwanz und rollte den zusätzlichen Draht aus. »Komm. Suchen wir das andere Ende und sehen wir zu, dass wir fertig werden.«
    Alek folgte ihr stumm und ließ den Blick über die endlose Länge das Schiffes schweifen. Die Oberseite der Leviathan war natürlich riesig, und schon eine dünne Schicht Wasser summierte sich zu Tausenden Litern auf. Und obwohl der Regen an der Seite ablief, kam immer neuer hinzu.
    »Ballast werden sie inzwischen abgeworfen haben«, meinte Deryn. »Aber wir nehmen immer noch an Gewicht zu. Deshalb verlieren wir an Höhe.«
    Alek riss die Augen auf. »Willst du etwa sagen, dieses Schiff kann im Regen nicht fliegen, ohne abzustürzen ?«
    »Bist du eigentlich dümmer, als der Kaiser erlaubt? Wir können doch den aerodynamischen Auftrieb nutzen, aber genau deswegen mache ich mir Sorgen. Da ist es!«
    Sie kniete sich hin und hob das lose Ende des gerissenen Drahtes auf, das sich in den Webeleinen verheddert hatte. Rasch machte sie sich an die Arbeit und spliss es mit dem eingefügten Stück zusammen.
    Alek stand neben ihr und schirmte sie vom Regen ab. »Aerodynamischer Auftrieb? So wie in den Alpen, wo wir abheben und ein Stück fliegen mussten, ehe wir an Höhe gewannen?«
    »Richtig. Die Leviathan ist ein wenig so wie ein riesiger Flügel. Je schneller sie fliegt, desto größeren Auftrieb erzeugt sie selbst. Fertig!« Sie zog den Draht einmal straff und zerrte kräftig daran – die beiden Stücke hielten fest zusammen.
    »Wenn es regnet, muss sich euer Schiff also vorwärts bewegen, damit es in der Luft bleibt.« Alek sah hinunter zum Ozean. Die Wellen wurden immer stärker, die größten erreichten inzwischen fast die Unterseite des Schiffes. »Sind wir nicht ein wenig nah am Wasser?«
    »Aye«, antwortete Deryn. »Der Kapitän wartet, solange er kann. Aber ich fürchte, viel Zeit …«
    Sie unterbrach sich, als die Mechanistenmotoren zum Leben erwachten. Deryn fluchte, dann stand sie kurz da und lauschte.
    »Was schätzt du, Alek? Viertel Kraft?«
    Er kniete und legte die Hand auf die Membran. »Eher halbe Kraft, würde ich sagen.«
    »Pusteln und Karbunkel. Wir schaffen es nicht bis zum Steuerhaus, bevor der Wind zu stark ist, um zu gehen.« Sie blickte sich um. »Da können wir gleich hierbleiben, wo das Schiff breiter ist. Dann fallen wir nicht so leicht runter.«
    Alek blickte hinunter zum aufgewühlten schwarzen Meer. »Sehr vernünftig.«
    »Aber wir müssen aus der Flutrinne.«
    »Aus der was ?«
    »Wirst schon sehen.« Deryn lief in Richtung Heck los.
    Alek eilte ihr hinterher. Das Schiff wurde schneller und schneller, der Wind drückte ihm immer heftiger in den

Weitere Kostenlose Bücher